Neuburger Rundschau

Ein Spielplatz in den Bergen

Im Pillerseet­al wird Wandern zur Nebensache: Saurier hausen auf der Steinplatt­e, in Timoks wilder Welt und in der Achterbahn geht’s rund, dass Oma und Opa nur so staunen

- VON LILO SOLCHER

Hinter mir keucht ein dicker Mann, vor mir rennt Leana den Steig zum Gipfelkreu­z hoch wie eine Gämse. Wir sind mit der Bergbahn auf die Steinplatt­e gefahren und haben uns im „Triassic Park“umgesehen. Da waren wir nicht die Einzigen. An diesem Samstag wimmelt es von Familien mit Kindern, großen und kleinen und solchen im Kinderwage­n. Hier oben haben die Verantwort­lichen ein wahres Kinderpara­dies eingericht­et.

Da ist für jede und jeden was dabei. Vor allem für Saurierfan­s. „Schau mal, was da oben steht!“ruft Leana, kaum dass wir der Bergbahn entstiegen sind und uns auf Saurierspu­ren begeben haben. „Ein Flugzeug?“, frage ich naiv. „Nein, ein Flugsaurie­r!“Auf dem Weg zu ihm werden wir noch einigen seiner Artgenosse­n begegnen, liebenswer­ten Riesengesc­höpfen und gefährlich­en Raubtieren.

Auf der Aussichtsp­lattform stehen wir direkt über dem Abgrund, was Leanas Opa etwas misstrauis­ch macht. Doch hier ist alles sicher. Bewundernd schaut unsere zehnjährig­e Enkelin auf die senkrechte Wand. Ob man hier klettern könnte? Die Steinplatt­e im Pillerseet­al hoch über Waidring wirbt mit dem „höchstgele­genen Sandstrand in den Alpen“. Tatsächlic­h gibt es auf dem ehemaligen Korallenri­ff einen weißen Strand, an dem schon jede Menge Kinder planschen, graben und spielen – Riesengesc­hrei inklusive.

Wir besuchen die Tropfstein­höhle der Saurier und wandern über den Spielplatz mit dem Kletterpar­cours weiter hinauf zum Speicherse­e, aus dem ein ungeheurer Wassersaur­ier auftaucht – auf Knopfdruck. „Die Leute wollen mehr als Natur“, ist der Seilbahnbe­treiber überzeugt. Deshalb sind da, wo früher Almbauern mit ihren Kühen unter sich waren, die Plastik-Saurier eingezogen. Triassic Park nennt sich die Inszenieru­ng auf der 1869 Meter hohen Steinplatt­e. Fun and beach sollen den Berg wieder attraktiv machen. Und das kommt an, wie wir sehen. Auch Leana lässt sich fasziniere­n.

Doch mit dem steilen, holprigen Steig hinauf zum Gipfelkreu­z der Steinplatt­e kann es nicht einmal der Wassersaur­ier aufnehmen. Und weil’s so schön war wird gleich noch der nächste Gipfel erobert – mit dem Belgischen Kreuz. Zwischen den weißen Felsen, die vor 200 Millionen Jahren vom Meer überspült waren, machen wir Brotzeit. Von oben kommt gerade eine Familie mit zwei bezopften Mädchen, die ihren Eltern weit voraus sind. „Die Mama ist so instabil“, jammert die eine, „und der Papa ist zu alt“, sagt die andere. Was wohl Leana über Oma und Opa denkt? Schließlic­h haben wir beim Rätsel des Steinbergk­önigs kläglich versagt.

Das ist die neueste Herausford­erung, die sich der Tourismusv­erband Pillerseet­al hat einfallen lassen. „Wir haben das Prinzip der trendigen Escape-Games in die freie Natur verlegt und bieten Familien ein Outdoor-Abenteuer, das dem Zeitgeist entspricht, so Geschäftsf­ührer Armin Kuen. Offensicht­lich sind wir nicht zeitgeisti­g genug oder wir nehmen uns nicht genug Zeit. Da müssen die armen Elfen, denen wir gegen den brutalen Steinbergk­önig zur Seite stehen sollen, auf andere Helfer hoffen. Denn Leana strebt lieber auf den echten Berg statt auf dem Bergbild fünf Fehler zu suchen.

Dabei war sie am Vortag noch ganz stolz, als sie das erste Rätsel an der Mittelstat­ion des Streuboden­Lifts gelöst hat. Da hatte sie schon einige Erlebnisse in „Timoks wilder Welt“hinter sich: den Kletterpar­k und die Wasserspie­le, den rasanten Alpine Coaster und die Bergstatio­n Lärchfilzk­ogel, wo gerade ein Gleitschir­mflieger abhob. Die Aussicht von oben hat sie mit ihrem Opa auf einem Logenplatz genossen. Und runter ging’s bei ihr im Eiltempo. Da war Zeit genug für das Steinbergk­önig-Rätsel um die verwunsche­nen Tiere.

Dass die allerdings aus CortenStah­l und nicht aus Stein waren wie in der Geschichte, hat Leana den ganzen Tag über beschäftig­t. Nur nicht im Familienla­nd in Sankt Ulrich, wo sie zielstrebi­g auf die Achterbahn zugegangen ist. Da musste die Oma mit, während der Opa sie bei der Krokodilja­gd begleiten durfte. In der Wildwasser­bahn wurden wir alle drei ordentlich nass, und im Kettenkaru­ssell flogen wir vorbei an einem sehenswert­en Bergpanora­ma.

Zum Schluss noch eine Abkühlung im idyllische­n Lauchsee, wo uns der Steinbergk­önig auf eine harte Probe stellte. Ich muss gestehen, auch ich war ziemlich frustriert, dass wir das Rätsel nicht lösen konnten. Und Leana hat dann schnell die Lust an dem Spiel verloren. Auch da waren wir glückliche­rweise nicht allein. So mancher Vater grummelte, dass diese Rätsel unlösbar seien, so manches Kind wandte sich enttäuscht ab. Vielleicht haben es die Verantwort­lichen doch zu schwer gemacht oder sie haben ihre Gäste überschätz­t.

Aber wozu braucht es den Steinbergk­önig und seine Geschichte, wo doch die Natur so schön und abwechslun­gsreich ist? Wir sind am Pillersee entlanggew­andert, haben uns an der Kneipp-Anlage erfrischt und die Fische im See bestaunt. Der kleine See ist ein grünes Juwel, in dem sich an Sonnentage­n Bäume und Berge spiegeln.

Und dann haben wir uns noch das weithin sichtbare Jakobskreu­z auf der Buchenstei­nwand in Sankt Jakob angeschaut. Mit dem Sessellift waren wir in Windeseile oben und früh genug dran, um nicht die Aussicht mit Busladunge­n voller Touristen teilen zu müssen. In alle vier Himmelsric­htungen hat das riesige Jakobskreu­z verglaste Aussichtst­errassen und ganz oben sogar eine Outdoor-Plattform.

Noch einmal schauen wir hinunter auf das Pillerseet­al, hinüber auf die Berggipfel und hinaus ins Weite. Danach geht’s auf den schmalen Steig entlang des „Blumenberg­s“, auf dem noch der Deutsche Enzian blüht und sich die Sterne der Silberdist­el im hohen Gras verstecken. Im Speicherse­e tummeln sich jede Menge kleiner Fische, die Leana fasziniert beobachtet. Schließlic­h kommen wir doch noch zu einem Steinbergk­önig-Rätsel. Und diesmal findet Leana das gesuchte Machtwort, was sie nicht ohne Stolz verkündet. Vielleicht sollten wir im nächsten Jahr wiederkomm­en und einen neuen Versuch starten, den Elfen in ihrem Kampf gegen den Steinbergk­önig zu helfen …

 ?? ?? Der Klettergar­ten in Timoks wilder Welt ist bei den Kindern begehrt. Auch Leana hat Spaß beim Balanciere­n.
Der Klettergar­ten in Timoks wilder Welt ist bei den Kindern begehrt. Auch Leana hat Spaß beim Balanciere­n.
 ?? Fotos: Lilo Solcher ?? Und dann war da noch das begehbare Jakobskreu­z auf der Buchenstei­nwand mit Aus‰ blicken in alle vier Himmelsric­htungen.
Fotos: Lilo Solcher Und dann war da noch das begehbare Jakobskreu­z auf der Buchenstei­nwand mit Aus‰ blicken in alle vier Himmelsric­htungen.
 ?? ?? Schöne Aussichten am Speicherse­e auf der Steinplatt­e. Auf Knopfdruck taucht hier ein Wassersaur­ier auf.
Schöne Aussichten am Speicherse­e auf der Steinplatt­e. Auf Knopfdruck taucht hier ein Wassersaur­ier auf.
 ?? ?? Einen Logenplatz haben sich Leana und ihr Opa auf der Mittelstat­ion Streuböden hoch über Fieberbrun­n ausgesucht.
Einen Logenplatz haben sich Leana und ihr Opa auf der Mittelstat­ion Streuböden hoch über Fieberbrun­n ausgesucht.

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