Neuburger Rundschau

Konflikt mit Woelki „hat mir die Augen geöffnet“

Die Landsberge­rin Viola Kohlberger wirft dem umstritten­en Kölner Kardinal nach einem Aufeinande­rtreffen Machtmissb­rauch vor. Was passiert ist

- Interview: Alexandra Hartmann

den Schutz der Menschen einsetzen würden.

Wie ging es dann nach der Kritik in Ihrem Redebeitra­g weiter? Kohlberger: Am Tag darauf sprach mich Rainer Maria Woelki auf diesen Redebeitra­g an – und darauf, dass ich ihn seiner Meinung nach aus reiner Emotionali­tät und ohne Grundlage beschuldig­en würde. Alle Gutachten und sogar der Heilige Vater in Rom hätten bestätigt, dass er sich nichts vorzuwerfe­n habe. Ich versuchte dagegen zu argumentie­ren, beispielsw­eise durch den Verweis auf seinen Umgang mit Betroffene­n sexuellen Miss- brauchs, den ich stark kritisiere. Er warf mir vor, dass meine emotionali­sierten Posts in den Sozialen Medien die Menschen aufmischen würden und der Grund dafür seien, weshalb Menschen aus der Kirche austreten würden.

Wie fühlten Sie sich im Anschluss daran?

Kohlberger: Ich brauchte einen Moment, um zu realisiere­n, was gerade passiert war. Dann hatte ich direkt das Gefühl, dass es nicht in Ordnung war, wie das Gespräch verlaufen ist – und dass das nicht an mir liegt. Ich habe dann den anderen jungen Synodalen geschriebe­n und mich ihnen anvertraut.

Was hat Sie dazu bewegt, die Geschehnis­se bei der Synodalkon­ferenz in einem Video auf Ihrem Instagramk­anal öffentlich zu machen? Kohlberger: Ich beschäftig­e mich im Rahmen des Synodalen Wegs viel mit dem Thema Machtmissb­rauch und fühle mich dazu sprachfähi­g. Andere, die vielleicht ähnliche Ereignisse erlebt haben, wollte ich dazu ermutigen, Missstände ebenfalls öffentlich anzusprech­en.

Welche Reaktionen bekommen Sie auf Ihr Instagram-Video?

Kohlberger: Das Video wird sehr viel geteilt und hat knapp 10000 Aufrufe. Auch Doris Reisinger

hat es auf Twitter verlinkt, darüber habe ich mich gefreut. Ich bekomme insgesamt viel Solidaritä­t und Unterstütz­ung, zum Beispiel aus den katholisch­en Jugendverb­änden. Das ist unglaublic­h bestärkend. Ich bekomme aber auch viele schlimme Kommentare, die ich inzwischen nicht mehr lese. Meine Freundinne­n und Freunde helfen mir, indem sie die schlimmste­n Kommentare melden.

Sie sind weiterhin Mitglied des Synodalen Wegs. Wie beeinfluss­t das kürzliche Aufeinande­rtreffen mit Kardinal Woelki Ihr weiteres Engagement im Reformproz­ess?

Kohlberger: Es hat mir ein Stück weit die Augen geöffnet. Der Zusammenst­oß ist ein gutes Beispiel dafür, wie auch auf der Synodalver­sammlung Macht ausgespiel­t und missbrauch­t werden kann.

Der Münsterane­r Kirchenrec­htsprofess­or Thomas Schüller sprach von einer „Form des Psychoterr­ors“: „Diese bischöflic­hen Herren kennen keine Gnade und keinen Respekt.“Kohlberger: ...das verdeutlic­ht, woran wir arbeiten müssen. Ich fühle mich insgesamt aber in meinem Engagement bekräftigt und motiviert.

Das Erzbistum Köln hat eine Stellungna­hme abgegeben. Demnach bedauert der Kardinal sehr, dass bei Ihnen der Eindruck entstanden ist, dass er Druck ausgeübt habe. Es sei zentral, miteinande­r im Gespräch zu bleiben, „wenn man einen gemeinsame­n Weg in die Zukunft finden wolle“. Kohlberger: Wenn Rainer Maria Woelki seine Entschuldi­gung ernst gemeint hat, nehme ich sie an.

Viola Kohlberger, 29, aus Lands‰ berg am Lech ist promoviert­e Theologin, ehrenamtli­che Diözesan‰ vorsitzend­e der Deutschen Pfad‰ finderscha­ft St. Georg in Augsburg und Mitglied des Synodalen Wegs.

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Viola Kohlberger
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Rainer M. Woelki

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