Konflikt mit Woelki „hat mir die Augen geöffnet“
Die Landsbergerin Viola Kohlberger wirft dem umstrittenen Kölner Kardinal nach einem Aufeinandertreffen Machtmissbrauch vor. Was passiert ist
den Schutz der Menschen einsetzen würden.
Wie ging es dann nach der Kritik in Ihrem Redebeitrag weiter? Kohlberger: Am Tag darauf sprach mich Rainer Maria Woelki auf diesen Redebeitrag an – und darauf, dass ich ihn seiner Meinung nach aus reiner Emotionalität und ohne Grundlage beschuldigen würde. Alle Gutachten und sogar der Heilige Vater in Rom hätten bestätigt, dass er sich nichts vorzuwerfen habe. Ich versuchte dagegen zu argumentieren, beispielsweise durch den Verweis auf seinen Umgang mit Betroffenen sexuellen Miss- brauchs, den ich stark kritisiere. Er warf mir vor, dass meine emotionalisierten Posts in den Sozialen Medien die Menschen aufmischen würden und der Grund dafür seien, weshalb Menschen aus der Kirche austreten würden.
Wie fühlten Sie sich im Anschluss daran?
Kohlberger: Ich brauchte einen Moment, um zu realisieren, was gerade passiert war. Dann hatte ich direkt das Gefühl, dass es nicht in Ordnung war, wie das Gespräch verlaufen ist – und dass das nicht an mir liegt. Ich habe dann den anderen jungen Synodalen geschrieben und mich ihnen anvertraut.
Was hat Sie dazu bewegt, die Geschehnisse bei der Synodalkonferenz in einem Video auf Ihrem Instagramkanal öffentlich zu machen? Kohlberger: Ich beschäftige mich im Rahmen des Synodalen Wegs viel mit dem Thema Machtmissbrauch und fühle mich dazu sprachfähig. Andere, die vielleicht ähnliche Ereignisse erlebt haben, wollte ich dazu ermutigen, Missstände ebenfalls öffentlich anzusprechen.
Welche Reaktionen bekommen Sie auf Ihr Instagram-Video?
Kohlberger: Das Video wird sehr viel geteilt und hat knapp 10000 Aufrufe. Auch Doris Reisinger
hat es auf Twitter verlinkt, darüber habe ich mich gefreut. Ich bekomme insgesamt viel Solidarität und Unterstützung, zum Beispiel aus den katholischen Jugendverbänden. Das ist unglaublich bestärkend. Ich bekomme aber auch viele schlimme Kommentare, die ich inzwischen nicht mehr lese. Meine Freundinnen und Freunde helfen mir, indem sie die schlimmsten Kommentare melden.
Sie sind weiterhin Mitglied des Synodalen Wegs. Wie beeinflusst das kürzliche Aufeinandertreffen mit Kardinal Woelki Ihr weiteres Engagement im Reformprozess?
Kohlberger: Es hat mir ein Stück weit die Augen geöffnet. Der Zusammenstoß ist ein gutes Beispiel dafür, wie auch auf der Synodalversammlung Macht ausgespielt und missbraucht werden kann.
Der Münsteraner Kirchenrechtsprofessor Thomas Schüller sprach von einer „Form des Psychoterrors“: „Diese bischöflichen Herren kennen keine Gnade und keinen Respekt.“Kohlberger: ...das verdeutlicht, woran wir arbeiten müssen. Ich fühle mich insgesamt aber in meinem Engagement bekräftigt und motiviert.
Das Erzbistum Köln hat eine Stellungnahme abgegeben. Demnach bedauert der Kardinal sehr, dass bei Ihnen der Eindruck entstanden ist, dass er Druck ausgeübt habe. Es sei zentral, miteinander im Gespräch zu bleiben, „wenn man einen gemeinsamen Weg in die Zukunft finden wolle“. Kohlberger: Wenn Rainer Maria Woelki seine Entschuldigung ernst gemeint hat, nehme ich sie an.
Viola Kohlberger, 29, aus Lands berg am Lech ist promovierte Theologin, ehrenamtliche Diözesan vorsitzende der Deutschen Pfad finderschaft St. Georg in Augsburg und Mitglied des Synodalen Wegs.