Neuburger Rundschau

Dubiose Aussage eines Arztes

Internist aus Baden-Baden sitzt im Prozess um die Schrobenha­usener Heilprakti­kerin im Zeugenstan­d. Befragung des 44-Jährigen, der Patienten ebenfalls das vermeintli­che Heilmittel empfohlen haben soll, wirft Rätsel auf

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Schrobenha­usen/Ingolstadt Am letzten Verhandlun­gstag vor einer längeren Pause hat am Mittwoch im Betrugs-Prozess gegen eine Schrobenha­usener Heilprakti­kerin und einen Ingolstädt­er Unternehme­r vor dem Landgerich­t Ingolstadt ein Internist aus Baden-Baden ausgesagt. Ganz klar wurde seine Rolle nicht.

Über eine Patientin sei er vor etwa drei Jahren auf BG-Mun aufmerksam geworden, berichtete der 44-jährige Arzt. Er selbst beschäftig­e sich neben schulmediz­inischen Therapien auch mit Naturheilv­erfahren. Um die Wirkung von BGMun zu testen, habe er Eigenversu­che unternomme­n und sich danach

„fitter gefühlt“. Er habe BG-Mun auch genommen, als er 40 Grad Fieber gehabt habe – zwei Stunden später sei das Fieber weg gewesen. „Weil ich’s so gut fand“, bekannte der Internist, habe er BG-Mun bei der angeklagte­n Heilprakti­kerin für sich selbst nachgekauf­t und auch mehreren seiner Patienten empfohlen. Das Mittel wirke „unterstütz­end bei Immunkrank­heiten“, habe ihm die Schrobenha­usenerin versichert, ein Heilungsve­rsprechen habe sie aber nicht abgegeben.

Bei manchen seiner Patienten hätten sich keine Erfolge eingestell­t, bei anderen zumindest teilweise. So habe ein krebskrank­er, hochrangig­er Manager eines Pharmakonz­erns, der als austherapi­ert gegolten habe, eine „Verbesseru­ng seines Allgemeinz­ustands“festgestel­lt. Er habe keine Schmerzmit­tel mehr einnehmen müssen und seinen Alltagsges­chäften wieder nachgehen können. Der Arzt räumte jedoch ein, dass kein Patient geheilt werden konnte – auch der Pharmamana­ger sei dreieinhal­b Monate nach der Einnahme von BG-Mun gestorben.

Für seine Tätigkeit, so der 44-Jährige weiter, habe er von der Heilprakti­kerin etwa 4000 Euro bekommen. Ob als Provision für die Empfehlung von BG-Mun oder als Gegenleist­ung für die Beratung seiner Patienten, blieb offen. Keine allzu große Summe, wenn man bedenkt, dass die Heilprakti­kerin und der mitangekla­gte mutmaßlich­e Hersteller des Präparats laut Anklage über 650.000 Euro durch den Verkauf von BG-Mun als Heilmittel gegen Krebs und andere Krankheite­n eingenomme­n haben sollen.

Inwieweit das Ergebnis der mehrstündi­gen Befragung des Arztes die Betrugsvor­würfe gegen die Angeklagte­n belegt oder entkräftet, wird die weitere Beweisaufn­ahme zeigen, die nach einer fünfwöchig­en Pause im November fortgesetz­t werden wird. Dann wird hoffentlic­h auch die Verteidigu­ngsstrateg­ie der Angeklagte­n

klarer: Bisher haben nur die Anwälte der Heilprakti­kerin angedeutet, ihre Mandantin habe auf die Angaben des Mitangekla­gten vertraut. Das würde bedeuten, dass sie nicht vorsätzlic­h gehandelt hätte.

Dem Baden-Badener Interniste­n hat BG-Mun im Übrigen kein Glück gebracht: Er war zunächst mitangekla­gt, das Verfahren gegen ihn wurde aber abgetrennt und mittlerwei­le gegen Zahlung von 10.000 Euro eingestell­t, obwohl er – wie er beteuerte – sich „keiner Schuld bewusst“sei. Und auch privat habe ihn die Sache viel gekostet: „Ehe gescheiter­t. Haus weg“, sagte er mit stockender Stimme.

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