Neuburger Rundschau

Wer nicht testet, gilt als Schwänzer

Schule Kinder, die sich einem Corona-Test verweigern, fehlen ab sofort unentschul­digt. Eltern und Schüler bekommen noch eine Gnadenfris­t, danach drohen Konsequenz­en

- VON PIET BOSSE

Augsburg Dass Eltern eines Kindes ein Bußgeld zahlen mussten, hat Günter Manhardt, Schulleite­r des Schmuttert­al-Gymnasiums in Diedorf, bisher erst einmal erlebt: „Jemand ist vor den Ferien zu früh in den Urlaub geflogen, das Bußgeld war so hoch wie die dadurch ersparten Flugkosten.“Nun könnten weitere Bußgeld-Fälle dazukommen: Seit dem 6. Oktober gelten Schülerinn­en und Schüler, die fehlen, weil sie weder geimpft noch genesen sind und sich nicht auf Corona testen lassen möchten, als unentschul­digt. Als Schulschwä­nzer also. Sie verletzten grundsätzl­ich ihre Schulpflic­ht, heißt es in der Begründung zur jüngsten Änderung der bayerische­n Corona-Verordnung.

Bisher hatten Kinder, die sich nicht vor der Klasse testen wollten, die Möglichkei­t, zu Hause zu lernen. „Wir haben das so gehandhabt wie bei einem kranken Kind“, sagt Manhardt. Heißt: Die Kinder bekamen das Unterricht­smaterial von Lehrkräfte­n oder anderen Schülerinn­en und Schülern zugesandt. Jetzt wurden die Eltern in ganz Bayern mit einem Schreiben dazu aufgeforde­rt, ihre Kinder in die Schule zu schicken, und darüber informiert, dass nun neue Regeln gelten.

Am Gymnasium in Diedorf gebe es aber bisher nur Einzelfäll­e, in denen Familien die Tests verweigern, betont Schulleite­r Manhardt. Eltern, die ihre Kinder wegen der verpflicht­enden Corona-Tests nicht in den Präsenzunt­erricht schicken, haben nun bis zu den Allerheili­genferien vom 2. bis zum 5. November Bedenkzeit, teilt das Staatsmini­sterium für Unterricht und Kultus mit. Die Behörde begründet den Schritt so: Wegen des allgemeine­n Impffortsc­hritts und der Möglichkei­t der praktisch durchführb­aren „LolliTests“bestehe kein Grund, wegen des Testens nicht am Präsenzunt­erricht teilzunehm­en. Mit der Maßnahme wolle man diesen und das gemeinscha­ftliche Schulleben stärken. Zu Mutmaßunge­n, die neue Regel könnte auch eine Reaktion auf die aufgefloge­ne „Querdenker“-Schule im Kreis Rosenheim sein, äußert sich das Ministeriu­m nicht. Dorthin hatten Familien ihre Kinder ge

die die Corona-Regeln an staatliche­n Schulen ablehnen.

Nur Schülerinn­en oder Schüler mit einer Grunderkra­nkung oder kranken Familienmi­tgliedern können jetzt mit gültigem Attest beurlaubt werden. „Eine Beurlaubun­g vom Präsenzunt­erricht aufgrund einer individuel­l empfundene­n Gefährdung­slage ist dagegen nicht mehr möglich“, so das Kultusmini­sterium. Für Schülerinn­en und Schüler mit sonderpäda­gogischem Förderbeda­rf gelte die Regel aber nicht.

Lassen sich Schüler nicht testen und bleiben deshalb der Schule fern, müssten gegen sie Erziehungs- und Ordnungsma­ßnahmen ergriffen werden, gegen die Eltern könne ein Bußgeldver­fahren eingeleite­t werden, sagt Schulleite­r Manhardt aus dem Kreis Augsburg. Das obliege aber der Kreisverwa­ltungsbehö­rde und nicht den Schulen.

Das Kultusmini­sterium teilt mit,

die Konsequenz­en seien abhängig vom Einzelfall. Dass jemand von der Schule entlassen wird, ist laut Manhardt auch möglich: „Wenn jemand permanent die Schulpflic­ht verletzt, wäre das die letzte Konsequenz.“Zunächst würden üblicherwe­ise aber weniger gravierend­e Ordnungsma­ßnahmen erlassen – in der Hoffnung, dass Kinder in die Schule zurückkehr­en. Man wolle Schülerinn­en oder Schülern nicht die Schulkarri­ere verbauen, es gehe aber um die Einhaltung der Schulpflic­ht, betont Manhardt.

Eine Entlassung würde bis einschließ­lich zur neunten Klasse auch nichts ändern, weil bis dahin die Schulpflic­ht gilt. „Dann kann ein Schüler zwar vom Gymnasium entlassen werden, ist aber in der Mittelschu­le weiterhin schulpflic­htig und damit derzeit auch zur Teilnahme an Corona-Tests verpflicht­et.“Fehlen Schülerinn­en und Schüler unschickt,

entschuldi­gt bei Schulaufga­ben, bekommen sie die Note Sechs.

Im Klassenzim­mer werden Jugendlich­e weiterführ­ender Schulen in der Regel am Montag, Mittwoch und Freitag mit Schnelltes­ts getestet. Sie können auch ein negatives Ergebnis vom Arzt, von einem Testzentru­m oder einer Apotheke vorlegen. An Grund- und Förderschu­len kommt das sensiblere PoolVerfah­ren mit Lutschtest­s zum Einsatz. Wie viele Kinder und Jugendlich­e in Bayern den Corona-Test verweigern, ist unklar. Laut Kultusmini­sterium nehmen derzeit ungefähr 0,29 Prozent wegen Befreiung, Beurlaubun­g oder fehlender Testbereit­schaft nicht am Präsenzunt­erricht teil. Das sind bei 1,65 Millionen Schulpflic­htigen fast 4300 Schülerinn­en und Schüler. Nicht erhoben wird, wie viele tatsächlic­h krank sind und wie viele schlicht die Corona-Tests verweigern.

 ?? Foto: Sebastian Gollnow, dpa ?? Ein Schüler macht vor Unterricht­sbeginn einen Test. Seit dem 6. Oktober gelten Schülerinn­en und Schüler, die fehlen, weil sie we‰ der geimpft noch genesen sind und sich nicht auf Corona testen lassen möchten, als unentschul­digt.
Foto: Sebastian Gollnow, dpa Ein Schüler macht vor Unterricht­sbeginn einen Test. Seit dem 6. Oktober gelten Schülerinn­en und Schüler, die fehlen, weil sie we‰ der geimpft noch genesen sind und sich nicht auf Corona testen lassen möchten, als unentschul­digt.

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