Strom könnte schon bald billiger werden
Energie Regierung will EEG-Umlage senken. Schwieriger sieht es bei den Gaspreisen aus
Berlin Viele Haushalte erwartet in diesem Jahr ein teurer Winter. Strom ist im Vorjahresvergleich um gut neun Prozent im Preis gestiegen und damit so teuer wie nie zuvor. Heizgas legte gar um 28 Prozent zu. Die Inflation in Deutschland übersprang auch deshalb erstmals seit knapp 28 Jahren wieder die VierProzent-Marke. Doch ein kleiner Hoffnungsschimmer tut sich auf. Am Freitag wird die EEG-Umlage für das Jahr 2022 festgelegt. Experten rechnen dann mit einer spürbaren Absenkung des Strompreises. Weitere Entlastungen könnten aus der sogenannten „Toolbox“, also Werkzeugbox, folgen, die von der EU auf den Weg gebracht wurde.
Die Ökostrom-Umlage soll den Ausbau der erneuerbaren Energien finanzieren und gehört mit einem Anteil von 22 Prozent zu den größten Kostentreibern beim Strompreis. Sie wird von den Übertragungsnetzbetreibern ermittelt, beträgt derzeit 6,5 Cent und könnte den Erwartungen zufolge um bis zu 50 Prozent sinken. Die Entlastung für eine vierköpfige Familie mit einem Durchschnittsverbrauch von 4000 Kilowattstunden würde zwischen 75 und 130 Euro liegen.
Der stellvertretende UnionsFraktionsvorsitzende Andreas Jung äußert im Gespräch mit unserer Redaktion die Erwartung, dass infolge der geltenden Beschlüsse der Großen Koalition die Umlage um ein gutes Drittel sinken wird. „Ich denke, dass eine Absenkung auf mindestens vier Cent möglich sein kann“, sagt der CDU-Politiker. Mit dem Klimapaket sei vereinbart worden, Einnahmen aus der CO2-Bepreisung zur schrittweisen Senkung der EEG-Umlage zu verwenden. Allein dadurch sei eine Absenkung um 1,73 Cent je Kilowattstunde vorgesehen, erklärt er. Zudem sei ein erheblicher Teil der elf Milliarden Euro bisher nicht abgeflossen, die im Corona-Hilfspaket für die
Stabilisierung der Umlage vorgesehen waren. „Dieses Geld muss jetzt auch verwendet werden“, sagt Jung.
Hoffnung macht den Verbraucherinnen und Verbrauchern auch der Direktor der Denkfabrik Agora Energiewende, Patrick Graichen. „Die EEG-Umlage wird 2022 auf ein Rekordtief von drei bis vier Cent je Kilowattstunde sinken“, sagt er unserer Redaktion und ergänzt: „Das kompensiert knapp die gestiegenen Börsenstrompreise, sodass die Stromkosten für Haushalte 2022 weitgehend stabil bleiben dürften.“
Graichen richtet zugleich den Blick nach vorn. Die neue Regierung habe „die Möglichkeit, mit einer Abschaffung der EEG-Umlage ab 2023 für den langersehnten Befreiungsschlag bei den Stromkosten zu sorgen“, sagt er. Das entlaste die Stromkundschaft und befreie Unternehmen von Kosten und Bürokratie. Andreas Jung äußert sich ähnlich. „Die Entscheidung am Freitag könnte der Einstieg in den Ausstieg, also die Komplettabschaffung der EEG-Umlage sein“, sagt er. „Dieser Schritt könnte von der neuen Bundesregierung im nächsten Jahr Schritt für Schritt vollzogen werden.“Eine vierköpfige Familie würde dann nach Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft bis zu 413 Euro weniger auf der Stromrechnung stehen haben.
EU-Energiekommissarin Kadri Simson stellte am Mittwoch zudem eine sogenannte „Toolbox“, also einen Werkzeugkasten mit verschiedenen Maßnahmen gegen die Folgen des Preisanstiegs, vor. EU-Ländern sollen direkte Zahlungen, Steuererleichterungen und Subventionen für kleine Unternehmen ermöglicht werden. Die leiden gerade besonders unter den hohen Energiekosten. Mehrere EU-Mitgliedstaaten haben bereits kurzfristig eingegriffen, um Privathaushalte vor hohen Strom- und Heizungsrechnungen zu schützen. Die Bundesregierung plant hingegen keine zusätzlichen Maßnahmen.