Dank an die Soldaten
Zapfenstreich als Ehrung für Afghanistan-Einsatz
Mit einem zentralen Abschlussappell haben die Spitzen der Bundesrepublik den in Afghanistan eingesetzten Männern und Frauen der Bundeswehr für ihren Dienst gedankt. Dabei wurde der 59 Soldaten gedacht, die in den vergangenen 20 Jahren dort ihr Leben ließen. „Sie haben den höchsten Preis gezahlt, den ein Soldat im Auftrag seines Landes zahlen kann. Wir stehen tief in ihrer Schuld“, sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der wie auch Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) zu den Soldaten und Gästen sprach, darunter auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU).
Nach der Machtübernahme der militant-islamistischen Taliban im August wurden dabei eigene Entscheidungen kritisch hinterfragt. „Zwanzig Jahre nach dem 11. September und zwei Monate nach dem Fall von Kabul stellen viele Menschen, die in Afghanistan gedient und gelitten haben, Fragen. Fragen nach dem Sinn dieses Einsatzes. Es sind schwierige Fragen, bittere Fragen“, sagte Steinmeier. „Sie richten sich an das Parlament und an die Regierungen, die die Bundeswehr nach Afghanistan geschickt haben.“
Kein Einsatz habe die Bundeswehr so geprägt wie Afghanistan, sagte Kramp-Karrenbauer. „Keiner zuvor war so lange, so intensiv, so gefährlich.“Die Bundeswehr habe ihren vom Parlament erteilten Auftrag erfüllt. Für eine ehrliche Bilanz sei aber auch festzustellen: „Deutschlands Anspruch in Afghanistan war größer als das, was die Bundeswehr hätte leisten können.“Mit Blick auf den Sieg der militantislamistischen Taliban sagte die Ministerin, die afghanischen Sicherheitskräfte seien zwar gut ausgebildet worden. „Aber: Eine Armee muss wissen, wofür sie kämpft, sie braucht Rückhalt und Zusammenhalt. Beides, und das ist eine bittere Lektion, kann man von außen kaum ausbilden.“
Steinmeier warnte vor falschen Schlüssen aus der Machtübernahme der Taliban. „Für mich steht fest: Der Fall von Kabul war eine Zäsur. Wir stehen an einer Wegscheide, die uns dazu zwingt, über unsere Verantwortung in der Welt, unsere Möglichkeiten und deren Grenzen neu und selbstkritisch nachzudenken“, sagte Steinmeier. „Ich hoffe, dass wir in 20 Jahren nicht auf diese Wegscheide zurückblicken und sagen: Resignation und Rückzug war die Antwort auf Afghanistan. Es wäre die falsche Lehre!“Er sei überzeugt: „Deutsche Außen- und Sicherheitspolitik nach Afghanistan muss ehrlicher, klüger und stärker werden.“
Insgesamt waren über die Jahre 1500 deutsche Polizistinnen und Polizisten in Afghanistan im Einsatz. Sie hatten den Aufbau der afghanischen Polizei unterstützt, den Schutz deutscher Diplomaten gewährleistet und bei der praktischen Abwicklung von Abschiebungen von Deutschland nach Afghanistan geholfen. Die Bundesregierung hat angekündigt, den Afghanistan-Einsatz zu analysieren, „um Schlussfolgerungen für das weitere internationale Engagement“zu ziehen.