Aiwangers grobes Foul
Hubert Aiwanger muss nach seinem umstrittenen Tweet am Wahltag also kein Bußgeld zahlen. Diese Entscheidung des Bundeswahlleiters kommt sehr überraschend, denn der Fall schien klar. Der Freie-Wähler-Chef hatte auf Twitter angebliche Ergebnisse einer Nachwahlbefragung verbreitet und dies mit dem Appell versehen, jetzt noch schnell seine Partei zu wählen. Berauscht wohl von der Hoffnung auf einen Einzug in den Bundestag tat Aiwanger etwas, das laut Bundeswahlgesetz verboten ist. Dort steht klar: Ergebnisse von Wählerbefragungen vor Ablauf der Wahlzeit zu veröffentlichen, ist unzulässig. Die Aufregung war groß. CSU, FDP und SPD tobten. Ministerpräsident Söder zwang seinen Stellvertreter zu einer Entschuldigung. Ein Bußgeld von bis zu 50000 Euro stand im Raum.
Doch offenbar greift der Paragraf 32 des Bundeswahlgesetzes nicht. Denn die Zahlen, die Aiwanger verbreitet hat, sollen nun doch nicht aus einer Wählerbefragung stammen. So stellen es die Freien Wähler dar. Das hat auch die Prüfung des Bundeswahlleiters ergeben.
Nun stellen sich aber drängende Fragen. Aiwanger war im Moment seines Tweets ganz offensichtlich selbst davon ausgegangen, dass die Zahlen echt sind. Schließlich schrieb er: „Angeblich 15 Uhr: Forschungsgruppe Wahlen:“. Woher kommen diese Zahlen? Hat Aiwanger sie aus einer dubiosen Quelle und fahrlässig weiterverbreitet? Hat er sie falsch abgetippt? Oder hat er die Zahlen erfunden, um in letzter Minute noch Stimmen für seine Partei zu holen? Eine Erklärung liefern weder der Bundeswahlleiter noch die Freien Wähler. Das ist unbefriedigend. Denn es könnte ja bedeuten, dass es rechtlich in Ordnung ist, wenn ein Politiker am Wahltag Nachwahlbefragungen fälscht, um Unentschlossene dazu zu bewegen, für seine Partei zu stimmen.
Aiwangers Verhalten am Wahltag war und ist ein grobes Foul. Er hat aus fragwürdigen Motiven gehandelt. Darüber kann auch die Tatsache nicht hinwegtäuschen, dass er jetzt ohne Strafe davonkommt. Er hat nicht umsonst den Tweet nach wenigen Minuten gelöscht und sich im Landtag entschuldigt. Die Freien Wähler sollten sich vor allzu aggressiven Gegenreaktionen hüten. Sie sind nichts weiter als ein Manöver, um vom Fehlverhalten des eigenen Parteichefs abzulenken.