Die Schimpansen dürfen bleiben
Tiere Fast hätte der Augsburger Zoo die Menschenaffen abgeben müssen, weil die Anlage nicht mit dem Tierschutz vereinbar ist. Was sich nun tut und wie es in anderen Gehegen aussieht
Augsburg Der Augsburger Zoo hat ein Problem mit seinen Menschenaffen, das dringend gelöst werden muss. Die drei Schimpansen Coco, Akemo und Nicky leben in einem veralteten Gehege, das Vorschriften zum Tierschutz nicht mehr erfüllt. Bei der städtischen Veterinärbehörde setzte man eine letzte Frist für die Modernisierung der Anlage bis Ende dieses Jahres. Sonst hätte der Zoo die Schimpansen nicht mehr weiter halten dürfen. Nun beginnt – auf den letzten Drücker – ein umfassender Umbau des Freigeheges.
Schimpansen werden in Augsburg seit 1975 gehalten, ihr Gehege wurde zuletzt 1993 umgebaut. Die rechtliche Lage beim Tierschutz in Zoos ist etwas kompliziert. Die Veterinärämter richten sich bei ihren Auflagen nach einem Gutachten über die „Mindestanforderungen an die Haltung von Säugetieren“, das vom Bundeslandwirtschaftsministerium veröffentlicht wird. Nach den aktualisierten Vorschriften von 2014 müsste das Augsburger Schimpansengehege bis zu viermal größer sein als jetzt, wenn es eine sozial intakte Gruppe von Affen beherbergen soll. Das bestehende Tierhaus ist innen nicht nur zu klein, es fehlen Klettermöglichkeiten, Ruhe- und Aussichtsplätze. Problematisch war es für die Affen im Sommer auch draußen. Die Sonne heizte die Freianlage durch die Glasscheiben so stark auf, dass es für sie unerträglich wurde. Der Zoo bekam deshalb eine Frist bis Ende dieses Jahres gesetzt, um die Anlage umzubauen. Andernfalls müssten die Schimpansen abgegeben werden.
Am Mittwoch startete nun der
Umbau des Freigeheges, der bis zum Frühjahr fertig sein soll. Die Glaswände sollen teils durch Gitter ersetzt werden, damit die Luft zirkulieren kann. Außerdem bekommt das oben offene Gehege ein ausbruchsicheres Stahlnetz als Dach. Das hat den Vorteil, dass man den Affen mehr Spiel- und Klettermöglichkeiten bieten kann. Neu wird auch ein geheizter Wetterschutz sein, damit sie mehr Zeit im Freien verbringen können.
Eigentlich hätte der städtische Zoo die Modernisierung schon vor einem Jahr auf den Weg bringen wollen. Wegen der Corona-Pandemie gab es jedoch Einnahmeausfälle von rund 300 000 Euro. „Wir mussten 2020 und 2021 mit sämtlichen Investitionen auf null gehen“, sagt Direktorin Barbara Jantschke. Der Einkauf von Tierfutter und die Löhne für die Tierpflegerinnen und Tierpfleger seien wichtiger gewesen. Auch von der Stadt gab es keinen Zuschuss für das Projekt, ob
wohl die Investition dringend notwendig war. Umweltreferent Reiner Erben sagt, wegen der angespannten Haushaltslage der Stadt sei eine Mitfinanzierung nicht möglich gewesen. Zuletzt sprang der Freundeskreis des Zoos in die Bresche, obwohl die komplette Finanzierung von 900000 Euro auch für den Verein ein Kraftakt ist. „Wir haben gekämpft, damit wir die Schimpansen behalten können“, sagt Vorsitzender Herbert Mainka.
Die schlechten Haltungsbedingungen für Menschenaffen in Augsburg hatten für öffentliche Debatten gesorgt. Tierrechtler des „Great Ape Project“in Deutschland übten massive Kritik und boten an, die Tiere in eine Auffangstation für Primaten nach Südengland zu vermitteln. Denn auch nach dem aufwendigen Umbau wird das Gehege nicht alle Vorschriften zum Tierschutz erfüllen. Coco, Akemo und Nicky können zwar bleiben, es dürfen aber keine neuen Menschenaffen mehr geholt werden. Im Zoo und bei der Stadt spricht man dennoch von einer deutlichen Verbesserung im Sinne des Tierschutzes.
Der Zoo Augsburg hat aber nicht nur bei den Menschenaffen ein dringendes Problem zu lösen. Auflagen der Behörden mussten in den vergangen Jahren auch bei anderen Tierarten erfüllt werden. 2008 wurde die neue Anlage der Breitmaulnashörner für 1,2 Millionen Euro eröffnet. Dort können jetzt Rhinozerosse gezüchtet werden, was mit den Jungtieren Kibo und Keeva erfolgreich gelang. Einen Rückschlag gab es vergangene Woche, als das Nashornweibchen Kibibi Nachwuchs zur Welt brachte, ihr Junges aber nicht annahm. Es musste einen Tag nach der Geburt eingeschläfert werden.
Modernisiert wurde inzwischen das Gehege für die Giraffen. So konnte der Zoo wieder neue Tiere nach Augsburg holen. Komplett neu ist das Elefantenhaus, das im vergangenen Jahr fertig wurde. Es hat 7,3 Millionen Euro gekostet und wurde von Stadt und Zoofreunden mitfinanziert.
Der Augsburger Zoo hat eine lange Tradition. Als städtische Einrichtung existiert er seit 1953. Eine schwierige Phase gab es, bevor die heutige Direktorin Barbara Jantschke übernahm. 2002 drohte die Insolvenz. Manche Tiere waren so schlecht untergebracht, dass der Entzug der Betriebserlaubnis drohte. Jantschke schaffte es mit einem straffen Management, das Ruder herumzureißen. Jedes Jahr wurden Gehege neu- oder umgebaut – auch mithilfe der Zoofreunde, die 14 Anlagen für insgesamt 5,3 Millionen Euro finanzierten.