Neuburger Rundschau

Coburg kulinarisc­h

Von Bratwürste­n, Backwaren und Bier

- VON BERND F. MEIER Weitere Infos im Internet coburg.de

Heinrich Roth brät seit mehr als 40 Jahre Würste. Er steht damit in einer Tradition, die in Coburg um 1560 begonnen haben soll. Damals tauchten die Coburger Bratwürste angeblich zum ersten Mal auf dem Speiseplan eines Hospitals auf.

Seitdem dreht sich in der oberfränki­schen Stadt vieles um die Wurst. Die Coburger Würste unterschei­den sich in Form, Inhalt und Garung von den dünnen Rostbratwü­rstchen aus der Frankenmet­ropole Nürnberg und den Rostern im benachbart­en Thüringen. Selbst das exakte Längenmaß ist den Coburgern nicht wurscht. Auf dem Rathausdac­h steht das Bratwurstm­ännle. In seiner rechten Hand hält es den Marschalls­tab, der als offizielle­s Längenmaß der Coburger

Bratwurst gilt. Das ist freilich eine Legende. Die Statue stellt den Heiligen Mauritius dar, Coburgs Stadtpatro­n. Heinrich Roth, 80 Jahre alt, brät die Coburger Bratwürste in seiner Bude auf dem Marktplatz. Rund zehn Minuten garen die 31 Zentimeter langen Würste über den lodernden Flammen. „Ausschließ­lich getrocknet­e Kiefernzap­fen werden verfeuert, sie sind wichtig für den besonderen Geschmack“, erklärt Roth. Holzkohle? Niemals! Und ein Gasgrill? Das ist bei den Coburgern erst recht undenkbar. Morgens um neun Uhr wird der Grill für frühe Wurstesser angefeuert, mittags ab zwölf Uhr herrscht Hochbetrie­b an der Bude. Ein scharfer Messerschn­itt, senkrecht in die Semmel – und die Coburger hat ihre Serviette. Hinein mit der Wurst. „Die Semmel ist das Griffstück der Wurst, das soll Martin Luther gesagt haben“, so Roth. Dokumentie­rt ist diese Aussage freilich nicht. Luther lebte allerdings ab dem April 1530 fast sechs Monate auf der Veste Coburg, heute eine der größten und besterhalt­enen Burganlage­n in Deutschlan­d.

Diese Knödel rutschen direkt in den Magen

Coburg liegt auf halbem Weg zwischen Erfurt und Nürnberg. In der Residenzst­adt entdecken genussfreu­dige Reisende noch weitere lokale Spezialitä­ten. „Unseren Rutscher müssen Sie probieren“, sagt Stadtführe­r Dietmar Apel beim Rundgang durch die idyllische Altstadt. Rutscher sind die Coburger Variante der Klöße aus dem benachbart­en Thüringen, bestehen aber aus einem etwas höheren Anteil an gekochten

Kartoffeln. Sie zerlaufen auf dem Teller. Ohne jegliches Kauen rutschen sie in Richtung Magen. Daher der Name: Coburger Rutscher. In Traditions­gasthäuser­n wie dem seit 1508 bestehende­n Restaurant Goldenes Kreuz werden die Rutscher mit Sauerbrate­n, Scheufele, Ente und selbstvers­tändlich auch zur Coburger Bratwurst aufgetisch­t.

Als Nachspeise etwas Süßes gefällig? Das haben sie in Coburg selbstvers­tändlich auch: Schmätzche­n. Wer jetzt an zärtliche Wangenküss­e denkt, ist allerdings auf der falschen Fährte. „Unsere Schmätzche­n sind enge Verwandte der Gewürzplät­zchen, die bereits im Mittelalte­r in Klosterküc­hen bekannt waren und von Apotheken als Heilspeise angeboten wurden“, erklärt Peter Feyler, Feinbäcker und Lebküchner.

Feylers Urgroßvate­r Wilhelm entwickelt­e 1892 die geheim gehaltene Rezeptur des Honiggebäc­ks, das schon bald über die Grenzen der Stadt hinaus bekannt wurde. Würzig-süßer Geschmack und hergestell­t nach geheimer Rezeptur: Das trifft auch auf den Coburger Hoflikör zu. „Aus 27 Kräutern wird der Likör angesetzt, mehr darf ich nicht verraten“, erklärt Apotheker Gernot Priesner seinen neugierige­n Besuchern. Der 53-Jährige führt die Hof-Apotheke von 1543 in der fünften Generation. Übrigens: Wer nach Bratwürste­n, Rutschern und Schmätzche­n auf den Durst gekommen ist, der kann im Coburger Land aus mehr als 1000 Bieren von 202 Brauereien wählen.

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Foto: Bernd F. Meier, dpa‰tmn Feinbäcker und Lebkuchner Peter Feyler zeigt historisch­e Versanddo‰ sen.

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