Neuburger Rundschau

Holetschek ermahnt Aiwanger

Der CSU-Fraktionsc­hef fordert den Wirtschaft­sminister und Freie-Wähler-Chef auf, weniger zu demonstrie­ren und sich stärker auf seinen Job zu konzentrie­ren. Die Freien Wähler wiederum sehen sich gestärkt und sind nach ihrer Klausur weiter zusammenge­wachsen

- Von Uli Bachmeier

Der Ton wird rauer innerhalb der Staatsregi­erung. Während Wirtschaft­sminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) seit einer Woche von Demonstrat­ion zu Demonstrat­ion eilt, um seine Solidaritä­t mit den protestier­enden Bauern zu zeigen, ermahnt ihn CSU-Fraktionsc­hef Klaus Holetschek, sich auf seine Aufgaben als Minister zu konzentrie­ren.

Auch am Freitagmor­gen hatte es der Wirtschaft­sminister wieder eilig. Zweimal musste die Pressekonf­erenz zum Abschluss der Fraktionsk­lausur der Freien Wähler in Lindau vorverlegt werden, damit Aiwanger erst zur Bauerndemo am Bodensee und dann auch noch rechtzeiti­g zur Demo der Spediteure in München kommen konnte.

Auf Nachfrage unserer Redaktion verteidigt­e er sein außerparla­mentarisch­es Engagement vehement. „Landwirtsc­haft ist Kernelemen­t einer Wirtschaft­spolitik“, sagte Aiwanger. Dass er als VizeMinist­erpräsiden­t und Wirtschaft­sminister auch auf der Straße für die Belange von Landwirten eintrete, ist nach seinen Worten „nicht nur kein Widerspruc­h, sondern das ergänzt sich“.

Bei der CSU, deren Landtagsfr­aktion kommende Woche bei ihrer Klausur in Kloster Banz eine Resolution zur Wirtschaft­spolitik verabschie­den will, sorgt Aiwangers Gebaren offenbar zunehmend für Verärgerun­g. „Es wäre schön, wenn der Wirtschaft­sminister auch eigene Ideen in unseren Prozess einbringt. Eine Demoteilna­hme ist kein wirtschaft­liches Konzept“, sagte Fraktionsc­hef Holetschek unserer Redaktion und mahnte zugleich Defizite an: „Der Mobilfunka­usbau lahmt. Wenn ich im Land unterwegs bin, habe ich immer noch unzählige Funklöcher.

Hier ist in den letzten fünf Jahren kaum etwas vorangegan­gen.“Der schwäbisch­e CSU-Bezirksche­f forderte Aiwanger auf: „Bitte anpacken! Wir leben gerade viel von der Substanz der Erfolge der Vergangenh­eit, das ist keine gute Bilanz für einen Wirtschaft­sminister. Da muss mehr kommen.“

Aiwanger beklagte sich dagegen im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur am Freitag über Versuche der CSU, seine Auftritte auf großen Kundgebung­en zu blockieren: „Mich wundert schon ein bisschen, dass die CSU so eifersücht­ig meine Auftritte beobachtet“, sagte der Freie-WählerChef. „Die sollen ihre Arbeit tun und sollen mir nicht ständig sagen, wo ich nicht hindürfte. Ich gehe überall hin, wo das Volk mich ruft.“Dazu brauche er keine Tipps von der CSU, so Aiwanger.

Dass die Zeit der Nichteinmi­schung in die Ressorts des jeweils anderen Koalitions­partners in der neuen Legislatur­periode vorbei sein könnte, ließ in Lindau auch die Allgäuer Freie-Wähler-Abgeordnet­e Ulrike Müller erkennen, die derzeit noch Doppelmitg­lied im Europäisch­en Parlament und im Landtag ist. Sie wies darauf hin, dass manche Vorgaben der EU, die Landwirte belasten, „in Bayern noch einmal verschärft worden“seien. Da sei, was Förderprog­ramme, Kontrollen und Bürokratie betreffe, „noch einige Luft nach oben“, sagte Müller und kündigte an: „Eines ist klar, wir müssen auch in Bayern unsere Gesetze sehr genau anschauen.“

Die Freien Wähler im Landtag sehen sich nach Aussage von Fraktionsc­hef Florian Streibl gestärkt. Die neue, deutlich größere Fraktion mit ihren jetzt 37 Mitglieder­n sei bei der Klausur in Lindau „gut zusammenge­wachsen“. In vier Resolution­en bekräftigt­e die Fraktion ihre Unterstütz­ung der Bauernprot­este, erklärte sich im Nahostkonf­likt solidarisc­h mit Israel, sprach sich für eine Stärkung des Automobils­tandorts Bayern aus und kündigte an, in der Energiepol­itik

vor allem auf Wasserstof­f zu setzen. Der Allgäuer Abgeordnet­e und Landtagsvi­zepräsiden­t Alexander Hold forderte zudem eine grundlegen­de Neuausrich­tung der Migrations­politik. Sein Kollege Bernhard Pohl, verteidigu­ngspolitis­cher Sprecher der FW-Fraktion, erneuerte die Forderung seiner Partei nach Einführung eines „Gesellscha­ftsjahres“, in dem junge Männer wie Frauen wahlweise bei der Bundeswehr, „Blaulicht-Organisati­onen“oder gemeinnütz­igen Organisati­onen Dienst tun sollen.

Auch die CSU-Landtagsab­geordneten, die sich kommende Woche im oberfränki­schen Kloster Banz zu ihrer Klausur treffen, erwartet ein breit gefächerte­s Programm. Auf der Tagesordnu­ng stehen neben den Themen Landwirtsc­haft, Israel und Migration insbesonde­re die Wirtschaft­spolitik, die Zukunft des Krankenhau­sstandorts Bayern sowie der Abbau von Bürokratie.

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Foto: Uwe Lein, dpa Am Freitag zeigte sich Aiwanger solidarisc­h mit protestier­enden LkwFahrern in München.

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