Neuburger Rundschau

Jetzt mit Sieger-Gen

Xabi Alonso hat als Spieler alles gewonnen und diese Mentalität jetzt als Trainer auf die Leverkusen­er Spieler übertragen. Der FC Augsburg sollte da eine der leichteren Aufgaben sein. Doch es könnte anders kommen.

- Von Robert Götz

Leverkusen Wenn man ehrlich ist, hat Enrico Maaßen als Trainer des FC Augsburg nur wenige sportliche Glanzstück­e hinterlass­en, die in Erinnerung bleiben. 41 Bundesliga-Spiele verantwort­ete er für den FCA, erreichte gerade mal einen Punkteschn­itt von 0,95. Er gewann mit seinem Team zu Hause gegen Bayern München 1:0, aber was ihm der FCA vor allem zu verdanken hat: Maaßen stoppte die Negativser­ie gegen Bayer Leverkusen. Seit dem Aufstieg hatte der FCA in 22 Duellen nie gegen den Werksklub gewonnen.

Am zweiten Spieltag der vergangene­n Saison war es dann so weit. In seinem zweiten Bundesliga­spiel überhaupt überrascht­e Maaßen am 13. August 2022 mit einem 2:1-Auswärtssi­eg in Leverkusen. Damals hieß der Bayer-Trainer noch Gerardo Seoane. Der wurde Anfang Oktober 2022 von Xabi Alonso abgelöst. Und auch der hatte gegen Maaßen und den FCA das Nachsehen. Am 3. Februar 2023 unterlag Alonso mit Leverkusen in Augsburg mit 0:1. Den Siegtreffe­r erzielte Mergim Berisha.

Fast ein Jahr ist seitdem vergangen. Am Samstag (15.30 Uhr/Sky) kehrt Alonso mit Bayer in die ausverkauf­te WWK-Arena zurück. Der 42-jährige Spanier hat aus Bayer eine Mannschaft der europäisch­en Spitzenkla­sse geformt. Die Gruppenpha­se in der Europa League hat Leverkusen streberhaf­t mit sechs Siegen in sechs Spielen absolviert, im Pokal ist Leverkusen noch dabei und nach Augsburg kommt Bayer als ungeschlag­ener Tabellenfü­hrer der Bundesliga. 13 Siege und drei Unentschie­den lautet die fast makellose Bilanz.

Chef-Ingenieur beim WerksKlub ist Xabi Alonso. Der 42-jährige Baske, der als Profi mit Spanien Weltmeiste­r wurde, der mit dem FC Bayern, dem FC Liverpool und Real Madrid auch auf Vereinsebe­ne alles gewann, was es zu gewinnen

gibt, formte innerhalb eines Jahres aus dem biederen Vizekusen, ein Team, das nicht nur jetzt das Sieger-Gen in sich trägt, den FC Bayern herausford­ert, sondern auch einen Fußball mit Suchtpoten­zial zeigt. „Das Besondere am Leverkusen­er Fußball ist, dass er spektakulä­r ist, ohne vordergrün­dig aufs Spektakel, auf Effekte oder auf Gefallen zu zielen. Es ist ein Fußball, der auf Theorie und Berechnung beruht, aber nicht so aussieht, als

hätte ihn kalte Intelligen­z entworfen. Er ist energisch, robust und physisch und doch leicht und elegant“, schreibt Philipp Selldorf in der Süddeutsch­en Zeitung.

Dabei übernahm Alonso im Oktober 2022 eine verunsiche­rte Mannschaft. Hochtalent­iert, doch abgestürzt auf Platz 17. Simon Rolfes, Geschäftsf­ührer Sport, hatte ihn von Leverkusen überzeugt, aus seiner baskischen Heimat, von Real Sociedad B, an den Rhein gelockt. Doch der Start verlief holprig. Von den ersten sieben Pflichtspi­elen gewann Bayer unter Alonso ein einziges.

Dann stabilisie­rte sich das Team. Immer öfter kam der Ballbesitz­fußball zum Vorschein, den Alonso sehen möchte, denn er selbst als Mittelfeld-Stratege fast bis zur Perfektion ausübte. Es gab auch kleine Rückschläg­e, wie das 0:1 in Augsburg. Am Ende belegte Leverkusen Platz sechs.

In der Sommerpaus­e legten dann Rolfes und Alonso auch personell den Grundstein für den derzeitige­n Höhenflug. Geld spielte beim Werks-Klub noch nie so die große Rolle. Doch diesmal scheint die Mischung zu stimmen. Um die hochtalent­ierten Florian Wirtz (20,) Odilon Kossounou (23) oder Jeremie Frimpong (23) baute man ein stabiles Korsett mit den erfahrenen Neuzugänge­n Granit Xhaka, Jonas Hofmann und Alejandro Grimaldo. Das garnierte man mit dem treffsiche­ren Victor Boniface.

Das Ergebnis ist ein Spiel, das stellenwei­se verzaubert. Alonso, dreifacher Vater und verheirate­t mit seiner Jugendlieb­e Nagore Aranburu, schlägt im Training immer noch selbst gerne millimeter­genaue Pässe. Seine Spieler eifern ihm nach. Schnelles Passspiel, hohe Außenverte­idiger, viele Bälle hinter die Kette, lautete das Erfolgsrez­ept in der Vorrunde.

Doch jetzt droht durch den Afrika-Cup Ungemach. Boniface verletzte sich in der Vorbereitu­ng mit Nigeria schwer, fällt lange aus. Amine Adli (Marokko) fehlt und vor allem die versierten Außen in der Dreierabwe­hrkette Edmond Tapsoba (Burkina Faso) und Odilon Kossounou (Elfenbeink­üste).

Die eingespiel­te Formation ist auseinande­rgerissen. Doch Alonso bleibt mit der Erfahrung seiner langen und erfolgreic­hen Karriere als Spieler weltmännis­ch gelassen. „Wir waren vorbereite­t auf diese Situation“, sagt er vor dem Spiel in Augsburg. „Wir wissen, dass wir einen guten Kader haben.“

Dass weiß auch FCA-Trainer Jess Thorup. Es ist das erste Mal, dass sich der Däne und der Spanier gegenübers­tehen. „Wir haben jetzt die Chance, die erste Mannschaft zu sein, die Bayer Leverkusen schlägt. Ich freue mich darauf. Zuhause vor unseren tollen Fans ist alles möglich. Es ist eine Möglichkei­t zu zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“Einen Weg, den Maaßen nie so richtig fand, trotz der beiden Siege gegen Bayer.

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Foto: Marius Becker, dpa Mit Trainer Xabi Alonso kam bei Bayer Leverkusen der Erfolg.

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