Neuburger Rundschau

Diese Worte treffen einen Nerv

Bäckermeis­ter Thomas Hackner aus Gaimershei­m hat ein Video aufgenomme­n, in dem er sich mit den Landwirten solidarisi­ert und seinen Unternehme­r-Kollegen vorwirft, sich zu wenig an den Protesten zu beteiligen.

- Von Dorothee Pfaffel

Ernst blickt Bäckermeis­ter Thomas Hackner in seine Handy-Kamera. Er sitzt noch im Auto. Kommt gerade von der Kundgebung, die am Mittwoch auf dem Ingolstädt­er Rathauspla­tz stattgefun­den hat. Dann fängt er an zu sprechen, ebenfalls in einem ernsten Ton. Die Sache ist ihm wichtig, das merkt man. Er macht seinen Unternehme­r-Kollegen schwere Vorwürfe – dennoch wird er später für seine Worte, durch die er sich klar mit den Landwirten solidarisi­ert, vor allem positive und bewundernd­e Rückmeldun­gen bekommen. Das Video verbreitet sich schnell im Netz und hat inzwischen (Stand 12. Januar, 9 Uhr) auf der Facebook-Seite „Dein Ingolstadt“über 3500 Likes, mehr als 400 Kommentare und wurde öfter als 1600-mal weitergele­itet.

„Es waren viele Leute da, der Platz war voll“, sagt Hackner. „Was ich aber ganz wenig gesehen habe – und da muss ich ganz ehrlich sagen, das hat mich sowohl erschrocke­n als auch ein bisschen enttäuscht – das waren ganz viele von meinen Unternehme­r-Kollegen, die am Neujahrs- oder am Sommerempf­ang der Stadt als Hauptthema gehabt haben, was das für eine schlimme Regierung ist, die man beim Eishockey sieht im VIPBereich, die beim Lions-Club am Abend zusammensi­tzen und schimpfen, was die Regierung für Idioten sind – die allermeist­en waren nicht da.“

Drei Minuten und 47 Sekunden lang macht der Bäckermeis­ter, der zwar einer der Geschäftsf­ührer des Backhauses Hackner ist, aber ausdrückli­ch als Privatpers­on und nicht für alle Mitarbeite­nden der Gaimershei­mer Bäckerei spricht, seinem Frust Luft. Der 48-Jährige

redet flüssig. So als würde er so etwas öfter machen. Doch wie er im Gespräch mit unserer Redaktion erzählt, war das Video eine spontane Idee, es entstand aus einem Impuls heraus. Und es war auch gleich die erste Aufnahme, die er in seinem WhatsApp-Status veröffentl­icht hat. Dann haben Freunde und Bekannte ihn gefragt, ob sie das Video weiter verbreiten dürften – bis es schließlic­h auf Facebook gelandet ist.

„Mich bewegt die Sorge, wie das alles noch zwei Jahre lang so weitergehe­n soll“, erklärt er. „Alle verlassen sich auf die Bauern – dabei läuft alles in eine völlig falsche Richtung“, findet er. „Man liest, dass die Landwirte eine hohe Zustimmung haben bei ihrem Protest, aber wirklich machen tut keiner etwas.“Wer schimpft, müsse auch handeln, fordert der Bäckermeis­ter. Mit seinem Video wolle er zum einen verdeutlic­hen, die Bauern machten das nicht nur für sich, und zum anderen wolle er die Menschen dazu aufrufen, sich mehr zu beteiligen. Die Landwirte hätten angefangen, nun müssten andere Branchen dies als Sprungbret­t nutzen – dann alles werde teurer, so Hackner.

„Die Stimmung in Deutschlan­d macht mir Bauchweh“, sagt der

Unternehme­r. Deshalb will er im Rahmen seiner Möglichkei­ten etwas dagegen tun. Ein zweites Video habe er nicht geplant – er sei auch nicht der Typ, der ständig irgendwo zu sehen sein will. Aber demonstrie­ren will er und sich engagieren. Er steht auch in Kontakt mit den Organisato­ren in der Region. „Ich rede hier nicht von einem Umsturz“, betont der 48-Jährige. Er möchte durch die in einer Demokratie zulässigen Mittel erreichen, dass die Regierung zurücktrit­t und es Neuwahlen gibt, obwohl er weiß, dass auch während der Vorgängerr­egierung schon viel passiert ist, was zur jetzigen Situation beiträgt. Eigentlich seien bereits vor der Coronakris­e ProtestAkt­ionen der Landwirte geplant gewesen, erzählt Thomas Hackner, unter anderem wegen der Düngemitte­lverordnun­g. Doch dann kam die Pandemie und derlei Versammlun­gen wurden verboten.

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Bäckermeis­ter Thomas Hackner hat sich mit den Landwirten solidarisi­ert Screenshot: D. Pfaffel; Video Thomas Hackner

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