Mit einer Doula zur Geburt
Julia Stromberger und Regina Strehle begleiten als Doulas in Neuburg Frauen vor, während und nach der Geburt. Was sie von einer Hebamme unterscheidet.
„Frühmorgens platzte ihre Fruchtblase, und viele Gedanken wirbelten durch ihren Kopf. Schließlich ist sie gerade erst in der 38. Schwangerschaftswoche angekommen und hatte noch nicht so früh mit der Geburt gerechnet. Ein Wirbelsturm der Gefühle begann ...“Diese Passage stammt aus einem Geburtsbericht von Julia Stromberger – und dieser Bericht ist Teil ihrer Arbeit. Die 35-Jährige ist ausgebildete Doula, ebenso wie ihre Kollegin Regina Strehle. Doch was genau bedeutet das eigentlich?
Während der Schwangerschaft mit ihrem ersten Kind hatte Regina Strehle sich Gedanken gemacht. Wie stellt sie sich ihre Geburt vor? Wie soll sie ablaufen? Und wie möchte sie begleitet werden? Der routinemäßige Besuch beim Frauenarzt alle vier Wochen sei ihr nicht genug gewesen, „es hat sich so suspekt angefühlt“, sagt die 32-Jährige. Bei ihrer Hebamme stieß sie auf einen Flyer zum Thema Doula – und sie war so begeistert davon, dass sie selbst die Ausbildung noch während ihrer Schwangerschaft begann. „Ich habe dabei auch ganz viel für mich gelernt“, betont Strehle, die hauptberuflich als systemische Therapeutin arbeitet.
So ging es auch Julia Stromberger. Während der Geburt ihres ersten Kindes habe sie den berühmten Aha-Moment gehabt. „Mir wurde bewusst, dass ich etwas in diese Richtung machen will.“Ein zweites Studium, das der Hebammenwissenschaft, sei für die Volkswirtin allerdings nicht infrage gekommen. Also recherchierte sie und stieß auf die Doula. „Ich wollte auch keine medizinische Verantwortung für eine Geburt tragen, sondern mich rein auf die Frau konzentrieren, das war mir wichtig.“Und genau hier liegt ein wesentlicher Unterschied zur Tätigkeit einer Hebamme. Das Wort Doula stammt aus dem Altgriechischen und bedeutet übersetzt so viel wie Dienerin der Frau. Hinter dem Begriff steckt eine jahrhundertealte Tradition, die in Deutschland allerdings erst ab den 2010erJahren allmählich Bekanntheit erlangte. „So ist eine Doula eine Frau, die selbst schon ein oder mehrere Kinder geboren hat und der werdenden Mutter während Schwangerschaft und Geburt, aber auch danach im Wochenbett mental zu Seite steht“, erklärt Stromberger.
In vielen Kulturen war – und sei es noch heute – gängig, dass eine Frau bei der Geburt immer von geburtserfahrenen Frauen begleitet wird. „Während eine Hebamme hauptsächlich den medizinischen Kontext im Blick hat, kümmern wir uns rein um die mentale Verfassung“, sagt Strehle und ergänzt: „Wir sind sozusagen die Frau im Rücken, die Hebamme diejenige vorne.“Eine Doula hat keine medizinische Ausbildung, kann eine Geburt also nicht ohne Hebamme begleiten. „Doch wir arbeiten nicht in Konkurrenz zueinander, sondern wir unterstützen uns gegenseitig“, sagt Stromberger. Schon seit Jahren herrscht ein Hebammenmangel in Deutschland – und die Lage spitzt sich immer weiter zu. Das beobachten auch Stromberger und Strehle. „Vor allem bei Erstgebärenden dauert die Geburt, und dann kann es sein, dass die Frau, je nach Schichtplan, immer wieder von einer anderen Hebamme betreut wird“, sagt Stromberger. Die werdende Mutter werde oftmals dadurch verunsichert, weil sie sich immer wieder auf jemand Neues einstellen müsse. „Und hier können wir wertvolle Unterstützung leisten, weil wir kontinuierlich während der gesamten Geburt, egal ob in der Klinik, im Geburtshaus oder zu Hause, an der Seite der Frau sind, und damit auch die Hebammen ein Stück weit entlasten können“, ergänzt Strehle.
Eine Doula steht einer werdenden Mutter bereits während der Schwangerschaft zur Seite. „Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, aufzuklären, die Frauen zu bestärken, ihnen Ängste zu nehmen“, sind die beiden Neuburgerinnen sich einig. Für jede werdende Mutter könne, individuell nach ihren Bedürfnissen, ein Paket geschnürt werden. Das geht über Gespräche, wohltuende Massagen, die mentale Vorbereitung auf die Geburt bis hin zu Entspannungstechniken und Ritualen. Der Kerntätigkeit der Doula fokussiert sich aber auf die Geburt.
„Es geht darum, kontinuierlich da zu sein, Fragen zu beantworten, Sicherheit zu geben, in den Austausch mit der Hebamme zu gehen und die Wünsche der Frau zu berücksichtigen“, erklärt Strehle. Und auch der werdende Papa wird von der Doula betreut. „Für alle Männer ist das auch ein völlig neues und unbekanntes Erlebnis“, sagt Stromberger.
Die werdenden Väter seien voller Emotionen, oftmals überfordert. Hier versuche eine Doula, ihnen die Situation zu erklären, sie mitzunehmen, vor allem dann, wenn die Hebamme es zeitlich einfach nicht schafft. Die Anfertigung eines Geburtsberichts ist ebenfalls eine der Aufgaben einer Doula. „Man erlebt selber noch mal nach, und viele Frauen haben so einige Aha-Momente, weil sie sich an vieles
nicht mehr erinnern können“, sagt Stromberger.
In der Region um Neuburg, Ingolstadt und Eichstätt gibt es den beiden zufolge etwa nur zehn Doulas. Wer eine Begleitung möchte, wird allerdings selbst zur Kasse gebeten, denn anders als bei den Hebammen, handelt es sich um eine private Leistung. Die Höhe der Kosten hängt von der entsprechenden, individuellen Betreuung ab. Stromberger und Strehle raten: „Bitte nur eine Doula wählen, die zertifiziert ist.“Nähere Informationen dazu gibt es auch unter www.doulas-in-deutschland.de im Internet.
Schwangerschaftstreff
Ein Raum für den gemeinsamen Austausch unter Schwangeren, für ungezwungene Gespräche – den wollen Julia Stromberger und Regina Strehle als einen offenen Schwangerentreff etablieren. Start dafür ist am Donnerstag, 18. Januar, um 16 Uhr im Mary’s Café Lounge in Neuburg. Der Treff soll jeden zweiten Donnerstag, mit Ausnahme von Feiertagen und Ferien, dort von 16 bis 18 Uhr stattfinden. Die Teilnahme ist kostenlos. Nähere Informationen gibt es bei den beiden Doulas unter den Telefonnummern 0163/4253950 und 0179/1704774.