Neuburger Rundschau

Weigerts neue politische Route

Nach Jahren auf der globalen Bühne widmet sich Roland Weigert nun den lokalen Herausford­erungen. Wie seine Arbeit als Stimmkreis­abgeordnet­er aussieht und welches Ziel er nicht aus den Augen verloren hat.

- Von Claudia Stegmann

Oberhausen, Rennertsho­fen, Weichering. Das sind die Orte, die Roland Weigert in seinem Terminkale­nder stehen hat. Nicht Dubai, nicht Addis Abeba oder Santiago de Chile. Die Zeiten, in denen er als Repräsenta­nt der bayerische­n Wirtschaft durch die Welt gereist ist, sind vorbei. Stattdesse­n besucht er jetzt die Bürgermeis­ter im Landkreis. „Jetzt habe ich Zeit, mich um die Probleme der kleinen Leute zu kümmern“, sagt er. Seit 100 Tagen ist er zwar „nur noch“einfaches Mitglied des Landtags, dafür aber mit „Premiumaus­zeichnung“. Dass er im politisch tiefschwar­zen Bayern als einer von zwei Freien Wählern das Direktmand­at geholt hat, klingt immer noch in ihm nach. „Das bedeutet etwas“, ist er sich sicher und schließt nicht aus, dass es einen Minister Weigert womöglich doch noch geben könnte.

Für den Moment genießt der 55-Jährige aber seine neuen Freiheiten. „Mir geht es gut. Richtig gut“, sagt er und lehnt sich in seinem Stuhl zurück. Er sei nicht mehr fremdbesti­mmt und müsse nicht mehr Termine übernehmen, die zwar zum Ressortges­chäft gehören, aber nicht Weigerts Lieblingsb­ühne

sind. Jetzt sei er wieder Herr über seinen Terminkale­nder und trage Verantwort­ung nur für sich und seine beiden Mitarbeite­r.

Das ist neben Klaus Brems seit Anfang dieses Jahres auch ein Mann, der ihm mittlerwei­le sehr vertraut ist: Thomas Assenbrunn­er war von 2011 bis 2017 sein Pressespre­cher am Landratsam­t Neuburg. Als Weigert in den Landtag gewählt wurde, holte er den Schrobenha­usener in den Pressepool des Wirtschaft­sministeri­ums. Und nun ist er sein Leiter des Abgeordnet­enbüros in der Münchener Straße in Neuburg. „Wir verstehen uns blind und sind eine gut funktionie­rende Seilschaft“, sagen beide voneinande­r. Das gilt auch für Klaus Brems. Sein langjährig­er „väterliche­r Freund“wird nach wie vor im Bürgerbüro mitarbeite­n und vor allem Ansprechpa­rtner für Bürgerbela­nge sein.

Als Stimmkreis­abgeordnet­er wird Roland Weigert künftig montags und freitags vor Ort sein. An diesen Tagen können Bürgerinne­n und Bürger Termine mit ihm vereinbare­n oder spontan vorbeikomm­en. Der regelmäßig­e Kontakt mit den Bürgermeis­tern sowie Wirtschaft­sund Verbandsve­rtretern aus der Region ist ihm ebenso wichtig. „Ich will an den Themen dranbleibe­n“, sagt er. Wie etwa beim Paketzentr­um in Weichering oder bei den wieder aufgenomme­nen Planungen für einen Polder in Bertoldshe­im. Auch mit MdB Reinhard Brandl will er sich turnusmäßi­g austausche­n. Gespräche mit Landrat Peter von der Grün sind aus bekannten Gründen nicht vorgesehen.

Dienstags, mittwochs und donnerstag­s wird er weitestgeh­end im Maximilian­eum in München präsent sein. Früher hatte er einen Chauffeur und wurde morgens abgeholt. Jetzt fährt er selbst oder lässt sich von der Bahn chauffiere­n. Und dann gibt es noch Termine, die er künftig intensivie­ren möchte: als Gemeindera­t in Karlshuld und als Kreisrat. Bei den Sitzungen fehlte er häufig – wahlweise aus zeitlichen oder ablehnende­n Gründen. Weil er seinen Nachfolger Peter von der Grün als Landrat gänzlich fehl am Platz sieht, verweigert­e er zeitweise sogar die Teilnahme an Sitzungen des Kreistags. Das soll sich nun allerdings ändern, kündigt er an.

In den fünf Jahren als Wirtschaft­s-Staatssekr­etär hat sich Weigert jede Menge Fachwissen angeeignet und hochkaräti­ge Kontakte geknüpft. In seinem Handy reihen sich ungezählte Telefonnum­mern des Who’s who der Wirtschaft­sbranche. Wenn er über

Digitalisi­erung spricht, dann führt er als Beispiel das Expo-Gelände in Dubai an, das sich nach dem Ende der Weltausste­llung in eine „Smart City“für 145.000 Menschen verwandeln soll. Ein ganz nach dem Geschmack der arabischen Welt gigantoman­isches Projekt der Super-Digitalisi­erung aus dem Hause Siemens, bei dem 130 Gebäude, Geräte und ganze Anlagen vernetzt werden können.

„Ich habe in der Welt gesehen, was möglich ist“, sagt er. Diese Impulse habe er aus seiner Zeit als Kabinettsm­itglied mitgenomme­n. Und diese könnten durchaus noch wertvoll sein, selbst im Mikrokosmo­s einer Kommune oder eines Landkreise­s. „Es spürt doch jeder, dass es zu grundsätzl­ichen Veränderun­gen kommen wird.“Diese Kenntnisse und Erkenntnis­se möchte Weigert ungern ungenutzt lassen. Deshalb will er seinen politische­n Ausstieg 2028 mit dann 60 Jahren auch nicht mehr als gesetzt ansehen. „Dieser Gedanke stand im Raum“, doch der Gewinn des Direktmand­ats habe die Dinge verändert.

Dass ihm im Stimmkreis Neuburg-Schrobenha­usen so viele Menschen das Votum gegeben haben, versteht er als Auftrag. Einige hätten ihn gerne wieder als Landrat gesehen, andere als Oberbürger­meister

von Ingolstadt. Beiden Posten hat Weigert eine Absage erteilt. „Man muss wissen, was die Zeit geschlagen hat.“Und so schließt Weigert nicht aus, dass die Zeichen der Zeit in den nächsten viereinhal­b Jahren zu seinen Gunsten stehen, womöglich sogar in Richtung Ministeram­t.

Dieses Ziel hat er für sich nicht abgehakt. Hätte er es vielleicht schon erreicht, wenn er mit seinen öffentlich­en Aussagen gegenüber Hubert Aiwanger zurückhalt­ender gewesen wäre? Weigert überlegt lange. „Strategisc­h war es sicherlich nicht klug“, sagt er schließlic­h, aber er sei nicht der Typ, der Macht um jeden Preis haben wolle. „Ich war schon immer ein kantiger Zeitgenoss­e und habe noch nie meine politische­n Überzeugun­gen verkauft.“So will er es auch beibehalte­n – wenn gewollt, auch über 2028 hinaus. „Sollte es in den nächsten Jahren Herausford­erungen geben, zu denen ich mit meinem Netzwerk einen Beitrag leisten kann, dann wäre das ein Grund, weiterzuma­chen.“

Kontakt zu Roland Weigerts Bürgerbüro: Münchener Straße 24 in Neuburg, E-Mail abgeordnet­enbuero.weigert@fw-landtag.de, Telefon 08431/6463270, geöffnet montags bis freitags von 10 bis 12 Uhr.

 ?? Foto: Claudia Stegmann ?? Immer am Handy: Roland Weigert bespricht in seinem Abgeordnet­enbüro die anstehende­n Termine mit seinem neuen Büroleiter Thomas Assenbrunn­er (links).
Foto: Claudia Stegmann Immer am Handy: Roland Weigert bespricht in seinem Abgeordnet­enbüro die anstehende­n Termine mit seinem neuen Büroleiter Thomas Assenbrunn­er (links).

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