Weigerts neue politische Route
Nach Jahren auf der globalen Bühne widmet sich Roland Weigert nun den lokalen Herausforderungen. Wie seine Arbeit als Stimmkreisabgeordneter aussieht und welches Ziel er nicht aus den Augen verloren hat.
Oberhausen, Rennertshofen, Weichering. Das sind die Orte, die Roland Weigert in seinem Terminkalender stehen hat. Nicht Dubai, nicht Addis Abeba oder Santiago de Chile. Die Zeiten, in denen er als Repräsentant der bayerischen Wirtschaft durch die Welt gereist ist, sind vorbei. Stattdessen besucht er jetzt die Bürgermeister im Landkreis. „Jetzt habe ich Zeit, mich um die Probleme der kleinen Leute zu kümmern“, sagt er. Seit 100 Tagen ist er zwar „nur noch“einfaches Mitglied des Landtags, dafür aber mit „Premiumauszeichnung“. Dass er im politisch tiefschwarzen Bayern als einer von zwei Freien Wählern das Direktmandat geholt hat, klingt immer noch in ihm nach. „Das bedeutet etwas“, ist er sich sicher und schließt nicht aus, dass es einen Minister Weigert womöglich doch noch geben könnte.
Für den Moment genießt der 55-Jährige aber seine neuen Freiheiten. „Mir geht es gut. Richtig gut“, sagt er und lehnt sich in seinem Stuhl zurück. Er sei nicht mehr fremdbestimmt und müsse nicht mehr Termine übernehmen, die zwar zum Ressortgeschäft gehören, aber nicht Weigerts Lieblingsbühne
sind. Jetzt sei er wieder Herr über seinen Terminkalender und trage Verantwortung nur für sich und seine beiden Mitarbeiter.
Das ist neben Klaus Brems seit Anfang dieses Jahres auch ein Mann, der ihm mittlerweile sehr vertraut ist: Thomas Assenbrunner war von 2011 bis 2017 sein Pressesprecher am Landratsamt Neuburg. Als Weigert in den Landtag gewählt wurde, holte er den Schrobenhausener in den Pressepool des Wirtschaftsministeriums. Und nun ist er sein Leiter des Abgeordnetenbüros in der Münchener Straße in Neuburg. „Wir verstehen uns blind und sind eine gut funktionierende Seilschaft“, sagen beide voneinander. Das gilt auch für Klaus Brems. Sein langjähriger „väterlicher Freund“wird nach wie vor im Bürgerbüro mitarbeiten und vor allem Ansprechpartner für Bürgerbelange sein.
Als Stimmkreisabgeordneter wird Roland Weigert künftig montags und freitags vor Ort sein. An diesen Tagen können Bürgerinnen und Bürger Termine mit ihm vereinbaren oder spontan vorbeikommen. Der regelmäßige Kontakt mit den Bürgermeistern sowie Wirtschaftsund Verbandsvertretern aus der Region ist ihm ebenso wichtig. „Ich will an den Themen dranbleiben“, sagt er. Wie etwa beim Paketzentrum in Weichering oder bei den wieder aufgenommenen Planungen für einen Polder in Bertoldsheim. Auch mit MdB Reinhard Brandl will er sich turnusmäßig austauschen. Gespräche mit Landrat Peter von der Grün sind aus bekannten Gründen nicht vorgesehen.
Dienstags, mittwochs und donnerstags wird er weitestgehend im Maximilianeum in München präsent sein. Früher hatte er einen Chauffeur und wurde morgens abgeholt. Jetzt fährt er selbst oder lässt sich von der Bahn chauffieren. Und dann gibt es noch Termine, die er künftig intensivieren möchte: als Gemeinderat in Karlshuld und als Kreisrat. Bei den Sitzungen fehlte er häufig – wahlweise aus zeitlichen oder ablehnenden Gründen. Weil er seinen Nachfolger Peter von der Grün als Landrat gänzlich fehl am Platz sieht, verweigerte er zeitweise sogar die Teilnahme an Sitzungen des Kreistags. Das soll sich nun allerdings ändern, kündigt er an.
In den fünf Jahren als Wirtschafts-Staatssekretär hat sich Weigert jede Menge Fachwissen angeeignet und hochkarätige Kontakte geknüpft. In seinem Handy reihen sich ungezählte Telefonnummern des Who’s who der Wirtschaftsbranche. Wenn er über
Digitalisierung spricht, dann führt er als Beispiel das Expo-Gelände in Dubai an, das sich nach dem Ende der Weltausstellung in eine „Smart City“für 145.000 Menschen verwandeln soll. Ein ganz nach dem Geschmack der arabischen Welt gigantomanisches Projekt der Super-Digitalisierung aus dem Hause Siemens, bei dem 130 Gebäude, Geräte und ganze Anlagen vernetzt werden können.
„Ich habe in der Welt gesehen, was möglich ist“, sagt er. Diese Impulse habe er aus seiner Zeit als Kabinettsmitglied mitgenommen. Und diese könnten durchaus noch wertvoll sein, selbst im Mikrokosmos einer Kommune oder eines Landkreises. „Es spürt doch jeder, dass es zu grundsätzlichen Veränderungen kommen wird.“Diese Kenntnisse und Erkenntnisse möchte Weigert ungern ungenutzt lassen. Deshalb will er seinen politischen Ausstieg 2028 mit dann 60 Jahren auch nicht mehr als gesetzt ansehen. „Dieser Gedanke stand im Raum“, doch der Gewinn des Direktmandats habe die Dinge verändert.
Dass ihm im Stimmkreis Neuburg-Schrobenhausen so viele Menschen das Votum gegeben haben, versteht er als Auftrag. Einige hätten ihn gerne wieder als Landrat gesehen, andere als Oberbürgermeister
von Ingolstadt. Beiden Posten hat Weigert eine Absage erteilt. „Man muss wissen, was die Zeit geschlagen hat.“Und so schließt Weigert nicht aus, dass die Zeichen der Zeit in den nächsten viereinhalb Jahren zu seinen Gunsten stehen, womöglich sogar in Richtung Ministeramt.
Dieses Ziel hat er für sich nicht abgehakt. Hätte er es vielleicht schon erreicht, wenn er mit seinen öffentlichen Aussagen gegenüber Hubert Aiwanger zurückhaltender gewesen wäre? Weigert überlegt lange. „Strategisch war es sicherlich nicht klug“, sagt er schließlich, aber er sei nicht der Typ, der Macht um jeden Preis haben wolle. „Ich war schon immer ein kantiger Zeitgenosse und habe noch nie meine politischen Überzeugungen verkauft.“So will er es auch beibehalten – wenn gewollt, auch über 2028 hinaus. „Sollte es in den nächsten Jahren Herausforderungen geben, zu denen ich mit meinem Netzwerk einen Beitrag leisten kann, dann wäre das ein Grund, weiterzumachen.“
Kontakt zu Roland Weigerts Bürgerbüro: Münchener Straße 24 in Neuburg, E-Mail abgeordnetenbuero.weigert@fw-landtag.de, Telefon 08431/6463270, geöffnet montags bis freitags von 10 bis 12 Uhr.