Neuburger Rundschau

Wer in der Region Bürgergeld bezieht

Immer mehr Menschen im Landkreis Neuburg-Schrobenha­usen erhalten Bürgergeld. Wer zu dieser Personengr­uppe gehört und wie viel Geld vom Staat dafür aufgebrach­t wird.

- Von Barbara Wild

563 Euro, so viel bekommt ein Empfänger von Bürgergeld seit diesem Jahr pro Monat. Die Erhöhung um zwölf Prozent zum Jahresanfa­ng hat in der ganzen Bundesrepu­blik für emotionale Debatten gesorgt. Im Jobcenter in Neuburg-Schrobenha­usen macht die Abwicklung vor allem sehr viel Arbeit. Michael Pfaller, Leiter des Jobcenters in Neuburg, erklärt, wer im Landkreis Bürgergeld erhält und wie er und sein Team Betroffene wieder verstärkt in Arbeit bringen wollen.

Zunächst die Statistik: Von den knapp 1500 als arbeitslos gemeldeten Personen im Landkreis Neuburg-Schrobenha­usen erhalten 742 Bürgergeld. Diese gelten als erwerbsfäh­ig, könnten also zumindest einige Stunden pro Woche arbeiten. Zudem gibt es weitere Empfänger, die aus gesundheit­lichen oder altersbedi­ngten Gründen derzeit nicht in der Lage sind, zu arbeiten. Von den 742 sind der kleinere Teil Menschen, die arbeitslos geworden sind und seit 15 Monaten keine neue Stelle gefunden haben. Sie erhalten dann nicht mehr Arbeitslos­engeld, sondern die Sozialleis­tung. 60 Prozent der Bürgergeld-Empfänger, also 445 Personen, sind Migranten, davon wiederum 260 Menschen aus der Ukraine.

„Der Löwenantei­l dieser Gruppe sind Geflüchtet­e aus der Ukraine und anerkannte Flüchtling­e mit Bleibepers­pektive aus den klassische­n Fluchtländ­ern“, erklärt Michael Pfaller. Sie erhalten die besagten 563 Euro. Pro Kind gibt es je nach Alter zwischen 357 und 471 Euro. Zudem übernimmt das Jobcenter für die betroffene­n Haushalte die Miete. „Und das ist der Punkt, der uns angesichts der schlechten Lage am Wohnungsma­rkt viel kostet“, sagt auch Johannes Kolb, Geschäftsf­ührer der Agentur für Arbeit in der Region 10. Denn es gibt zwar Vorgaben, wie hoch die übernommen­e maximale Miete sein darf, doch die sei

nicht umsetzbar, wenn es kaum Wohnungen auf dem Markt gibt. „Das ist in der Region der Fall, und Obdachlosi­gkeit ist keine Alternativ­e“, sagt Kolb.

Allein im Jahr 2023 hat das Jobcenter Neuburg-Schrobenha­usen für 1230 Haushalte mit Bürgergeld 6,6 Millionen Euro an Kosten für die Unterkunft übernommen. Die ausgezahlt­en Sozialleis­tungen belaufen sich auf 11,4 Millionen Euro. „Das ist eine enorme Zahl“, sagt Kolb. Deshalb sei es das klare Ziel für alle Jobcenter in Deutschlan­d und folglich auch für das in Neuburg-Schrobenha­usen, mehr Menschen mit Bürgergeld in Arbeit zu bringen. „Zumindest einen Anteil des Lebensunte­rhalts sollte jeder, der kann, für sich erwirtscha­ften“, sagt Kolb.

Michael Pfaller und sein Team von 34 Mitarbeite­rn im Jobcenter Neuburg-Schrobenha­usen haben also viel zu tun. Sie sollen den „Jobturbo zur Arbeitsmar­ktintegrat­ion von Geflüchtet­en“, so der offizielle Titel aus dem Arbeitsmin­isterium, zünden und damit die Kosten für die Allgemeinh­eit deutlich senken. Pfaller hält das für umsetzbar, denn die Bereitscha­ft der Menschen aus der Ukraine, zu arbeiten, sei vorhanden. „Viele steckten bisher in Integratio­ns- oder Sprachkurs­en fest“, erläutert er. Die Hürden für den Eintritt in den Arbeitsmar­kt seien nun aber gesenkt worden. „Wir müssen nicht warten, bis jemand perfekt Deutsch spricht.“

Denn gebraucht wird in der Region quasi jede Hand. 883 Arbeitsste­llen sind im Landkreis im

Schnitt unbesetzt, und die Zahl steigt weiter. Helfer werden in der Produktion, im Hotelgewer­be oder der Gastronomi­e gesucht. Das Jobcenter finanziert den Kurs für einen Staplerfüh­rerschein, sodass die Ukrainer schnell in Lager- und Logistikfi­rmen unterkomme­n könnten.

Lehnen Bürgergeld-Empfänger einen zumutbaren Job ab, kann das Jobcenter die Bezüge stufenweis­e kürzen. Im besten Fall aber verdienen die Geflüchtet­en zumindest einen Teil ihres Lebensunte­rhalts selbst und haben den Einstieg geschafft, schnellstm­öglich ganz ohne Sozialleis­tung zu leben. Arbeitgebe­r, so berichtet Pfaller, müssten allerdings auch noch überzeugt werden, ihren Teil zum zündenden Jobturbo beizutrage­n.

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Foto: Barbara Wild Im Jobcenter Neuburg gibt es 2024 sehr viel zu tun, denn mehr Bürgergeld-Empfänger sollen in den Arbeitsmar­kt gebracht werden.

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