Wie aus Konkurrenten Partner werden sollen
Eine enge Zusammenarbeit soll für die Krankenhäuser in der Region der Weg aus der finanziellen Misere sein. Doch wie eng soll das Ganze werden? Da sind sich manche uneinig.
Ingolstadt/Neuburg Die Berater von der Beraterfirma PwC sprechen von einem Speiche-Naben-Prinzip, wenn sie die Zukunft der Kliniklandschaft in der Region 10 skizzieren. In der Mitte – quasi als Nabe – sitzt das Klinikum Ingolstadt. Von dort aus gehen fünf Speichen weg, die zu kleineren Krankenhäusern führen: nach Eichstätt, Schrobenhausen, Pfaffenhofen, Mainburg und Kösching. Das Problem dieser sechs Kliniken ist, dass sie allein im vergangenen Jahr ein riesiges Defizit eingefahren haben. An die 74 Millionen Euro werden es am Ende wohl werden. Um den Millionenverlusten in Zukunft Herr zu werden, haben die vier betroffenen Landkreise und die Stadt Ingolstadt ein Gutachten in Auftrag gegeben mit dem Ziel, eine Medizinstrategie für die Region an die Hand zu bekommen. Eine in dieser Form fast einzigartige Initiative in Deutschland, wie die Berater betonten. Allerdings aus der Not heraus geboren. „Zig Kliniken gehen in Deutschland in die Insolvenz, so weit wollen wir es in der Region nicht kommen lassen“, sagte Ingolstadts Oberbürgermeister Christian Scharpf bei der Vorstellung des Gutachtens am Dienstag. Zuerst gab es eine Pressekonferenz, dann haben auch die Kreis- und Stadträte sowie weitere Verantwortliche aus dem regionalen Klinikbereich die Ergebnisse erfahren.
Die Kernbotschaft: Die Häuser müssen – in welcher Form auch immer – eng zusammenarbeiten, um finanziell überleben zu können. Gleichzeitig darf aber auch die medizinische Versorgung der Menschen in der Region nicht darunter leiden. Am Klinikum sollen künftig in erster Linie hochkomplexe Eingriffe vorgenommen werden, die anderen Kliniken hingegen sollen sich spezialisieren.
In Mainburg und Kösching wird es zumindest mittelfristig keine Notaufnahme mehr geben, stattdessen schlägt das Gutachten eine sogenannte Anlaufstelle für Notfälle vor, die rund um die Uhr besetzt ist. Betten sind dort nur noch für kurze stationäre Behandlungen vorgesehen. Schwerpunkt, so die
Berater, soll dort der ambulante Bereich werden. Überhaupt soll der in der gesamten Region eine größere Rolle spielen. Medizinische Versorgungszentren (MVZs), sogenannte aufsuchende Dienste mit Hausbesuchen von Rettungskräften oder Pflegekräften sowie telemedizinische Angebote sollen ausgebaut werden.
Was die Krankenhäuser selbst angeht, gab es am Dienstag noch keine Details. Ob und welche Bereiche in den einzelnen Häusern möglicherweise geschlossen oder gestärkt werden können, war nicht Teil des Gutachtens. Überhaupt ist der Zeithorizont sehr lang. In diesem Jahr, so haben sich das Ingolstadts OB Christian Scharpf und die Landräte vorgenommen, sollen die kommunalen Gremien in der Region die Weichen stellen. Erst in fünf bis sechs Jahren, so prognostiziert es Fabian Schülke von PwC, werden die ersten Auswirkungen der Umstrukturierung dann tatsächlich spürbar sein.
Große strukturelle Veränderungen werden auf das Kreiskrankenhaus in Schrobenhausen aber wohl nicht zukommen. Davon geht jedenfalls Landrat Peter von der Grün aus. Schon jetzt gibt es dort eine Spezialisierung rund um die Altersmedizin. Die Akutgeriatrie, die Unfallchirurgie mit der Endoprothetik sowie die Gefäßchirurgie werden nach aktuellem Stand bleiben. Genauso wie die Notaufnahme. „Das Gutachten hat unseren Weg bestätigt“, sagt von der Grün.
Nach den Vorstellungen des Landrats soll die Zusammenarbeit in einen Kooperationsvertrag zwischen den Häusern münden, so wie es ihn jetzt schon zwischen dem Kreiskrankenhaus in Schrobenhausen und der Uni-Klinik in Augsburg gibt. „Eine Fusion ist nach jetziger Beschlusslage ausgeschlossen“, betonte der Landrat. Der Landkreis will weiterhin Träger bleiben.
Für seinen Eichstätter Kollegen Alexander Anetsberger hingegen muss die Zusammenarbeit der Kliniken so eng wie möglich sein, um finanziell wieder auf die Beine zu kommen: „Das macht nur Sinn, wenn wir in einem Unternehmen kooperieren.“Für ihn kommen nur eine Fusion oder ein Zweckverband infrage.