Erinnert ihr euch noch an das Kinocafé?
Das Neuburger Kinocafé des Hofgartentheaters war lange der Kulttreff schlechthin. Jahre nach der Schließung weckt ein Blick zurück viele Erinnerungen – teils ganz kuriose.
Neuburg Ach ja, schön war’s damals schon! Egal, ob jung oder alt, allein oder in der Gruppe, in Neuburg traf man sich im Kinocafé des Hofgartentheaters. Gar nicht unbedingt, weil man einen Film ansehen wollte, sondern, weil es eben Trend war. Schön gemütlich, ein bisschen zusammengewürfelt, eben genau der richtige Ort für entspannte Stunden. Die Plätze waren stets voll besetzt und niemand, der mindestens einmal pro Woche dort seinen BaKi schlürfte, konnte sich wohl vorstellen, dass es das Kinocafé ein paar Jahre später nicht mehr geben sollte. Mittlerweile ist der einstige Kulttreff seit 14 Jahren dicht, in Vergessenheit geraten ist er jedoch noch lange nicht. Ein Blick zurück mit dem Mann, der das Kinocafé wie seine eigene Westentasche kannte: Kinobetreiber Roland Harsch.
An seine ersten Schritte im Hofgartentheater erinnert sich Harsch noch gut. Gerade 16 Jahre war er damals alt. Seine heute etwas veraltet wirkende Tätigkeit: Kartenabreißer. „Ich hatte eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe“, sagt Harsch lachend. Viele Jahre arbeitet er an der kleinen Kasse des Kinos, auch, als er später in Eichstätt studiert.
Das Häuschen war nicht nur die Pforte zum Kino, sondern auch zum Café im ersten Stock. Noch heute gibt es das Kämmerchen, kaum größer als eine Telefonzelle. „Zu Beginn musste man alles handschriftlich erfassen, der Tipp-Ex war unser bester Freund.“Es ist eine andere Zeit, damals, zur Hochphase des Hofgartentheaters. Kurz vor der Treppe das rot-weiß umrahmte Kassenhäuschen mit dem gläsernen Popcorn-Kasten, ein paar Süßigkeiten sind aufgereiht, die Eiskarte hängt am Rand. Durch das geöffnete Fenster werden die Kunden bedient.
Es ist diese besondere Pforte, die auch den Besuchern des Kinocafés noch heute in Erinnerung ist, nostalgisch würde man es mittlerweile nennen, vintage oder shabby chic, diesen ganz eigenwilligen Stil der damaligen Zeit bezeichnen. Ebenso das Mobiliar im Kinocafé. Die kleinen Bistrotische mit Marmorplatten, darum mal mehr, mal weniger eng angeordnete schwarze Holzstühle. Das Bild dürfte vielen Neuburgern noch vor Augen sein: Die lange Theke, gleich gegenüber der Treppe, zahlreiche Tische und Stühle und – wie könnte man ihn vergessen – der braune Flügel nach hinten versetzt an der Wand. Hochtische verleihen dem Café stellenweise den Charakter einer Bar, mit Blick nach unten, kann man auf einem Podest am Rand thronen.
Man könnte meinen, hier wurde ein klar definiertes Konzept umgesetzt, doch nein, stattdessen stand oft Improvisation an der Tagesordnung, wie sich Harsch erinnert. Etwa drei Jahre, nachdem er im Kino angefangen hat, darf er nach oben an die Theke wechseln, „da wollte ich immer hin“. Es sei ein ganz spezieller Ort für ihn gewesen, kuschelig und gemütlich. Nur wenn man etwas genauer hinter die Fassade blickt, merkt man, dass die ein oder andere Ecke nicht ganz gerade ist.
Der Durchbruch, eigentlich ein besonders beliebtes Highlight bei den Besuchern, entstand durch einen Baufehler. Die Theke wackelt, wenn zu heftig gefeiert wird, „da kam es schon mal vor, dass Gläser aus den Regalen rutschten“. Das schadet dem Charme des Cafés jedoch nicht – ganz im Gegenteil. „Das Kinocafé war revolutionär für Neuburg. Es hat die Generationen zusammengebracht.“
An den Wänden hängen Kunstwerke, und verpassen dem Ort den Hauch eines Ateliers. Hier treffen sich die Jugend ebenso wie ältere Semester, Intellektuelle, die Künstler der Sommerakademie oder jeder andere Neuburger „wie du und ich“. Alle Altersgruppen aus allen sozialen Schichten sitzen Stuhl an Stuhl und trinken BaKi (Bananensaft mit Kirschsaft gemischt), alkoholfreien Caipirinha oder San Bitter mit Weißwein. Dazu gab es Nachos mit Käsesoße überbackenes Baguette. „Wenn da erst einmal einer angefangen hat mit der Bestellung, ging es Schlag auf Schlag, dann sind wir kaum noch hinterhergekommen“, erinnert sich Harsch.
Was viele Gäste damals nicht bewusst wahrnehmen: Das Kinocafé war auch einer der ersten Orte, wo es Cappuccino mit aufgeschäumter Milch gab, „damals verwendeten die meisten Cafés noch Sahne“. Die Getränke kommen gut an, nur mit dem Bier will es nicht so richtig klappen. Erst nach dem vierten Wechsel der Brauerei geht es auch gut über den Tresen.
Applaus für über 80 Jahre Kinogeschichte
Doch mit der Zeit rächt sich die Bausubstanz. Das Kino wird maroder, eine Sanierung wäre dringend nötig. Doch das funktioniert nur im Ganzen. Das Café zu erhalten und das Kino nicht, ist nicht möglich. Ein Interessent für die Kinosanierung findet sich nicht, und so bahnt sich das Unausweichliche an: Sobald das Gebäude renoviert wird, wird auch das Kinocafé schließen. 2010 ist der Abschied gekommen.
Roland Harsch denkt gerne an die Zeit zurück, damals habe man genau den Nerv der Zeit getroffen, ob das heute auch noch so wäre? „Wer weiß, es hat sich viel verändert, gerade laufen Cafés mit Außenflächen gut, das gab es natürlich beim alten Kinocafé nicht.“Auch heute werde das Angebot von vielen Neuburgern vermisst, oft höre er Sätze wie „Weißt du noch, damals, das Kinocafé, das war schon echt toll“.