6000 Menschen gegen rechts
Auf dem Paradeplatz in Ingolstadt fand eine Demonstration gegen rechtsradikales Gedankengut statt. Wie die Veranstaltung ablief und was Teilnehmer und Redner sagten.
Viele waren gekommen: Männer und Frauen, Eltern und ihre Kinder, Großeltern und ihre Enkel, Lehrer und Schüler, Groß und Klein. So voll hat man den Paradeplatz in Ingolstadt wohl schon lange nicht mehr gesehen. Und nicht nur dort standen die Menschen, viele mit Spruchbändern und selbst gebastelten Protestschildern. Auch in die Ludwigstraße und in die Reiterkasernenstraße staute sich die Menschenmenge, die am Samstag klare Kante gegen rechtsradikales Gedankengut zeigte.
„Ich bin 71 Jahre alt und dies ist die erste Demonstration, bei der ich mitmache“, betonte Christl aus Gaimersheim. Sie sei, wie ihre Freundin Brigitte, Oma und wolle für die Nachkommen ein freies und lebenswertes Land. Beide hatten ihre Familien mit den Enkelkindern mit auf den Paradeplatz gebracht. Es werde Zeit, dass sich etwas rege gegen diesen politischen Ruck nach rechts, der sich gegen jegliche Menschenwürde richte. Die bisher schweigende Mehrheit müsse sich lautstark melden.
Aufgerufen zu der Kundgebung hatte „Ingolstadt ist bunt“, ein Aktionsbündnis diverser Ingolstädter Vereine, Organisationen, Parteien und Fanklubs gegen rechtes Gedankengut. Über 50 Organisationen, Parteien und Firmen zeigten ihre Solidarität. Eva Bulling-Schröter, die die Begrüßung übernahm, sagte zu Beginn der Demo, dass man sich nicht sicher gewesen sei, wie viele Menschen überhaupt kämen. Doch sie kamen zahlreich, sehr zahlreich. Und viele von ihnen taten ihre Meinung auf Transparenten und selbst gebastelten Plakaten kund. Die Texte gingen von argumentativ über deftig bis hin zu satirisch.
Als erster Redner übernahm Ingolstadts Oberbürgermeister Christian Scharpf das Mikrofon auf der Bühne, die vor dem Gewerkschaftshaus aufgestellt worden war. „In Ingolstadt leben über 140.000 Menschen aus rund 140 Nationen. Der Kollege bei Audi, die Kinderärztin, die Studentin an der THI oder der Schreiner-Azubi. Sie alle gehören zu Ingolstadt – egal, woher sie kommen, egal, welche Hautfarbe sie haben und egal, welche Religion sie ausüben!“Scharpf erinnerte an den geschichtsträchtigen Tag –
schließlich wurde am Samstag der Opfer des Nationalsozialismus gedacht. Das Stadtoberhaupt stellte klar: „Wir tragen nicht die Verantwortung für das, was war. Wir tragen die Verantwortung für das, was ist und für das, was kommen wird.“
Alle Redner waren sich einig. Die Welt sei aus den Fugen geraten. Sie warnten davor, dass es wieder Situationen geben könne wie ab 1933. Der Rechtsextremismus sei besorgniserregend. Die AfD zeige immer mehr ihr wahres Gesicht. Sie sei fremdenfeindlich, rassistisch und antidemokratisch. Nie wieder dürfe sich die Geschichte wiederholen. Der DGB
warnte zudem davor, dass die AfD nicht die Interessen der Beschäftigten vertrete und schlicht keine Konzepte und Lösungen habe.
Weiter betraten Marielle Summi Otte vom Trans Treff, Nadine Praun für die Jusos, Moritz Fuchs von der Linksjugend Solid, Tim Oberding für die Grüne Jugend und Theresa Ley für die Jungen Liberalen die Rednerbühne. Laut Polizeischätzungen befanden sich rund 6000 Demonstrierende auf dem Paradeplatz und in der unmittelbaren Umgebung.
Bereits am Dienstagabend hatte es eine Demo gegen rechts in Ingolstadt gegeben. Die AfD hatte in der Volkshochschule zu einem
Bürgerdialog geladen, gekommen waren sechs Bundestagsabgeordnete aus Bayern, die von ihrer Arbeit in Berlin berichteten, sowie knapp 40 Interessierte. Weitaus mehr Menschen als im RudolfKoller-Saal befanden sich jedoch vor den Türen der Volkshochschule: Laut Polizeiangaben waren es 123. Auf dem Carraraplatz hatten „Omas gegen rechts“und das Bündnis „Ingolstadt ist bunt“zu einer Gegendemo aufgerufen.
In Eichstätt waren am Donnerstagabend nach Schätzungen der Polizei mehr als 900 Menschen auf die Straße gegangen, um ein Zeichen für Vielfalt, Menschlichkeit und Demokratie
zu setzen und sich gegen Faschisten, Rechtsextremisten und ausdrücklich gegen die AfD zu stellen. Die Initiative dazu war vom Offenen Antifaschistischen Treffen (OAT) Eichstätt ausgegangen. Auch viele konservative und ältere Bürgerinnen und Bürger stellten sich an die Seite der „Antifa“-Banner und verdeutlichten damit, dass man hier bei allen Unterschieden im Detail fest zusammenstehe, um die Demokratie zu verteidigen und rassistisch-völkisches Gedankengut abzuwehren. „In diesem Sinne sind wir hier und heute alle Antifaschisten“, hieß es in einem der Redebeiträge. (mit rilu, clev)