Neuburger Rundschau

Wenn Corona Spuren hinterlass­en hat

Viele Menschen leiden unter Spätfolgen einer Corona-Infektion. In Neuburg können Betroffene nun in einer Long-Covid-Gruppe trainieren – es dürfte die erste in der Region sein.

- Von Andreas Zidar Kommentar

Die Coronapand­emie ist gefühlt lange her. Doch mit den Folgen müssen viele bis heute leben. Laut einer Studie dürften alleine in Deutschlan­d mindestens eine Million Menschen von Long Covid beziehungs­weise Post-Covid betroffen sein – sie kämpfen also mit den unterschie­dlichsten Spätfolgen einer Corona-Infektion. In Neuburg steht den Betroffene­n nun erstmals eine spezialisi­erte Rehasportg­ruppe zur Verfügung.

Der TSV Neuburg, der größte Sportverei­n im Kreis NeuburgSch­robenhause­n, hat das Angebot zu Beginn dieses Jahres eingeführt. Doris Reichardt aus Hütting, ausgebilde­te Rehasport-Trainerin und Leiterin der Gesundheit­ssport-Abteilung des TSV, hat sich hierfür extra fortgebild­et. Im vergangene­n Jahr besuchte sie beim Bayerische­n Behinderte­n- und Rehabilita­tionsSport­verband einen Lehrgang zu Long Covid mit dem Schwerpunk­t Fatigue, einer krankhafte­n Erschöpfun­g also. „Es sind so viele betroffen“, sagt sie im Gespräch mit unserer Redaktion. Im Umgang mit den Erkrankten, die teils massiv unter verschiede­nsten Einschränk­ungen leiden, brauche es viel Geduld.

Mehr als 200 unterschie­dliche Symptome hat die Wissenscha­ft mittlerwei­le dem Krankheits­bild Long Covid zugeordnet. Atemnot, Müdigkeit und Erschöpfun­g, Konzentrat­ionsund Gedächtnis­probleme, Muskelschw­äche, aber auch psychische Probleme wie Depression­en und Ängstlichk­eit – die Liste der möglichen Folgen ist lang. Umso wichtiger sei es, dass die Betroffene­n auf ihren Körper hören und lernen, dessen Signale wahrzunehm­en, sagt Reichardt.

Im Rahmen der neuen Long-Covid-Rehastunde im Gymnastikr­aum des TSV-Vereinshei­ms will sie verschiede­ne Schwerpunk­te setzen, um den Teilnehmer­innen und Teilnehmer­n zu helfen. Geplant sind unter anderem Atem- und Entspannun­gsübungen, das Trainieren der Merk- und Konzentrat­ionsfähigk­eit, Dehnübunge­n zum Erhalt der Mobilität sowie das Kräftigen der Muskeln. Hierbei müsse niemand seine persönlich­en Grenzen überschrei­ten. Jeder solle nur so weit gehen, wie er kann, Pausen seien erwünscht. Neben den körperlich­en und geistigen Übungen soll auch der persönlich­e Austausch mit Leidensgen­ossen im Fokus stehen. „Es ist wichtig, darüber zu reden“, betont Reichardt. Denn das oft diffuse und noch nicht genau erforschte Krankheits­bild werde schnell zur Belastung – weil man immer wieder Rückschläg­e verkraften müsse und auch, weil den Betroffene­n

oft nicht geglaubt werde. Die Trainerin appelliert daran, die Aussagen der Menschen ernstzuneh­men und darauf einzugehen.

Im Rahmen der neuen Rehasportg­ruppe sind 50 Einheiten zu je 45 Minuten vorgesehen. Das Angebot,

das laut Reichardt das erste seiner Art in der Region darstellt, ist also auf langfristi­gen Erfolg ausgelegt. Termin ist immer Dienstag von 16.45 bis 17.30 Uhr. Teilnehmen können alle, unabhängig von einer Vereinszug­ehörigkeit zum TSV Neuburg. Es braucht lediglich eine Verordnung vom Arzt, dass man körperlich in der Lage ist, die Übungen mitzumache­n.

Ein Punkt, der nicht zu unterschät­zen ist. Denn für Betroffene, die beispielsw­eise unter dem Fatigue-Syndrom leiden, könne Belastung sogar schädlich sein, weiß Dr. Daniel Vilser. Der Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedi­zin

am Ameos-Krankenhau­s in Neuburg gilt als Experte für Long Covid und betreibt ein solches Zentrum an der Kinderklin­ik. Das neue Angebot des TSV begrüßt er aber ausdrückli­ch. Eine solche Form der vorsichtig­en Betätigung sei für viele Patientinn­en und Patienten „sehr, sehr förderlich“. Das Thema Long Covid brauche in den Augen des Mediziners überhaupt mehr Aufmerksam­keit. Weil die Forschung noch nicht so weit sei, dass messbare Befunde zugrunde gelegt werden können, müssten Betroffene um Anerkennun­g und Glaubwürdi­gkeit kämpfen, was „sehr schade“sei.

Auch der persönlich­e Austausch soll im Fokus stehen.

Wer sich für die Long-Covid-Gruppe des TSV interessie­rt, muss sich zwingend vorher anmelden, denn die Teilnehmer­zahl ist auf maximal acht Personen begrenzt. Die Anmeldung erfolgt über die Geschäftss­telle des TSV Neuburg, Telefon 08431/642400, oder per E-Mail: info@tsv1862-neuburg.de. Zur Anmeldung müssen Interessie­rte zwei Fragebögen abholen und ausgefüllt wieder abgeben, in denen sie unter anderem Angaben zu ihren Symptomen machen.

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Reichardt Foto: Rehasport-Trainerin Doris Reichardt aus Hütting leitet die neue Long-Covid-Gruppe des TSV Neuburg.
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Foto: Annette Riedl, dpa (Symbolbild) Der TSV Neuburg bietet seit diesem Jahr eine Rehasportg­ruppe für Long-Covid-Patienten an.

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