Hier ist Biodiversität zu sehen und zu hören
Seit 30 Jahren bewirtschaften Elisabeth und Hubert Birkmeir den Bleitzhof im Pöttmeser Ortsteil Schorn. Der Betrieb feiert in diesem Jahr ein Dreifach-Jubiläum.
Um es vorwegzunehmen: Die Bauernproteste der vergangenen Wochen waren kein Thema bei der Kräuterwanderung auf dem Demeter-Biohof Birkmeir im Pöttmeser Ortsteil Schorn. Der Betrieb feiert in diesem Jahr ein Dreifachjubiläum: 100 Jahre ist es her, seit Rudolf Steiner sein ganzheitliches Konzept für eine rundum nachhaltige Landwirtschaft vorstellte. 1954 stellte der Birkmeir-Hof in Schorn seine Landwirtschaft auf diese Grundlage; seit 70 Jahren also bewirtschaftet er seine Flächen und das dazugehörende Vieh nach diesen strengen Kriterien. Seit 30 Jahren folgen Elisabeth und Hubert Birkmeir diesem Weg.
Zehn Hektar Fläche gehören zum Betrieb, 20 Hektar sind dazu gepachtet. Das sind jedoch vor allem Wiesen wie eben jene 6,3 Hektar rund um den Bleitzhof, über die
Elisabeth Birkmeir ihre 25 Gäste an diesem sonnigen und warmen Sonntagnachmittag führt. Hier grasen ab Mai die 18 Jungtiere. Darunter jene drei Ochsen, welche die Birkmeirs jährlich verkaufen. Die Trittsiegel der Paarhufer im moorigen Boden der Tallagen rund um den Bleitzhof sind noch deutlich zu erkennen.
Die Grasnarbe ist aufgerissen. Hier in den spärlichen kahlen Stellen konnten Pflanzen des Feldsalats aufgehen. „Die brauchen offenen Boden, um wachsen zu können“, erklärt Elisabeth Birkmeir und greift nach den Knospen eines Gänseblümchens: „Das kann man direkt essen, als Salatbeigabe oder auch als Tee verwenden.“Sie verweist auf ein daneben wachsendes Kraut – „ein Allheilmittel“, wie sie sagt: die Schafgarbe. „Es ist eigentlich leicht zu verstehen: Die Pflanze wehrt sich mit ihren Bitterstoffen gegen Schädlinge, Pilze, Bakterien und Viren. Und wir Menschen können uns mit dem in Millionen Jahren erworbenen Schatz der Heilkräuter ebenso dagegen erwehren“, so Birkmeir.
Zwischendurch erzählt ihr Mann Hubert immer wieder Geschichten über und aus dem Werdegang seines Betriebs. Dieser gilt als drittältester Biohof Bayerns. Der Bleitzhof gehört der Stadt München. Die Wiesen rundherum hat die Familie Birkmeir seit 30 Jahren in Pacht. Um 1900 herum konnte Baron von Herman den Hof erwerben. Er war es auch, der 1953 einen Referenten über das System Rudolf Steiners nach Schorn gebracht hatte. Hubert Birkmeir sagt: „Mein Vater war so begeistert davon, dass er, obwohl die Familie dagegen war, gleich den Betrieb umstellte.“
Inzwischen hat Elisabeth Birkmeir ihre Gruppe an den nördlich gelegenen Waldrand geführt. Hier wachsen Unmengen an Vogelmiere. Das Nelkengewächs schmeckt nicht nur würzig, als Salatbeigabe erfreut es außerdem Gaumen und Magen. Hier seien oft die zarten, hohen Töne des Wintergoldhähnchens zu hören, verrät Elisabeth Birkmeir. Sie berichtet: Das zwei Gramm kleine Vögelchen ernähre sich von den winzigen Springschwänzen unter dem Laub.
Der Rückweg ist ein Traum. Denn er führt den Feldweg entlang, neben dem sich ein kleines Rinnsal schlängelt. Uralte Obstbäume mit von Pilzen zerfressenen und vom Frost gespaltenen Stämmen säumen den Weg. Ihre Stämme zieren Specht-Höhlen, das Totholz
ihrer abgebrochenen Äste spendet unzähligen Käfer- und Insektenlarven Nahrung und Unterschlupf. Und dennoch, fast wie ein Wunder: Oben in den Kronen warten in kleinen Knospen die Blüten auf die warme Jahreszeit.
Elisabeth Birkmeir wirbt für weitere Wanderungen: „Kommt zu unseren Führungen in diesem Jubiläumsjahr am jeweils letzten Sonntag im Monat! Auf unseren Getreideäckern tummelt sich Biodiversität, die man sogar hören kann.“Bei der Verabschiedung am Bleitzhof eine letzte Frage: Welche und wie viele Traktoren laufen auf dem Hof? „Vier“, lautet die Antwort von Hubert Birkmeir: „Vom 35er, Baujahr 1969, über den 80-PS mit Frontlader bis zum 100er, Baujahr 2003.“
Die Wiesen um den Hof hat die Familie seit 30 Jahren gepachtet.
Termin Die nächste Führung der Demeter-Bauersleute Elisabeth und Hubert Birkmeir findet am Sonntag, 24. Februar, statt.