Die Farbeimer schaukelten am Fahrradlenker
Rudolf Lichtblau feiert heute seinen 90. Geburtstag. Der Karlshulder arbeitete zuletzt als Maler am Landratsamt und brachte sein Arbeitsgerät jeden Tag auf dem Rad mit nach Neuburg.
Seinen 90. Geburtstag feiert am Donnerstag Rudolf Lichtblau aus Karlshuld. Der Nachname ist ungewöhnlich im Moos, sprachgeschichtlich ist er wohl auf einen Vorfahren mit auffallend hellblauen Augen zurückzuführen. Blaue Augen hat der seit fünf Jahren verwitwete Jubilar heute noch, und vielleicht waren sie vor mehr als 70 Jahren mit ein Grund, warum sich eine junge Karlshulderin in ihn verliebte und Rudolf Lichtblau im Moos endgültig sesshaft wurde.
Ursprünglich stammte seine Familie aus dem Sudetenland, wo er am 1. Februar 1934 in Bärn als jüngstes von fünf Kindern geboren wurde. Als er zwölf Jahre alt war, wurde die Familie nach dem Zweiten Weltkrieg aus der Tschechoslowakei zwangsausgesiedelt. Es verschlug sie an den Oberen Kanal in Karlshuld, und hier lernte der fesche junge Mann im Alter von 18 Jahren seine spätere Frau Marianne Öxler kennen, heiratete sie vier Jahre später und baute sich eine Existenz auf. Leicht war das damals nicht. Nach achtjähriger Schulzeit ging er 1948 auf Lehrstellensuche. Erst 1950 gelang es ihm, eine Anstellung beim Maler Kraus zu bekommen. Dessen Geschäft befand sich gegenüber der Gastwirtschaft Scharfes Eck an der Hauptkreuzung in Karlshuld.
Die ist längst einem Kreisverkehr gewichen, und wo früher der Malerbetrieb stand, befindet sich heute die kleine Grünanlage des Besˇka-Platzes. Nach der Gesellenprüfung 1953 wechselte Rudolf Lichtblau nach Neuburg und arbeitete bei Maler Ansbacher. Von dort war es 1975 nicht weit zu seinem
letzten Arbeitgeber, dem Landratsamt, wo er bis zum wohlverdienten Ruhestand 1994 im Hochbau arbeitete.
Das Amt beschäftigt heute noch einen Maler, bestätigt Pressesprecherin Sabine Gooss, denn in den Landkreis-Liegenschaften, zu denen insbesondere auch die
Landkreisschulen gehören, sei der Bedarf an Maler- und Ausbesserungsarbeiten groß. Lichtblau war den Neuburgern wohlbekannt – ein Original, wie er mit dem Fahrrad zur Arbeit fuhr, am Lenker die Farbeimer befestigt hatte, am Gepäckträger einen Korb mit Arbeitsgerät und einer Leiter über der Schulter hängend.
Zwei Töchter schenkte Marianne Lichtblau ihrem Mann, von denen die Jüngere mit erst 13 Jahren an einer tückischen Krankheit verstarb. Die Ältere, Inge Bolleininger, kümmert sich heute gemeinsam mit ihrer Tochter Simone Müller, die nebenan wohnt, um den Vater beziehungsweise Großvater, sodass er noch allein in seinem kleinen Haus leben kann. Bis vor einigen Jahren ist er gerne Fahrrad gefahren, war ein eifriger Zeitungsleser und in jungen Jahren begeisterter Fußballer. Mehr als 500 Spiele hat er für „seinen“SV Karlshuld bestritten, zum Teil als Torwart, zum Teil als Stürmer. „Das war mir egal“, antwortet er verschmitzt auf die Frage, auf welcher Position er denn lieber spielte.