Klimawandel in den Alpen: Ein Blick auf die sich ändernde Gebirgslandschaft
Augsburger Forschende untersuchen im Nationalpark Berchtesgaden die Höhenabhängigkeit von Temperatur-Trends.
Der Klimawandel trifft Gebirge wie die Alpen teils stärker als andere Lagen. Schmelzende Gletscher und eine nach oben wandernde Schneefallgrenze sind auffällige Beispiele. In größeren Höhen kann die Erwärmung des Klimas stärker sein. Dadurch verändern sich auch die Tier- und die Pflanzenwelt. Blühende Bergwiesen oder Schneefelder machen stellenweise alpinen Nadelbäumen Platz. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universitäten Augsburg, Innsbruck und der Technischen Universität München untersuchen im Nationalpark Berchtesgaden, inwiefern die Klimaerwärmung dort vom globalen Trend abweicht.
Der Nationalpark Berchtesgaden bietet dafür gute Bedingungen. „Dort gibt es bereits 15 bestehende Messstationen. Im vergangenen Jahr haben wir weitere Geräte aufgebaut, die zusätzliche Daten erfassen“, erklärt der Meteorologe Simon Zitzmann von der Universität Augsburg. Daten zu Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Windgeschwindigkeit liegen bereits für zurückliegende Jahre vor und werden weiter erhoben. Sie werden dafür herangezogen, die Höhenabhängigkeit des Temperatur-Trends für die jeweiligen Lagen zu erkennen.
Messen, was mit Sonneneinstrahlung passiert
Um das Phänomen besser verstehen zu können, sammeln die Augsburger Forschenden zusätzlich mit den weiteren Sensoren Kennwerte für die Oberflächenenergiebilanz. Diese dokumentiert,
wie die Energie der Sonneneinstrahlung, die auf die Erde trifft, je nach Umgebung unterschiedlich aufgespalten wird. Auf einer Wiese werden rund 20 Prozent der Energie als Licht reflektiert. Dabei gilt, dass helle Oberflächen mehr Energie reflektieren als dunklere. Bei diesen nimmt
die Oberfläche mehr Energie auf, die dann als Wärmestrahlung mess- und fühlbar ist. Ein anderer Teil der Energie geht tiefer in den Boden und erwärmt diesen. Dieser Bodenwärmestrom sorgt in hohen Lagen für ein langsames Schmelzen des Permafrosts. Ein weiterer messbarer
Aspekt ist, dass durch die Sonneneinstrahlung Wasser verdunstet. Ebenso wird erfasst, inwiefern die Erdoberfläche durch Wärmeleitung Energie an die Luftschicht darüber abgibt. Die Bilanz all dieser Prozesse ist entscheidend für das Wetter und Klima einer Region. Wälder bleiben an einem Sommertag dank hoher Verdunstung so eher kühl, während in offenem Grasland oder Städten weniger Wasser verdunstet und wir die Hitze in der Ferne flimmernd aufsteigen sehen. „Wir nutzen ein Klimamodell, das ein räumliches Gesamtbild abbildet, wie sich die Temperatur in der Vergangenheit bis heute entwickelt hat. Mit unseren von den Stationen gemessenen Daten überprüfen wir das Modell und verbessern es, um so zu verstehen, ob es in höheren Lagen zu einer stärkeren Klimaerwärmung gekommen ist“, erklärt der Forscher. Das Modell skizziert das jeweilige Mikroklima in der Fläche engmaschig auf 100 Meter genau: Was ist spezifisch für bestimmte Standorte wie Waldgebiete, Gletscher, Almwiesen oder Täler? Veränderungen, die dort stattfinden, lassen sich mit den Erkenntnissen aus der Oberflächenbilanz in Verbindung bringen. Verändert sich die Vegetation, nimmt die Verdunstung zu und die Rückstrahlung der Energie nimmt bei einer dunkleren Oberfläche wie einem Wald ab. Mithilfe dieser Herangehensweise lassen sich die genauen Mechanismen erkennen und verstehen, die für die unterschiedlich schnelle Erwärmung in Gebirgsregionen verantwortlich sind.