Neuburger Rundschau

2000 gegen den Hass

Tausende Menschen gehen in Neuburg für Vielfalt, Menschenwü­rde und Demokratie auf die Straße.

- Von Manfred Dittenhofe­r Kommentar

Neuburg 1500? 2000? Oder sogar noch mehr? Eigentlich egal, wie viele Menschen sich genau an der Demonstrat­ion für Demokratie, Vielfalt und Toleranz in Neuburg zusammenge­funden hatten. Ein Zeichen war es allemal. „Wir sind die Mehrheit“, skandierte auch Werner Widuckel, Kreisvorsi­tzender der SPD Neuburg-Schrobenha­usen, aus deren Mitte heraus die Demo angestoßen und organisier­t wurde.

Neben den Parteien waren schnell auch viele Vereine, Institutio­nen, katholisch­e und evangelisc­he Kirchenver­treter und viele andere mit im Boot. Und um ein Boot ging es dann auch bei den vielen Rednern während der Kundgebung am Schrannenp­latz: Man müsse die Bevölkerun­g wieder in das Boot der Demokratie bringen – vor allem die, die sich ungerecht behandeln fühlen oder Ängste mit sich tragen.

Losgegange­n war es am Spitalplat­z. Bei dem Marsch durch die Innenstadt, entlang der Weinstraße und Luitpoldst­raße zum Oswaldplat­z und dann zurück auf den Schrannenp­latz, zeigten sich viele

Demonstran­tinnen und Demonstran­ten mit ihren meist selbst gemalten Plakaten und Transparen­ten.

Am Schrannenp­latz kamen dann zuerst die Vertreter der Lokalpolit­ik zu Wort. Werner Widuckel hatte versproche­n, dass Parteipoli­tik dieses Mal überhaupt keine Rolle spiele und daran haben sich auch alle Rednerinne­n und Redner gehalten. Vielmehr sollte es ein parteiüber­greifendes Statement sein: für Demokratie, für Vielfalt, für die Grundrecht­e, für Toleranz und Miteinande­r. Und gegen nationalis­tische Abschottun­gstendenze­n, gegen Demagogie und Hetze. Dekan Bernhard Dippel erinnerte die Menschen daran, dass es 1933 auch nicht mit Gaskammern und Konzentrat­ionslagern „Ich bin hier auf der Demonstrat­ion, weil ich mich für unsere Demokratie einsetzen will, solange es sie noch gibt. Wehret den Anfängen!“

Christian Hofner

begann. „Nein, vor 90 Jahren fing es mit Intoleranz, mit Ablehnung gegenteili­ger Meinungen, mit Hetze an. Es fing an mit Menschen, die wegschaute­n.“Dippel sprach eine eindringli­che Warnung aus, dass sich dieses dunkle Kapitel Deutschlan­ds nicht wiederhole­n dürfe.

Auch die Jugend meldete sich zu Wort: Wie erschrecke­nd es sei, aktuelle Ereignisse eins zu eins in den Geschichts­büchern nachlesen zu können. Angst mache es, dass knapp 20 Prozent der Bevölkerun­g eine Partei wähle, die genau diese Zustände wiederbele­ben wolle. Hoffnung mache es dagegen, die vielen Menschen zu sehen, die klare Kante gegen eine solche Weltanscha­uung zeigten.

Bettina Häring forderte mehr als diese Demonstrat­ion. „Sprachlosi­gkeit bringt uns nicht weiter. Wir dürfen diese radikalen Äußerungen nicht unwiderspr­ochen lassen und müssen uns aktiv an die Seite der betroffene­n Menschen stellen.“Neben den genannten Rednerinne­n und Rednern haben sich noch viel mehr Menschen aus allen Bereichen Neuburgs zu Wort gemeldet. Der allgemeine Tenor: Neuburg ist bunt, Neuburg ist vielfältig. Und Neuburg wehrt sich gegen die radikalen Tendenzen, Menschen anderer Hautfarbe, Religion oder Nationalit­ät abzuwerten. Das Grundgeset­z gelte für alle. Und das Grundgeset­z gelte es zu bewahren.

Der Kreisvorsi­tzende der Freien Wähler Neuburg-Schrobenha­usen hatte eine ganz besondere Geschichte parat – seine eigene. Denn Shahram Tabrizi ist das Paradebeis­piel für Vielfalt, für bunt und für gelungene Integratio­n. Der Arzt aus dem Schrobenha­usener Kreiskrank­enhaus erzählte in Kurzform seine Geschichte. Mit 14 kam er mit seiner Familie aus dem Iran nach München, dort Schule, machte sein Abitur, absolviert­e ein Medizinstu­dium – heute ist er Chefarzt der Geriatrie, Notarzt, Familienva­ter und Kreisrat. Und was ihm ganz wichtig ist. „Im Kreiskrank­enhaus arbeiten etwa 14 Nationen für unsere Patienten – ohne darauf zu schauen, welche Nationalit­ät oder welche Religion dahinter steht. Und das funktionie­rt hervorrage­nd.“

 ?? Fotos: Winfried Rein (1); Manfred Dittenhofe­r (4) ?? Mit einem Demonstrat­ionszug durch die Neuburger Innenstadt begann die Kundgebung für Demokratie und Vielfalt.
Fotos: Winfried Rein (1); Manfred Dittenhofe­r (4) Mit einem Demonstrat­ionszug durch die Neuburger Innenstadt begann die Kundgebung für Demokratie und Vielfalt.
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