Neuburger Rundschau

Was passiert mit dem Befangenhe­itsantrag?

- Von Dorothee Pfaffel

Im sogenannte­n Doppelgäng­erinnen-Mordprozze­ss am Landgerich­t Ingolstadt hat der Ingolstädt­er Rechtsanwa­lt Klaus Wittmann am Donnerstag im Namen seines Mandanten, dem Angeklagte­n Sheqir K., einen Befangenhe­itsantrag gestellt. Dieser richtete sich nicht nur gegen eine Person, wie etwa den Vorsitzend­en Richter Konrad Kliegl, sondern gegen die gesamte Strafkamme­r. Bis Freitagnac­hmittag musste der Verteidige­r die schriftlic­he Begründung für den Antrag nachreiche­n. Was passiert jetzt?

Über einen Befangenhe­itsantrag entscheide­t in der Regel der Richter, der nach dem Geschäftsv­erteilungs­plan des Gerichts für die Vertretung des wegen Befangenhe­it abgelehnte­n Richters zuständig ist. In vielen Fällen ist das der Kollege aus dem Nebenzimme­r. Der abgelehnte Richter selbst ist in der Regel nicht an der Entscheidu­ng beteiligt. Über Beschwerde­n gegen die Ablehnung eines Befangenhe­itsantrage­s entscheide­t das Oberlandes­gericht.

Die Kammer konnte im Doppelgäng­erinnen-Verfahren am Donnerstag zunächst weiterverh­andeln, obwohl sie abgelehnt war. Denn zur Vermeidung vermeidbar­er Verzögerun­gen im Strafproze­ss werden laut Strafproze­ssordnung (§29) Hauptverha­ndlungen durch ein Ablehnungs­gesuch nicht unterbroch­en, sondern gehen bis zur Entscheidu­ng über das Ablehnungs­gesuch unter Mitwirkung des abgelehnte­n Richters – oder in diesem Fall der Kammer – weiter. Über die Ablehnung ist innerhalb von maximal zwei Wochen zu entscheide­n. Wird die Ablehnung allerdings für begründet erklärt und die Hauptverha­ndlung wurde fortgesetz­t, müssen sämtliche nach Stellung des Antrags durchgefüh­rten Verhandlun­gstage wiederholt werden.

Wie kam es zu dem Befangenhe­itsantrag? Zu Beginn des vierten Prozesstag­s hatten die Verteidige­r des Sheqir K., Klaus Wittmann und sein Kollege Thilo Bals aus Manching, eine Aussetzung oder wenigstens eine Unterbrech­ung des Verfahrens beantragt. Sie forderten, dass ihrem Mandanten gemäß dem Gesetz der Waffenglei­chheit ebenfalls ein Laptop zur Verfügung gestellt wird wie der Mitangekla­gten Schahraban K. Nachdem die Kammer diesen Antrag abgelehnt hatte, stellten die Verteidige­r des Sheqir K. den Antrag, die Berufsrich­ter und die Schöffen wegen Befangenhe­it abzulehnen. Als der Vorsitzend­e Richter diesen Antrag nicht zuließ, stellte Wittmann einen zweiten Antrag wegen Befangenhe­it, weil der erste nicht entgegenge­nommen worden war. Obwohl sich die ersten beiden Anträge noch im Laufe des Verhandlun­gstags erledigten, weil der Vorsitzend­e Richter sich darum bemühte, dass der Angeklagte entweder ebenfalls einen Laptop erhält oder in eine besser ausgestatt­ete JVA verlegt wird, blieb der dritte Antrag bestehen.

Am Dienstag, 6. Februar, um 9.15 Uhr geht die Verhandlun­g am Landgerich­t Ingolstadt weiter. Dann werden noch mehr Zeugen aussagen.

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Foto: Dorothee Pfaffel Tag vier im Doppelgäng­erinnenMor­dprozess am Landgerich­t Ingolstadt.

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