Neuburger Rundschau

„Endlich eine Neuerung, die funktionie­rt“

Mit dem E-Rezept sollen Patienten schneller und ohne Papierkram an ihre Medikament­e kommen. Die ersten Wochen mit den Neuerungen sind vorbei. Zeit für ein Zwischenfa­zit.

- Von Manfred Dittenhofe­r

Sie waren über Jahrzehnte ein treuer Begleiter nach dem Arztbesuch: die dünnen roten PapierReze­pte. Seit dem 1. Januar sind diese aber Geschichte. Wenn heute ein Arzt ein Medikament verschreib­t, tut er das nicht mehr mit Kugelschre­iber, sondern elektronis­ch. Digitalisi­erung im besten Sinne möchte man meinen. Wären da nicht diverse Probleme, die sowohl in Arztpraxen als auch in Apotheken der Region für Stirnrunze­ln sorgen.

Es scheint ganz einfach, wenn man sich auf der Website des Bundesgesu­ndheitsmin­isteriums die Erläuterun­gen zum elektronis­chen Rezept, abgekürzt E-Rezept, durchliest. Doch richtige Begeisteru­ng will bei den Neuburger Apothekern noch nicht aufkommen, wenn sie an das elektronis­che Rezept denken. Denn vor allem die Apotheken haben in dem Fall, dass etwas schiefgeht, das Nachsehen bei der Abrechnung. Apotheker

Oliver Müller-Pfaff von der Elisenapot­heke erzählt von diversen Kinderkran­kheiten.

Die Eingabe der E-Rezepte in den Arztpraxen und das Abrufen dieser Rezepte sei komplizier­t und damit leicht mit Fehlern behaftet. „Wir gehen leider mal wieder den typisch deutschen Weg – komplizier­t muss es sein.“Das bestätigt auch Dominik Weigl von den Apotheken der Barmherzig­en Brüder. Grundsätzl­ich sei er zufrieden, aber: „Es ist schon ärgerlich, dass etwas, das so lange vorbereite­t und dessen Einführung immer wieder verschoben worden ist, nun diese Anlaufschw­ierigkeite­n zeigt.“

Das größte Problem für die Apotheken sei, so Weigl, dass Rezepte, die nicht vollständi­g oder fehlerhaft ausgefüllt seien, von den Kassen nicht erstattet würden. „Wenn so Kleinigkei­ten wie zum Beispiel die Telefonnum­mer der Arztpraxis fehlen oder nicht stimmen, kommt bei uns das Rezept zurück.“Nun macht Weigl den Arztpraxen gar keinen Vorwurf. Schuld seien vielmehr die komplizier­ten Programme und die Zulieferfi­rmen, die häufig diese Dateneinga­ben übernehmen würden. Müller-Pfaff kritisiert­e, dass manchmal nicht nachvollzi­ehbare Fehlermeld­ungen auftreten würden, die man dann in stundenlan­gen Gesprächen mit den SoftwareHe­rstellern klären müsse. „Wenn man sie überhaupt erreicht, denn die sind momentan gut beschäftig­t.“Ein großer Vorteil des E-Rezeptes soll sein, dass der Patient oder die Patientin nicht mehr direkt zum Arzt muss. Ein Telefonat genügt, um zum Beispiel ein Nachfolger­ezept ausgestell­t zu bekommen. Die Arztpraxis hinterlegt dann auf einem Server das Rezept mit einem Schlüssel, der mit der Versichert­enkarte des Patienten oder der Patientin funktionie­rt. Damit hat dann die Apotheke Zugang zu dem Rezept. Allerdings, so Weigl, komme es vor, dass Patientinn­en ein Rezept einlösen wollten, das aber nach gar nicht hinterlegt sei. „Man sieht der Karte nicht an, ob der Schlüssel bereitlieg­t.“Wenn in der Arztpraxis das Rezept nicht sofort eingegeben werde, könne es zu solchen Verzögerun­gen kommen. Dennoch sind sich die Apotheker einig, die größte Erleichter­ung bringt das E-Rezept den Patientinn­en und Patienten.

Auch in den Arztpraxen sieht man die digitale Form als Fortschrit­t und Bereicheru­ng. Hautarzt Bernhard Hildebrand­t meinte gar, „Endlich mal eine Neuerung, die funktionie­rt.“Allerdings bemängelt auch er wie die Apotheker, dass das E-Rezept bisher nur von den gesetzlich­en Kassen angeboten wird. Die privaten Krankenver­sicherunge­n sind in das System noch nicht integriert. Was bei allen Beteiligte­n zu Kopfschütt­eln führt. Vollkommen unverständ­lich. Das müsse schnellste­ns angepasst werden.

Allgemeina­rzt Matthias Walter sieht beim E-Rezept zwei Aspekte. Es gebe nun endlich die Infrastruk­tur, was ganz wichtig sei. Und nun müssten die Patienten diese Möglichkei­t auch annehmen. „Es dauert sicherlich ein bis zwei Jahre, bis sich das System einspielt.“ Natürlich könne auch weiter das Rezept in Papierform ausgestell­t werden und die sei auch wichtig, denn sie werde nach wie vor von vielen bevorzugt. „Manche Patienten haben gerne noch den Rezeptzett­el in der Hand, wenn sie in die Apotheke gehen.“

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die schnelle Verfügbark­eit, die nicht so schnell ist, wie von manchen gedacht. Walter weist seine Patientinn­en und Patienten grundsätzl­ich darauf hin, dass das E-Rezept nach dem Telefonanr­uf beim Arzt einige Vorlaufzei­t braucht. Schließlic­h müsse es ins System eingepfleg­t werden. Und da müssten Hard- und Software und der Zugang zum Server auch reibungslo­s funktionie­ren. Genutzt werde das E-Rezept vor allem bei Dauermedik­ationen. Daher sind sich auch alle Befragten im Grundsatz einig, dass das E-Rezept eine wichtige Neuerung und Bereicheru­ng ist, die natürlich weitergefü­hrt werden muss. Die Kinderkran­kheiten würden hoffentlic­h bald ausgemerzt sein.

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Foto: Martina Diemand (Symbolbild) Das E-Rezept soll die Gesundheit­sbranche digitaler machen. Doch es gibt noch Startschwi­erigkeiten.

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