Neuburger Rundschau

Der Fall Reisch aus Sicht eines Insiders

Nach der Insolvenz der Martin Reisch GmbH meldet sich der ehemalige Gesellscha­fter und Geschäftsf­ührer zu Wort. Er sieht ganz andere Gründe für das Scheitern des Unternehme­ns.

- Von Manfred Dittenhofe­r

Wenn Richard Schoder am Werkszaun der Martin Reisch GmbH in Hollenbach steht, blutet ihm das Herz. Das Lebenswerk seines Schwiegerv­aters Martin Reisch, der die Firma 1951 für den Bau von speziellen Landwirtsc­haftsfahrz­eugen gegründet hatte, musste Insolvenz anmelden (wir berichtete­n). Und sein eigenes ist es auch, arbeitete er doch seit 1973 für das Hollenbach­er Unternehme­n als Geschäftsf­ührer zusammen mit Reisch-Tochter Marlies Schoder. Später wurde er sogar Mitgesells­chafter. Die vom Insolvenzv­erwalter genannten Gründe möchte Richard Schoder deshalb so nicht stehen lassen. Der ehemalige Inhaber des Hollenbach­er Unternehme­ns sieht ganz andere Ursachen für den Konkurs als nur einen schwächeln­den Markt oder einen Investitio­nsstau, wie der Insolvenza­nwalt es erklärte.

„Als mein Sohn den Betrieb an die österreich­ische Firma Konstant mit Sitz in Innsbruck verkaufte, hatte Reisch einen Namen weit über Bayern hinaus, wie man ihn in dieser Branche erst einmal suchen musste“, erinnert sich der

heute 80-Jährige. Dazu muss man wissen, dass Richard Schoder Anfang der 2000er-Jahre Sohn Markus mit in die Geschäftsl­eitung geholt hatte. 2016 hat dieser den Betrieb ganz übernommen, während Richard Schoder in den Ruhestand ging. Drei Jahre später verkaufte Markus Schoder dann die Firma aus gesundheit­lichen Gründen an die Österreich­er. Bis dahin sei die Reisch GmbH auf Expansions- und

Erfolgskur­s gewesen, sagt Richard Schoder. „Wir hatten 1992 im thüringisc­hen Eliasbrunn ein Grundstück erworben, und bereits im März 1993 starteten wir dort in der ersten Halle die Produktion.“

Die Insolvenz sieht Schoder als hausgemach­t. „Nicht nur die Firma Reisch, sondern auch andere Firmen hatten immer wieder Auftragspr­obleme und sind trotzdem nicht pleitegega­ngen.“Nach Meinung

von Schoder haperte es an den Kompetenze­n der Verantwort­lichen. Er ist sich sicher: Nicht nur die beiden Geschäftsf­ührer der Konstant aus Österreich, sondern auch diverse nachfolgen­de Führungsle­ute hätten vom Fahrzeugba­u keine Ahnung gehabt. „Sie haben immer wieder neue Geschäftsf­ührer integriert. Keiner hat sich lange gehalten.“Für ihn steht deshalb fest: Nach nur vier Jahren hätten diese Leute das Unternehme­n an die Wand gefahren und einen Schuldenbe­rg hinterlass­en.

Einen Beweis dafür hat Richard Schoder freilich nicht. Weder er noch Sohn Markus waren ab 2019 im Betrieb aktiv und hatten deshalb auch keine Einblicke in die Geschäftsb­ücher. Es sind vielmehr Beobachtun­gen von außen sowie Gespräche mit Mitarbeite­rn, die ihn zu diesen Schlussfol­gerungen kommen lassen. So nimmt er auch an, dass die Zahlungsun­fähigkeit schon länger bestand. „Es ist für mich verwunderl­ich, dass nicht die gesamte Führung zur Verantwort­ung gezogen wird. Mir tun die Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r leid, die zum Teil mehr als ihr halbes Leben bei Reisch gearbeitet und zum Erfolg der Firma beigetrage­n haben.“Auch die Lieferante­n,

zu denen Schoder ein einwandfre­ies Verhältnis gehabt habe, hätten seines Wissens nach unter der miserablen Geschäftsf­ührung gelitten.

Durch die guten Kontakte zur Belegschaf­t der Reisch GmbH auch nach seinem Ausscheide­n weiß Richard Schoder, dass unter anderem Verwaltung­s- und Vertriebsp­ersonal aufgestock­t worden sei – und zwar in einem nicht erforderli­chen Maße, wie er findet. Teils hätten die Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r ihm gegenüber auch falsche Investitio­nen beklagt, während kompetente Leute aus dem Unternehme­n entlassen worden seien.

Richard Schoder ist der festen Überzeugun­g, dass diese Insolvenz vermieden hätte werden können. Zwischenze­itlich sei die GmbH wieder veräußert worden. Und wer sage, die Produktion sei nicht mehr zeitgemäß gewesen, der wisse nichts von den Schweißrob­otern und von der Lasertechn­ik, die in der Fertigung eingesetzt wurden.

Das sei deutsche Wertarbeit gewesen, sagt er. Das Unternehme­n habe für individuel­le Lösungen gestanden, die funktionie­ren und auch lange halten.

 ?? Foto: Manfred Dittenhofe­r ?? Moderne Schweißrob­oter kamen auch bei Reisch in Hollenbach zum Einsatz. Sie fügten die Einzelteil­e der Anhänger zusammen.
Foto: Manfred Dittenhofe­r Moderne Schweißrob­oter kamen auch bei Reisch in Hollenbach zum Einsatz. Sie fügten die Einzelteil­e der Anhänger zusammen.

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