Er führte ein Gut mitten in Neuburg
Früher „ernährte“die Landwirtschaft das Neuburger Studienseminar. Josef Alt führte das Gut und ist seit 60 Jahren dabei. Campus-Studierende mieten sich im Seminar ein.
Er hat Schweine gezüchtet und ist mit den Seminaristen zum Kartoffelklauben gefahren – in der Landwirtschaft des Neuburger Studienseminars war Josef Alt eine Institution. Der Gutsbetrieb ist längst aufgelöst, aber der Landwirtschaftsmeister arbeitet im Archiv weiter. Seit 60 Jahren ist er beim Seminar.
Für diese „herausragende Betriebstreue“ehrten ihn die Vorstände Anton Haberer und Alfred Hornung jetzt vor den versammelten Mitarbeitern. Der 84-jährige Josef Alt stehe für die Vergangenheit des Studienseminars und sei gleichzeitig den Weg in die Zukunft mitgegangen.
Als der junge Agrarfachmann im Januar 1964 in Neuburg anfing, bewirtschaftete das Seminar 80 Hektar Felder, hielt Schweine im Stall am Wirdeiereck und fütterte 25 Kühe, die Milch für die Neuburger Molkerei lieferten. Im Internat lernten über 200 Schüler auf das Abitur hin. In der Erntezeit mussten etliche von ihnen als Helfer ausrücken, darunter auch Oberbürgermeister Bernhard Gmehling. Der frühere Zögling erinnert sich heute sehr wohlwollend an seine Zeit im Studienseminar.
Mit der Ernte klappte es dann nicht mehr so gut. Etliche Eltern beschwerten sich, dass ihre Söhne
zur Feldarbeit mussten. Auch beim Zuckerrübenanbau – der nach Betriebsstart der Zuckerfabrik Rain 1957 attraktiv geworden war – habe man die Gymnasiasten dann nicht mehr eingesetzt. „Die haben statt dem Unkraut die Rübenpflanzen weggehackt“, erinnert sich Josef Alt. Das Grünfutter für das Vieh holte er noch vor dem Frühstückskaffee. Langsam kamen die Erntemaschinen auf, der Seminardirektor genehmigte einen eigenen Mähdrescher.
Nach Gut Rohrenfeld war man der zweitgrößte Betrieb im Raum Neuburg. Der Leiter der Landwirtschaft begleitete auch die Aussiedlung der Landwirtschaft an den Sehensander Weg. Die Gebäude an der Donauwörther Straße machten Platz für den Bau einer Fachakademie für kirchliche Gemeindereferenten. Sie ist nach 25 Jahren wieder aufgelöst worden.
Josef Alt aus Leutenbach im Kreis Forchheim hat diverse Landwirtschaftsschulen
besucht, im Klostergut St. Ottilien (Kreis Landsberg) gelernt und im Kloster der Englischen Fräulein in München-Berg am Laim sein Wissen erweitert, bis er vor 60 Jahren nach Neuburg kam. Als junger Betriebsleiter war er sozusagen ins kalte Wasser geworfen worden. Im Laufe der Zeit bildete er 21 Auszubildende und Praktikanten aus, modernisierte die Landwirtschaft und sorgte für Einnahmen. Von Albin Senft bis Michael Lechner erlebte er fünf Seminardirektoren. Heute führen das Kuratorium und zwei Vorstände den Stiftungsbetrieb. Die 80 Hektar Acker und Wiesen sind an befreundete Landwirte verpachtet.
„Ich habe noch die große Forsthofwiese gemäht“, erinnert sich Josef Alt an das alte Jesuitengut im Wald bei Gietlhausen. Der Zerfall des denkmalgeschützten Hofes schritt voran und Ende der 60erJahre entschied sich das Studienseminar mit Genehmigung aus München für den Abriss.
Nach seiner Pensionierung brachte Josef Alt das Archiv des Seminars auf Vordermann. Nachgefragte Dokumente und Aufnahmen hat er heute griffbereit. Neben dem Hausarchiv finden sich im Staatsarchiv München 14 Regalmeter Material zur über 400-jährigen Geschichte des Neuburger Studienseminars. „Mit Bildung und Förderung der Jugend ist der Stiftungszweck gleich geblieben“, sagt Vorstand
Anton Haberer. „Aber die Aufgabe ist komplexer geworden.“
Das Seminar hat seine Baudenkmäler mit einem zweistelligen Millionenbetrag saniert und neue Nutzungen ermöglicht. Es betreibt einen Kinderhort, Hausaufgabenbetreuung, Mensa, ist am Waldkindergarten beteiligt, hat acht Grundschulklassen der Franziskusschule in ihren Räumen und drei Gebäudetrakte an den Landkreis für das Descartes-Gymnasium verpachtet. Als Vermieter bietet das Seminar in seinem Balde-Haus in München 96 Studierenden dringend benötigten Wohnraum. Für die 43 Zimmer in der früheren Akademie an der Donauwörther Straße fragen zunehmend Studenten des Campus Neuburg nach. 15 Studierende wohnen bereits dort, und die Nachfragen lassen nicht nach.