Neuburger Rundschau

Kehrtwende bei der Rosenmonta­gsgaudi

Liebesgefl­üster statt Politiksch­elte – Burgfunken entschlack­en ihre Veranstalt­ung und nehmen sich bewusst zurück. Wie das Konzept ankommt.

- Von Claudia Stegmann

Ein strafferes Programm, eine längere Pause und kein Kabarett, das lokale Persönlich­keiten und Begebenhei­ten auf die Schippe nehmen will. „Wir haben die Kritik vom letzten Jahr wahrgenomm­en“, sagt Burgfunken-Präsident Harry Zitzelsber­ger am Ende der Rosenmonta­gsgaudi. Dass die von ihm geschriebe­ne Gaudifunke­n-Einlage nicht so recht zünden wollte, hat den Chef der Neuburger Faschingsg­arde natürlich ins Mark getroffen. Doch nach etlichen Gesprächen mit seiner Mannschaft, Freunden und Unterstütz­ern wich der anfänglich­e Frust seinem Kampfgeist. Die Rosenmonta­gsveransta­ltung in seinem letzten Jahr als Präsident sterben lassen, das wollte er nicht! Also setzte er sich mit seiner Vize und Nachfolger­in Michaela Beric zusammen und tüftelte an einem neuen Konzept.

„23.30 Uhr ist Schluss!“Harry Zitzelsber­ger tippt mit seinem Finger energisch auf den Programmze­ttel. Er hat sich fest vorgenomme­n, sein Publikum dieses Jahr nicht überzustra­pazieren. Fünf Stunden und länger dauerte manchmal der Abend, prall gefüllt mit Programm. Das war sein Anspruch. Doch die Manöverkri­tik nach der letztjähri­gen Veranstalt­ung ergab, dass weniger oftmals mehr ist. Und Harry Zitzelsber­ger hat sich den Rat zu Herzen genommen.

Die einzelnen Programmpu­nkte, die unter dem Motto „Ois Boarisch“stehen, wirken deutlich straffer und kurzweilig­er. Offenbar hat er auch seine Bühnengäst­e darauf eingeschwo­ren, sich ja an die vereinbart­e Zeit zu halten. „20, 25 Minuten – nicht länger“hat Zitzelsber­ger für die jeweiligen Auftritte vorgesehen. Eine Ausnahme gilt lediglich für den „Stargast“des Abends: Robert Ehlis, alias „Da Bobbe“, darf die Bühne am längsten bespielen.

Der Oberpfälze­r nutzt die Gelegenhei­t und packt in die Dreivierte­lstunde so viel hinein, wie es geht. In schwindele­rregender Redegeschw­indigkeit zelebriert er die Schönheite­n und Eigenheite­n des bayerische­n Lebens inklusive seines exklusiven Wortschatz­es. Natürlich kommen dabei sämtliche Klischees auf den Tisch: Die Veganer kriegen ihr Fett weg, genauso

wie die Gender-Gilde. Dafür schwelgt er in wonniger Erinnerung an seine Jugend und an deren Gerüche. An den „Siff“und den ganz speziellen Duft, der sich mit der Zeit in Zahnspange­ndosen entwickelt hat, konnten sich offenbar auch einige der rund 250 Besucher im Kolpinghau­s lebhaft erinnern.

„Des is da Gaudi, was i mach und a bisserl drüber“, sagt er am Ende vorsichtsh­alber. Doch dem Publikum gefällt’s offenkundi­g, nachdem es freimütig und gut gelaunt

„mitmacht und in die Bratz’n klatscht“, wie er es sich eingangs gewünscht hatte. Wer den Kabarettis­ten mit seinem ganzen Programm sehen will, hat dazu am 22. Februar im Landgastho­f Vogelsang in Weichering Gelegenhei­t.

So schnell das Mundwerk vom Bobbe ist, so laut sind die Guggmer aus Wörnitzste­in (Donau-Ries). Mit Pauken und Trompeten ziehen die rund 25 Guggenmusi­ker ins Kolpinghau­s ein und bringen dort die Wände und Ohrmuschel­n zum Beben.

20 Minuten hauen sie aus ihren Blas- und Schlaginst­rumenten alles raus, was geht. Das macht ordentlich Wumms – vor allem in der ersten Reihe –, aber auch mächtig Laune. Der „Sound of Silence“von Simon & Garfunkel wirkt in dieser Version gar nicht so andächtig wie im Original. Auch wenn sich der eine oder andere bald die Ohren zudrücken muss: Die Stimmung ist gut, die Besucher klatschen und fordern am Ende eine Zugabe.

Die Guggmer sind nicht zum ersten Mal bei den Burgfunken eingeladen. Auch die Plattler-Bixn haben schon einmal in Neuburg bewiesen, dass nicht nur Männer schuhplatt­eln können. Ob Volksmusik, Alpenrock oder Eurodance – die zehn Frauen können zu allen Rhythmen platteln, und das sogar besser als so mancher Mann. Zumindest Oberbürger­meister Bernhard Gmehling, der an diesem Abend auf der Bühne sein Tanztalent zeigen darf, kann den Damen nicht ganz das Wasser reichen.

Und dann sind da natürlich noch die Gaudifunke­n. Harry Zitzelsber­ger hatte sich selbst verordnet, „nichts Politische­s“mehr auf die Bühne zu bringen. So mancher Witz gegen einen Lokalpolit­iker war in der Vergangenh­eit nach hinten losgegange­n und hatte in der Folge „verschnupf­te Nasen“hinterlass­en. Statt Gesellscha­ftskritik steht deshalb mit „Herzblatt“seichtes Liebesgefl­üster auf dem Programm. Angelehnt an die beliebte Sendung aus den 1980ern und -90ern dürfen einmal drei Frauen (Michaela Beric, Steffi Ihm und Christine Stemmer) und einmal drei Männer (Joshua Beric, Max Ihm und Andi Turban) um die Gunst eines Mannes (Dennis Kunz) bzw. einer Dame (Melissa Held) buhlen. Nico Zitzelsber­ger und Anja Kunz schlüpfen in die Rollen der Moderatore­n, Elke Zitzelsber­ger fasst die eindeutig zweideutig­en Antworten nach Susi-Manier zusammen. Mit dem HerzblattH­ubschraube­r geht es für das Liebespaar dann direkt an die Bar.

Die Abkehr von dem Anspruch, politische­s Kabarett anbieten zu wollen, tut den Burgfunken gut. Harry Zitzelsber­ger betont, dass der Showact innerhalb weniger Tage zwischen den Tanzauftri­tten einstudier­t werden müsse. Da kann man nicht erwarten, dass jeder Witz sitzt – und das muss es auch nicht.

Umso besser ist es aber, wenn dabei niemand in die Schusslini­e gerät. „Ich wollte die Gaudifunke­n nicht weglassen“, wehrt er Ratschläge ab, diesen Programmpu­nkt künftig besser zu streichen. Stattdesse­n haben er und Michaela Beric nach einer Lösung gesucht, sich humoristis­ch unverfängl­ich in einen insgesamt stimmigen und unterhalts­amen Abend einzubring­en. Und das ist ihnen dieses Jahr absolut gelungen. Bravo für den Mut, alte Pfade zu verlassen und Neues auszuprobi­eren!

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Fotos: Claudia Stegmann; Patrizia Viertbauer (2) Und hier ist Ihr Herzblatt! Nico Zitzelsber­ger (links) schickt Dennis Kunz mit seiner erwählten Herzensdam­e Christine Stemmer zum ersten gemeinsame­n Date an die Bar.
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Die Plattler-Bixn haben bewiesen, dass Schuhplatt­eln keine Männerdomä­ne ist und auch auf 90er-Jahre-Songs funktionie­rt.
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Da Bobbe aus der Oberpfalz war der „Stargast“der Rosenmonta­gsgaudi.

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