Was zählt, ist nicht auf dem Platz
Bayern-Trainer Tuchel eröffnet mit seinem „xG-Wert“völlig neue argumentative Auswege.
Wer erklären soll, was nicht zu erklären ist, muss auf argumentative Nebenstrecken ausweichen. Nehmen wir Thomas Tuchel. Der muss derzeit dauernd Niederlagen des unschlagbaren FC Bayern erklären. Neulich zum Beispiel: Lazio Rom gewinnt 1:0 gegen die Münchner. Doch Tuchel will das so nicht stehen lassen: „Ich weiß nicht, ob Lazio gewonnen hat.“Oder nun am Wochenende: Der VfL Bochum – in Worten: VfL Bochum – schlägt die Bayern mit 3:2. Aber das ist nebensächlich. Für den Trainer zählt vor allem: der starke xG-Wert seiner Truppe. Nun werden Sie zu Recht fragen: der was?! Also kurz zur Erklärung: xG steht für „expected Goals“, vereinfacht gesagt, die Anzahl der Tore, die ein Team angesichts von Leistung und Spielverlauf normalerweise hätte erzielen müssen. Das waren in Bochum 3,6 Tore. Auswärtssieg also. Eigentlich.
Diese Tuchel-Taktik eröffnet ungeahnte Möglichkeiten. Wer etwa erklären soll, warum die Spülmaschine schon wieder nicht ausgeräumt ist, kann künftig sagen: Vom xG-Wert her war die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ich das gestern Abend noch erledigt haben könnte.
Oder nehmen wir Hubert Aiwanger. Wenn der mal wieder eine Erklärung braucht, warum er lieber irgendwo gegen irgendwas demonstriert, anstatt Bayerns Wirtschaft in Gang zu bringen, kann er in TuchelManier kontern: Schauen Sie einmal auf meinen xG-Wert, dann sehen Sie sofort, dass die Möglichkeit, dass ich für etwas dagegen bin und demnächst mal wieder im Büro auftauche, auf hohem Niveau vorhanden gewesen wäre. Und sollte er die nächste Wahl verlieren, heißt das noch lange nicht, dass die anderen gewonnen haben. Ob Tuchels Taktik dauerhaft aufgeht? Lesen Sie dazu und den