Beim Fasching hat es gefunkt
Seit 60 Jahren sind Erika und Leonhard Seitle aus Kleinhohenried verheiratet. Welche Rolle eine damalige Kult-Band bei ihrem Kennenlernen spielte und worauf das Paar sehnsüchtig wartet.
Es war Fasching im Jahr 1963, als Leonhard und Erika Seitle sich erstmals begegneten. Nun, 60 Jahre später, feiern die beiden Kleinhohenrieder ihre Diamantene Hochzeit im Kreis der großen Familie. Beide stammen aus kinderreichen Familien und haben selbst fünf Kinder, von denen das zweite, ein Sohn, im Säuglingsalter am plötzlichen Kindstod starb. Drei Töchter und Sohn Leonhard, der den elterlichen Hof übernommen hat, bescherten ihnen sieben Enkelkinder im Alter zwischen sieben und 30 Jahren. Auf ein Urenkelkind warten die Jubilare allerdings noch. „Aber ein Enkel ist schon verheiratet“, sagt der 81-Jährige hoffnungsfroh.
Kennengelernt haben sich der gebürtige Kleinhohenrieder und die damals 17-jährige Klingsmooserin in Pöttmes, im Gasthof zur Post. Er stand als Bassist der Blauen Jungs auf der Bühne und sie war extra der Kult-Band aus dem Donaumoos wegen dorthin gegangen. „Ich war neugierig, die Buam musste ich mir mal anschauen“, erzählt sie lachend. Den Abend verbrachte sie mit einem Bekannten an der Bar sitzend, wo sie dem passionierten Musiker sofort auffiel. „Schöne Mädchen haben mir schon immer gefallen“, verrät er augenzwinkernd. Er erkundigte sich nach ihr und ein Schulkamerad wusste so ungefähr, wo sie wohnte. Also fuhr er mit Vaters Auto durch Klingsmoos spazieren, bis er ihr zufällig begegnete und sie einlud, mit ihm auszugehen. „Ich hab‘ mir gedacht, den kann ich ja mal ausprobieren“, erzählt die heute 78-Jährige lachend, aber leicht gemacht habe sie es ihm nicht. „Er hat schon laufen müssen.“
Knapp ein Jahr später, am 20. Februar 1964, wurden die beiden von Bürgermeister Michael Herb standesamtlich in Klingsmoos getraut, die kirchliche Trauung folgte am 22. September 1964 in Augsburg. „Wir haben katholisch geheiratet und meine Mutter sagte, sie würde keine katholische Kirche betreten“, erklärt Erika Seitle die ungewöhnliche Ortswahl. In Augsburg war ihre Mutter dabei, „denn
da kannte sie ja keiner“. Die SeitleKinder wurden katholisch getauft. Denn Mutter Erika erinnerte sich noch gut an das Gefühl, ausgegrenzt zu sein, wenn sie und ein weiteres evangelisches Kind zum Religionsunterricht ihre Schulklasse
in Klingsmoos verlassen mussten.
Leicht hatte es die damals erst 18-Jährige nicht, als sie auf den Hof nach Kleinhohenried heiratete. Ihr Mann was der Älteste von neun Kindern, das jüngste erst sechs Jahre alt. „Unsere Gabi ist praktisch gemeinsam mit Onkeln und Tanten aufgewachsen“, erzählt die Jubilarin. Eigentlich hatte das junge Paar eine eigene Hofstelle bauen wollen und zwölf Hektar von seinem Vater überschrieben bekommen. Doch dann starb der Senior ein halbes Jahr später, sodass Leonhard und Erika Seitle den ganzen Hof übernahmen. Dort, wo sie damals neu bauen wollten, steht heute übrigens der Rosinger Hof.
„Verständnis für den anderen haben“, nennt sie als Rezept für eine lange glückliche Ehe. Das brauchte sie auch – für seine Musik und die Landwirtschaft samt Lohnunternehmen. Mit der Gastwirtschaft war sie oft allein, aber mit Leib und Seele Wirtin. Bis es ihr zu viel wurde und die Wirtschaft zunächst verpachtet, dann ganz aufgegeben wurde.
Beiden ist wichtig, einerseits dem anderen Freiraum zu lassen – ihm für die Musik und ihr für Treffen und Kartenspielen mit Freundinnen, andererseits gemeinsam etwas zu unternehmen, beispielsweise auf Reisen zu gehen.