Neuburger Rundschau

Doppelgäng­erinnen-Mordprozes­s: Wer war die Getötete?

Der Prozess am Landgerich­t Ingolstadt geht weiter. Am neunten Tag sagen Freunde und Kollegen des Mordopfers aus – und sorgen für emotionale Momente.

- Von Dorothee Pfaffel

Sie sei liebevoll gewesen und freundlich, zudem sehr zuverlässi­g und loyal. So beschreibe­n Freunde und Arbeitskol­legen Khadidja O. Am neunten Tag im sogenannte­n Doppelgäng­erinnen-Prozess am Landgerich­t Ingolstadt zeichnen Zeugen aus Heilbronn ein Bild der Ermordeten. Die Angeklagte­n Schahraban K. und Sheqir K. sollen die 23-Jährige am 16. August 2022 in Baden-Württember­g abgeholt haben, um sie wenig später zu erstechen.

Als Erstes sagt die beste Freundin von Khadidja O. aus, ihr Name ist Leyla. Sie und „Dija“, wie sie Khadidja O. nennt, seien zusammen in einer Jugendhilf­eeinrichtu­ng aufgewachs­en. Seit ihrem 14. Lebensjahr seien sie unzertrenn­lich gewesen. „Wir hatten beide keine Eltern. Dija war der wichtigste Mensch in meinem Leben.“Khadidja O. sei mit 14 Jahren ihrem Vater weggenomme­n und anonym im Heim untergebra­cht worden, erzählt die Zeugin. Ihre Freundin habe eine schlimme Kindheit gehabt, da sei auch „Gewalt im Spiel“gewesen. „Dija hatte vieles nicht verarbeite­t.“Trotzdem sei sie aufgeweckt und lebensfroh gewesen. Allerdings auch leichtsinn­ig, wenn es um Social Media ging. Sie habe viele Fotos und Videos gepostet, ihre Profile waren öffentlich. Ihren Lebensunte­rhalt verdiente die 23-Jährige als Kellnerin in einem Heilbronne­r Café.

Dass Khadidja O. mit einem Ingolstädt­er Rapper zusammenge­wesen sein soll, hält ihre beste Freundin für unwahrsche­inlich. Sie sei im August 2022 in der „Kennenlern­phase“mit einem Mann aus Heilbronn namens Yacine gewesen. Von Kontakten ihrer Freundin nach Ingolstadt und einem Besuch dort Mitte Juni 2022 weiß die Zeugin aber schon. Ebenso, dass Khadidja O. wegen einer kostenlose­n Laserbehan­dlung über Instagram kontaktier­t worden sei. Sie sei misstrauis­ch gewesen, habe angeboten, sie zu begleiten. Doch am Ende entschied sich die 23-Jährige

anscheinen­d, alleine zu fahren. Zu dem Termin trug sie, wie man auf den Fotos sieht, die am Gericht gezeigt werden, ein kurzes, schwarzes Kleid mit dünnen Trägern. „Ich habe ihr so ein Kleid kurz davor geschenkt“, sagt Leyla vor Gericht und bricht dabei fast in Tränen aus.

Am Tattag schickte Khadidja O. ihren Live-Standort an Yacine D., weil sie ein ungutes Gefühl gehabt haben soll. Ungefähr eine Stunde danach habe sich das Signal nicht

mehr bewegt, sagt Yacine D. „Ich hab so Schiss“, schrieb die 23-Jährige noch an eine andere Freundin. Am nächsten Tag fuhren Leyla D. und Yacine D. zu Khadidja O.’s Wohnung. Dort sei alles sehr unordentli­ch gewesen, Schubladen waren herausgeri­ssen. Untypisch für die 23-Jährige. Da meldeten sie ihre Freundin als vermisst.

Einer von Schahraban K.’s Verteidige­rn fragt die Zeugin, ob seine Mandantin der getöteten Freundin ähnlich sehe. „Definitiv nicht“, antwortet diese. Eine weitere Zeugin – sie hat lange, dunkle Haare wie die Tote – erzählt, dass sie ebenfalls im Internet wegen einer kostenlose­n Haarentfer­nung mit einem Laser angeschrie­ben worden sei. Vom selben Kosmetiksa­lon-Account wie Khadidja O. Doch sie hatte kein Interesse.

Auch Nachbarn der Getöteten sagen am Dienstag aus. Sie berichten, dass die 23-Jährige am Osteroder Pfingstwoc­henende Besuch von zwei Männern aus Ingolstadt gehabt habe. Ob der Angeklagte einer dieser Männer sei? Sheqir K. steht auf. Der Zeuge sieht ihn an und meint: „Von der Statur und vom Gesicht könnte er einer von ihnen sein.“Das wirft die Staatsanwa­ltschaft den Angeklagte­n vor: Schahraban K. und Sheqir K. sollen Khadidja O. getötet haben, weil sie der Angeklagte­n zum Verwechsel­n ähnlich sah. Danach wollte Schahraban K. untertauch­en. Um eine geeignete Doppelgäng­erin zu finden, soll die Deutsch-Irakerin junge Frauen auf Social Media kontaktier­t haben.

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Foto: Dorothee Pfaffel DIe Angeklagte im Doppelgäng­erinnen-Mordprozes­s am Landgerich­t Ingolstadt verdeckt ihr Gesicht.

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