Trübe Aussichten für die deutsche Wirtschaft
Das Land kommt langsamer aus der Krise als erhofft, sagt Wirtschaftsminister Robert Habeck. Das habe viele externe Ursachen. Es gibt aber auch viele hausgemachte Probleme.
Berlin Deutschland steckt in einer Wachstumskrise – und die Aussichten für die Wirtschaft sind trübe. Die deutsche Wirtschaft sei in einem „schweren Fahrwasser“, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in Berlin bei der Vorstellung des Jahreswirtschaftsberichtes. Die Regierung erwartet für dieses Jahr nur noch ein Mini-Wachstum von 0,2 Prozent. In der Herbstprognose rechnete sie noch mit einem Plus von 1,3 Prozent. Auch für die kommenden Jahre warnt die Regierung vor mageren Wachstumsaussichten.
2023 rutschte Europas größte Volkswirtschaft in eine Rezession.
Habeck sagte, zwei Jahre nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine laste der Krieg weiter auf der deutschen Wirtschaft – auch wegen der früher starken Abhängigkeit von russischen Energielieferungen. Der starken deutschen Exportwirtschaft macht zudem die schwache Weltkonjunktur zu schaffen. Die gestiegenen Zinsen hät- ten zudem zu weniger Investitionen geführt – das belastet vor allem den Bau. Habeck nannte außerdem einen überdurchschnittlich hohen Krankenstand – und Sparzwänge des Bundes infolge eines Haushaltsurteils des Bundesverfassungsgerichts.
Es gebe aber auch gute Nachrichten. Die Inflation sei gezähmt. Der Anstieg der Verbraucherpreise dürfte heuer auf 2,8 Prozent fallen. In den vergangenen Jahren habe die Inflation Lohnsteigerungen aufgefressen. Die Lohnzuwächse lägen aber nun über der Inflationsrate. Die Erwartung ist, dass Beschäftigte das Geld auch ausgeben und den privaten Konsum ankurbeln. Auch Habeck verwies aber auf Unsicherheiten in der Bevölkerung, wie es mit der Wirtschaft weitergehe – und wie hoch die nächste Gas- oder Stromrechnung wirklich ausfalle.
Wirtschaftsverbände klagen darüber, dass Deutschlands Firmen international immer weniger wettbewerbsfähig seien – wegen einer hohen Steuerlast oder hoher Energiekosten. Habeck sprach von Problemen, die sich angehäuft hätten. Konkret geht es um eine teilweise marode Verkehrsinfrastruktur, Mängel bei der Digitalisierung zum Beispiel in der Verwaltung, überbordende Bürokratie, Probleme im Bildungswesen – und die zunehmende Alterung der Gesellschaft. „Das größte strukturelle Problem ist die Lücke an Fachkräften und Arbeitskräften“, sagte Habeck. „Es fehlt an allen Ecken und Kanten.“Offiziell seien 700.000 offene Stellen in Deutschland gemeldet, die Dunkelziffer sei aber weitaus höher. Der Fachkräftemangel ist auch einer der Gründe, warum die Regierung vor einem niedrigem Wirtschaftswachstum warnt. Für die Jahre bis 2028 werde ein jährliches „Potenzialwachstum“von durchschnittlich nur noch 0,5 Prozent erwartet. (Andreas Hoenig und Jacqueline Melcher, dpa; Foto: Carsten Koall, dpa)