Neuburger Rundschau

Die Rache der Weißwurst

- Von Alf Geiger

Seit weltweit Oktoberfes­te stattfinde­n, junge Menschen Lederhosen und Dirndl tragen und Bier aus Maßkrügen geschluckt wird, gibt es nur noch eine einzige Chance, die endgültige kulturelle Übernahme der bayerische­n Kultur durch Preißn und andere Zuagroaste zu verhindern: Vermutlich nur aus diesem Grund wurde einst die Weißwurst aus dem Sud gehoben. Wie lustig es diese fremdländi­schen Menschen immer wieder finden, dass wir Bayern schlabbrig­es Wurstbrät in Schafdärme stopfen und dann, vermischt mit Brezn und Bier, in uns reinstopfe­n. Hach, wat sind dat doch für herrlich seltsame, na ja: Menschen, diese Bajuwaren mit ihren Sepplhosen und diesen lustigen Gamsbärten.

Unsere Rache ist die Weißwurst. Und die Art, sie zu sich zu nehmen. Den Besucherin­nen und Besuchern von außerhalb wird seit Jahrhunder­ten erzählt, dass es nur eine Möglichkei­t gibt, eine Weißwursch­t „richtig“zu essen: sie aus dem Darm zu saugen. Dabei gibt es – mindestens – vier Varianten: Variante 1: Zuzeln Völliger Quatsch, macht hier eigentlich kein Mensch – außer man will eben irgendwelc­hen Nicht-Bayern blitzschne­ll einen Würgereiz der Extraklass­e bescheren. Wenn schon, dann muss die Betonung auf dem gedehnten U liegen: also zuuuuzeln, nicht zuzeln!!! Wer zuzeln sagt, outet sich sofort als notgedrung­en geduldeter Gast im weiß-blauen Freistaat und steht kurz vor der Abschiebun­g. Variante 2: Halbieren Die wohl gängigste Methode, eine Weißwurst stilgerech­t und geschmackv­oll zu genießen. Mit Messer und Gabel der Länge nach in zwei Hälften schneiden, anschließe­nd aus der Haut schälen. Immer wieder lustig mitanzuseh­en, wie dämlich sich Ungeübte (vulgo: Preißn) beim Halbieren der glitschige­n Würste anstellen … Variante 3: Mit Stumpf und Stil Zugegeben, meine bevorzugte Weißwursch­t-Variante. Rein damit, mit Haut. Egal ob direkt abgebissen oder (etwas vornehmer) in dicke Scheiben geschnitte­n. Viel süßer Senf darf niemals fehlen. Und – ja, ich habe zwar schon solche Geschichte­n gehört – aber ich persönlich habe noch nie einen Bayern gesehen, der kein (Weiß-)Bier zu seinen Weißwürste­n genommen hat. Noch so ein weit verbreitet­es Vorurteil: Mehr als zwei Weißwürste sind nicht zu schaffen. Ehrlich, da lach’ ich mich schlapp. Aber erst nach dem dritten Paar …

Variante 4: Die Schwaben-Variante (brandneu!) Wir Schwaben sind ja sparsam, wie auch jeder Auswärtige weiß. Als ich neulich im Fasching ein Paar Weißwürste bestellen wollte, hab ich mich beim Blick auf die Speisekart­e fast verschluck­t: Elf Euro wollte der gute Wirt. Ja, sie haben richtig gelesen: 2 Weißwürste, mit Breze und (etwas) Senf = 11 Euro! Nein, danke: Weder gezuzelt, halbiert, mit Stumpf und Stil oder sonstwie. 11 Euro? Da vergeht mir dann doch der Appetit. Oder ist das der letzte Versuch, die Preißn abzuzocken?

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