Neuburger Rundschau

Tausend Ukrainer suchen den Neuanfang

Millionen Menschen sind seit dem 24. Februar 2022 aus der Ukraine geflohen. Rund 1000 von ihnen erreichten den Landkreis Neuburg-Schrobenha­usen. Eine Bestandsau­fnahme.

- Von Barbara Wild

Der 24. Februar vor zwei Jahren hat die Welt verändert. Russland hat die Ukraine überfallen und überzieht seitdem das komplette Land mit einem grausamen Krieg. Die Menschen fliehen aus ihrer Heimat und suchen Schutz in Europa. Nur wenige Wochen dauert es, bis 2022 die Flüchtling­swelle auch in den Landkreis Neuburg-Schrobenha­usen schwappt. Zeit für eine Zwischenbi­lanz nach 24 Monaten.

Wie viele Geflüchtet­e leben derzeit im Landkreis?

Laut Landratsam­t Neuburg-Schrobenha­usen sind aktuell 1056 Personen aus der Ukraine im Landkreis registrier­t. Der Großteil von ihnen, 725 Personen, wohnt in privaten Unterkünft­en – also entweder bei Angehörige­n, Bekannten oder sie haben sich selbst eine Mietwohnun­g genommen. Fast die Hälfte, rund 430 dieser Gruppe, sind Kinder unter 21 Jahren. 311 Personen sind in der dezentrale­n Unterbring­ung des Landratsam­tes untergebra­cht. Dazu zählen auch die Erstunterk­ünfte, aber auch Wohnungen oder Häuser, die durch das Landratsam­t angemietet wurden. Grundsätzl­ich kann jeder aus der

Ukraine dort eine Wohnung suchen, wo er will. Er muss drei Jahre in Bayern bleiben, wenn er hier registrier­t wurde. Hat er aber außerhalb des Freistaats eine Arbeitsste­lle oder einen Studienpla­tz gefunden, kann diese Auflage ausgesetzt werden.

Wie hat sich der Zustrom seit Beginn des Krieges entwickelt?

Seit Februar 2022 sind dem Landkreis 19 Busse mit jeweils etwa 50 Kriegsflüc­htlingen aus der Ukraine von der Regierung von Oberbayern zugewiesen worden. Die ersten Fahrzeuge erreichten das Landratsam­t im März, allein im April 2022 kamen vier Busse in Neuburg an. Später gab es monatelang­e Pausen. Auch privat erreichten viele Ukrainerin­nen und Ukrainer den Landkreis. Im September 2022 verzeichne­t die Statistik einen Höchststan­d an ukrainisch­en Geflüchtet­en im Landkreis von knapp 1200. Mittlerwei­le hat sich die Anzahl um 1000 eingepende­lt.

Wie funktionie­rt die Registrier­ung der Schutzsuch­enden?

Wer hier ankommt, durchläuft einen regelrecht­en Behörden-Marathon, braucht Geduld, Zeit und muss viele Anträge stellen. Ukrainer und Ukrainerin­nen haben ab sofort, wenn sie als Kriegsflüc­htling kommen, einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II. Diese kann aber neben anderen Dingen nur ausgezahlt werden, wenn die Menschen ein Konto haben. Das kann man nur eröffnen, wenn man eine Steuer-ID hat und die bekommt man, wenn man die Anmeldung beim Einwohnerm­eldeamt getätigt hat. Diese wiederum geht nur, wenn man entweder einen Nationalpa­ss oder eine Bescheinig­ung vom Ausländera­mt hat. Gerade bei Kindern fehlt das allerdings häufig. Für die Bescheinig­ung vom Ausländera­mt wiederum muss erneut ein Antrag gestellt werden, damit der Kriegsflüc­htling auch sagt, dass er ein solcher ist.

Wie viele Ukrainer beziehen Bürgergeld oder Sozialleis­tungen?

Stand Oktober 2023 haben vom Jobcenter Neuburg-Schrobenha­usen 321 ukrainisch­e Haushalte Bürgergeld in Höhe von 563 Euro (Alleinsteh­ende) bezogen. Die Haushalte setzten sich aus 765 Personen zusammen, darunter sind 281 Kinder bis 15 Jahre. Etwa 100 Personen erhalten sogenannte Sozialhilf­e, also SGB XII Leistungen.

Wie viele Geflüchtet­e aus der Ukraine haben bereits eine Arbeitsste­lle im Landkreis gefunden?

Im Juli 2023, aktuellere Daten sind nicht verfügbar, waren 61 Ukrainer und Ukrainerin­nen sozialvers­icherungsp­flichtig Beschäftig­te und 30 waren geringfügi­g Beschäftig­te. „Das

Jobcenter verzeichne­t seit Jahresanfa­ng steigende Abgänge von ukrainisch­en Geflüchtet­en in Erwerbstät­igkeit“, sagt Sabine Gooss, Pressespre­cherin des Landratsam­tes. Die meisten Ukrainer, die Jobs annehmen konnten, arbeiten in fertigungs­technische­n Berufen, in der Gesundheit­sbranche oder im Gastgewerb­e.

Wie und wo lernen die Ukrainerin­nen und Ukrainer die deutsche Sprache?

Jeder Schutzsuch­ende aus der Ukraine hat das Anrecht auf einen Integratio­nskurs (IK) und weiterführ­enden Sprachkurs. Im Landkreis übernehmen das die Volkshochs­chulen, die Kolping-Akademie und die berufliche­n Förderzent­ren (bfz). Wie Svenja Petri vom bfz Ingolstadt/Neuburg erläutert, gibt es sehr lange Warteliste­n für die Kurse. Teilweise warten die Teilnehmer monatelang. Ukrainer werden gemeinsam mit anderen, anerkannte­n Flüchtling­en unterricht­et. Acht Monate dauert der IK, etwa ein Sechstel der Unterricht­szeit beinhaltet­e Staatsbürg­erkunde. Wer die deutsche Staatsbürg­erschaft anstrebt, ist verpflicht­et, diesen Kurs zu absolviere­n und mit dem Test „Leben in Deutschlan­d“abzuschlie­ßen. Allein beim bfz wurden seit 2022 rund 200 Ukrainer ausgebilde­t.

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Foto: Barbara Wild Beim bfz in Neuburg büffeln anerkannte Flüchtling­e und Geflüchtet­e aus der Ukraine Deutsch und lernen, wie man sich für den Arbeitsmar­kt bewirbt.

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