Rösterei spürt Folgen der Huthi-Angriffe
8000 Kilometer Luftlinie liegen zwischen dem Jemen und Neuburg an der Donau. Doch was dort passiert, hat Auswirkungen auf die lokale Wirtschaft, wie das Beispiel einer kleinen Kaffeerösterei zeigt.
Manchmal ist die Weltpolitik vor der eigenen Haustür spürbar. Oder beim Kaffee in der Neuburger Innenstadt. „Ich habe niemals gedacht, dass Probleme des globalen Handels mein kleines Geschäft so stark beeinflussen“, sagt Andreas Lettenmayer. Seit 25 Jahren betreibt er in der Weinstraße eine Kaffeerösterei und den dazugehörigen kultigen Ausschank Café Barista mit nur wenigen Sitzplätzen. Und aktuell spürt er mal wieder, dass am anderen Ende der Welt etwas aus den Fugen geraten ist. In diesem Fall: dass die HuthiRebellen im Suezkanal Frachtschiffe beschießen.
Lettenmayer ist wie viele Händler und Unternehmen abhängig von einer kalkulierbaren Lieferkette in Bezug auf Dauer und Kosten seiner bestellten Ware. Dass beim Baumarkt mal ein Regal leer bleibt oder Elektroartikel beim Onlinehändler angesichts der Probleme am Weltmarkt lange Lieferzeiten haben, ist dem Kunden wohl präsent. Doch dass selbst eine „MicroRösterei“, wie Lettenmayer seinen Betrieb selbst nennt, unter einem Konflikt leidet, der 8000 Kilometer entfernt ausgetragen wird, damit habe er niemals gerechnet.
Schon zu Coronazeiten, als die Container knapp wurden, weil etwa wichtige Häfen in China blockiert waren, schossen die Kosten in die Höhe. 18.000 Dollar kostete es plötzlich, einen Container auf ein Frachtschiff zu bringen und über die Weltmeere zu schicken. Zuvor waren es 1000 Dollar gewesen. Derzeit sind die Tarife wieder auf rund 5000 Dollar angestiegen – schuld daran sind die Huthis.
Seit Israel in Gaza kämpft, greifen Huthi-Rebellen im Roten Meer Schiffe an. Als Grund für ihre Angriffe im Roten Meer erklärten die Huthi, dass es sich um israelische Schiffe handele. Die Angriffe dienten der Unterstützung der militant-islamistischen Hamas und der Palästinenser im Gazastreifen.
Die Folge dieser Angriffe spüre die gesamte Wirtschaft, sagt Michael Winhart, geschäftsführender Partner bei der Süddeutschen Consulting (SC) mit Sitz in Neuburg. Er berät Firmen in ganz Deutschland, wie sie ihre Logistikkosten optimieren können, und kennt daher die Lage vieler Mittelständler. „Die Stimmung ist grottenschlecht, denn die Preise explodieren“, sagt er. Es mache sich eine gewisse Lethargie breit, denn die Firmen sind den Bedingungen des globalen Handels gnadenlos ausgeliefert. Und das heißt konkret: entweder länger auf die Ware warten oder höheres Risiko in Kauf nehmen – übrigens beides zu immer höheren Preise.
„Die einen Reedereien lassen sich das Risiko bezahlen und fahren durch den Suezkanal“, erklärt Thomas Bäumerich, Experte für Logistik bei der SC und Geschäftsführer der Logistik-Beratung Ad Alta. „Oder sie lassen sich die Kosten für den Schwerlastdiesel bezahlen, die der drei Wochen längere Umweg über das Horn von Afrika
auslöst.“Kostenpunkt aktuell: 4500 Dollar pro 40-Fuß-Container. „Das tut natürlich weh“, sagt Bäumerich. „Die Huthis haben unsere Lieferketten massiv in Unordnung gebracht.“
Die Preise für die Logistik spürt am Ende der Verbraucher im Geldbeutel. „Die wenigsten Kunden machen sich wohl darüber Gedanken, woher die Güter kommen, die sie tagtäglich kaufen“, ist sich Michael Winhart sicher. Möbel, Kleidung, Elektronik, Keramik und Spielzeug – im Baumarkt, im Supermarkt, bei Tchibo. „Non-FoodArtikel der großen Versandhändler sind zu 90 Prozent aus Übersee“, schätzt Winhart. Damit erhöhe sich die Abhängigkeit. Dass diese massive Auswirkungen hat, wie die Tatsache, dass Antibiotika oder andere Pharmaprodukte knapp werden, hätte sich schon gezeigt. Selbst wenn sich zeitnah die
Lage im Suezkanal beruhige und die militärischen Einsätze aus Europa und den USA wirkten – bis sich die Frachtpreise wieder normalisieren, dauere es erfahrungsgemäß drei bis vier Monate, sagt Thomas Bäumerich. Bis dahin müssten längere Laufzeiten und hohe Kosten in Kauf genommen werden.
Andreas Lettenmayer wartet also länger als sonst auf seine rohen Kaffeebohnen aus Guatemala, Indien, Indonesien, Afrika, Jamaika, Peru, Äthiopien oder Ecuador – und er muss für die Fracht deutlich mehr bezahlen. Er kauft über einen Importeur, der ihn aber bereits im Dezember 2023 darüber informierte, welche Auswirkungen die Angriffe haben. „Der Zeitfaktor ist bei der Qualität, die wir verarbeiten, besonders schlimm“, sagt er. Bisher seien ihm zwar noch keine Sorten ausgegangen, weil er eine ausgeklügelte Vorratshaltung umsetze. „Da kommt mir meine Erfahrung zugute“, sagt er. Und er betont: Die höheren Frachtkosten werde er nicht an die Kunden weitergeben.
Preise für die Logistik spürt am Ende der Verbraucher.