Neuburger Rundschau

Rösterei spürt Folgen der Huthi-Angriffe

8000 Kilometer Luftlinie liegen zwischen dem Jemen und Neuburg an der Donau. Doch was dort passiert, hat Auswirkung­en auf die lokale Wirtschaft, wie das Beispiel einer kleinen Kaffeeröst­erei zeigt.

- Von Barbara Wild

Manchmal ist die Weltpoliti­k vor der eigenen Haustür spürbar. Oder beim Kaffee in der Neuburger Innenstadt. „Ich habe niemals gedacht, dass Probleme des globalen Handels mein kleines Geschäft so stark beeinfluss­en“, sagt Andreas Lettenmaye­r. Seit 25 Jahren betreibt er in der Weinstraße eine Kaffeeröst­erei und den dazugehöri­gen kultigen Ausschank Café Barista mit nur wenigen Sitzplätze­n. Und aktuell spürt er mal wieder, dass am anderen Ende der Welt etwas aus den Fugen geraten ist. In diesem Fall: dass die HuthiRebel­len im Suezkanal Frachtschi­ffe beschießen.

Lettenmaye­r ist wie viele Händler und Unternehme­n abhängig von einer kalkulierb­aren Lieferkett­e in Bezug auf Dauer und Kosten seiner bestellten Ware. Dass beim Baumarkt mal ein Regal leer bleibt oder Elektroart­ikel beim Onlinehänd­ler angesichts der Probleme am Weltmarkt lange Lieferzeit­en haben, ist dem Kunden wohl präsent. Doch dass selbst eine „MicroRöste­rei“, wie Lettenmaye­r seinen Betrieb selbst nennt, unter einem Konflikt leidet, der 8000 Kilometer entfernt ausgetrage­n wird, damit habe er niemals gerechnet.

Schon zu Coronazeit­en, als die Container knapp wurden, weil etwa wichtige Häfen in China blockiert waren, schossen die Kosten in die Höhe. 18.000 Dollar kostete es plötzlich, einen Container auf ein Frachtschi­ff zu bringen und über die Weltmeere zu schicken. Zuvor waren es 1000 Dollar gewesen. Derzeit sind die Tarife wieder auf rund 5000 Dollar angestiege­n – schuld daran sind die Huthis.

Seit Israel in Gaza kämpft, greifen Huthi-Rebellen im Roten Meer Schiffe an. Als Grund für ihre Angriffe im Roten Meer erklärten die Huthi, dass es sich um israelisch­e Schiffe handele. Die Angriffe dienten der Unterstütz­ung der militant-islamistis­chen Hamas und der Palästinen­ser im Gazastreif­en.

Die Folge dieser Angriffe spüre die gesamte Wirtschaft, sagt Michael Winhart, geschäftsf­ührender Partner bei der Süddeutsch­en Consulting (SC) mit Sitz in Neuburg. Er berät Firmen in ganz Deutschlan­d, wie sie ihre Logistikko­sten optimieren können, und kennt daher die Lage vieler Mittelstän­dler. „Die Stimmung ist grottensch­lecht, denn die Preise explodiere­n“, sagt er. Es mache sich eine gewisse Lethargie breit, denn die Firmen sind den Bedingunge­n des globalen Handels gnadenlos ausgeliefe­rt. Und das heißt konkret: entweder länger auf die Ware warten oder höheres Risiko in Kauf nehmen – übrigens beides zu immer höheren Preise.

„Die einen Reedereien lassen sich das Risiko bezahlen und fahren durch den Suezkanal“, erklärt Thomas Bäumerich, Experte für Logistik bei der SC und Geschäftsf­ührer der Logistik-Beratung Ad Alta. „Oder sie lassen sich die Kosten für den Schwerlast­diesel bezahlen, die der drei Wochen längere Umweg über das Horn von Afrika

auslöst.“Kostenpunk­t aktuell: 4500 Dollar pro 40-Fuß-Container. „Das tut natürlich weh“, sagt Bäumerich. „Die Huthis haben unsere Lieferkett­en massiv in Unordnung gebracht.“

Die Preise für die Logistik spürt am Ende der Verbrauche­r im Geldbeutel. „Die wenigsten Kunden machen sich wohl darüber Gedanken, woher die Güter kommen, die sie tagtäglich kaufen“, ist sich Michael Winhart sicher. Möbel, Kleidung, Elektronik, Keramik und Spielzeug – im Baumarkt, im Supermarkt, bei Tchibo. „Non-FoodArtike­l der großen Versandhän­dler sind zu 90 Prozent aus Übersee“, schätzt Winhart. Damit erhöhe sich die Abhängigke­it. Dass diese massive Auswirkung­en hat, wie die Tatsache, dass Antibiotik­a oder andere Pharmaprod­ukte knapp werden, hätte sich schon gezeigt. Selbst wenn sich zeitnah die

Lage im Suezkanal beruhige und die militärisc­hen Einsätze aus Europa und den USA wirkten – bis sich die Frachtprei­se wieder normalisie­ren, dauere es erfahrungs­gemäß drei bis vier Monate, sagt Thomas Bäumerich. Bis dahin müssten längere Laufzeiten und hohe Kosten in Kauf genommen werden.

Andreas Lettenmaye­r wartet also länger als sonst auf seine rohen Kaffeebohn­en aus Guatemala, Indien, Indonesien, Afrika, Jamaika, Peru, Äthiopien oder Ecuador – und er muss für die Fracht deutlich mehr bezahlen. Er kauft über einen Importeur, der ihn aber bereits im Dezember 2023 darüber informiert­e, welche Auswirkung­en die Angriffe haben. „Der Zeitfaktor ist bei der Qualität, die wir verarbeite­n, besonders schlimm“, sagt er. Bisher seien ihm zwar noch keine Sorten ausgegange­n, weil er eine ausgeklüge­lte Vorratshal­tung umsetze. „Da kommt mir meine Erfahrung zugute“, sagt er. Und er betont: Die höheren Frachtkost­en werde er nicht an die Kunden weitergebe­n.

Preise für die Logistik spürt am Ende der Verbrauche­r.

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Fotos: Barbara Wild, Claudia Stegmann (Archivbild) Weil Huthis im Suezkanal Frachtschi­ffe angreifen, leidet auch eine kleine Rösterei in Neuburg unter den Folgen.
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A. Lettenmaye­r

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