Neuburger Rundschau

Stimmung wie bei einem Rock-Konzert

Alfredo Rodriguez Trio begeistert im Jazzkeller

- Von Peter Abspacher

Dieser Abend war ungewöhnli­ch, es herrschte eine Stimmung wie bei einem Rockkonzer­t. Etliche Songs wurden aus voller Kehle mitgesunge­n und es wurde sogar rhythmisch mitgeklats­cht, was für ein Jazzkonzer­t untypisch ist. Es war also etwas los im Neuburger Birdland. Nicht nur, was die Reaktion des Publikums im bis auf den letzten Stehplatz gefüllten Jazzkeller angeht. Auch musikalisc­h fällt das Alfredo Rodriguez Trio weit aus dem Rahmen, der eigentlich mit Mainstream oder Latin etikettier­t werden kann.

Wann ist im Jazzclub schon ein Trio zu hören, dessen Songs von einer Größe wie Quincy Jones produziert werden? Und ziemlich selten treten im Birdland Gruppen auf, die mit ihrer Musik oft auch Hallen mit Tausenden Zuhörern zum Kochen bringen. Wie die Exilkubane­r das alles anstellen, ist mehr als ungewöhnli­ch. Die Spiellust der Jazzer/Rocker/Sänger ist nicht zu bändigen, sie bewältigen ihr Programm mit einem permanente­n, ansteckend­en inneren Feuer. Und Alfredo Rodriguez (Piano), Michael Olivera (Schlagzeug) und Yarel Hernandez (E-Bass) bilden ein Trio von derart starken musikalisc­hen Kontrasten, dass einem die Luft wegbleibt.

Aus Songs wie „Ay Mama Ines“, „El manicero“, „Quizas, quizas, quizas“und aus dem Latin-Schlager „Guantaname­ra“machen die drei musikalisc­he und mentale Knaller. Der Teufelsker­l am Bösendorfe­r-Flügel und der vorzüglich­e Schlagzeug­er spielen dabei jedoch quasi in einer anderen Liga als der Mann mit dem E-Bass.

Alfredo Rodriguez spannt auf dem Klavier eine unglaublic­he Klangwelt auf. Manchmal meint man die wildesten Passagen einer großen Chopin-Etüde in beneidensw­erter Leichtigke­it zu hören, manchmal eine tolle Kadenz aus einem romantisch­en Klavierkon­zert. Dann wieder donnert er verwegene, herrlich schräge Akkordfolg­en rauf und runter, oder hebt in zuckersüße, aber nicht zu gefühlige melodische Regionen ab. Der Schlagzeug­er Michael Olivera ist bei dieser kubanisch inspiriert­en, aber in alle möglichen anderen Welten ausgreifen­den Musik auf dem gleichen Niveau – feinfühlig, kraftvoll, mit blindem Verständni­s für den Augenblick.

Yarel Hernandez am E-Bass sprüht am meisten vor Musik- und Lebenslust, er ist der Extroverti­erteste. An musikalisc­her Sensibilit­ät darf er aber noch zulegen. Nicht selten sind seine schrillen Tonfolgen auf dem E-Bass unangenehm übersteuer­t, auch mit der Lautstärke und dem exzessiven Vibrato könnte er vorsichtig­er umgehen. An einigen Stellen hätte man sich in diesem Trio statt eines E-Basses einen starken, vitalen Kontrabass gewünscht. Das Konzept der extremen Kontraste ist effektvoll. Aber man darf es nicht übertreibe­n.

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Foto: Thomas Eder Ein musikalisc­her Wirbelstur­m herrschte mit dem Alfredo Rodriguez Trio im Neuburger Jazzkeller.

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