AfD steht unter verschärfter Beobachtung
Ein Gutachten des Verfassungsschutzes könnte die Debatte um ein Verbot befeuern.
„Die Partei radikalisiert sich immer weiter.“
Stephan Thomae, FDP
Berlin In der Debatte über ein Verbot der Alternative für Deutschland verdichten sich die Erkenntnisse, nach denen die Bundespartei bald als „gesichert extremistische Bestrebung“eingestuft werden könnte. Ein entsprechendes Gutachten des Bundesamtes für Verfassungsschutz sei weitgehend fertiggestellt, berichtete die Süddeutsche Zeitung. Die Meldung wurde vom Verfassungsschutz weder bestätigt noch dementiert, was üblicherweise für den Wahrheitsgehalt spricht. Das Vorliegen einer „gesichert extremistischen Bestrebung“ist nach dem Prüf- sowie dem Verdachtsfall die dritte und höchste Kategorie. Der Verfassungsschutz dürfte zur Überwachung der AfD dann schärfere nachrichtendienstliche Mittel einsetzen und beispielsweise Telefone abhören. Die Erkenntnisse wiederum könnten in ein Verbotsverfahren einfließen.
Die Bundesregierung reagierte zurückhaltend auf den Bericht. Man habe ihn zur Kenntnis genommen, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christine Hoffmann. FDP-Fraktionsgeschäftsführer Stephan Thomae betonte gegenüber unserer Redaktion, die jüngsten Enthüllungen um ein Geheimtreffen in Potsdam hätten einmal mehr deutlich gemacht, „dass sich die AfD immer weiter radikalisiert und enge Netzwerke zu rechtsextremen Gruppierungen bestehen“. Die Partei sei eine Bedrohung für die freiheitlich-demokratische Grundordnung. Es sei daher richtig, dass der Verfassungsschutz sie ganz genau in den Blick nehme. Sollte es ausreichende Anhaltspunkte für eine Einstufung als „gesichert rechtsextremistisch“ geben, so Thomae, hätte das „weitreichende Konsequenzen, sowohl in Bezug auf den Einsatz nachrichtendienstlicher Instrumente bei der Beobachtung, als auch bei Fragen des Waffenbesitzes oder der Beschäftigung im öffentlichen Dienst“.
Der Verfassungsschutz hatte die AfD vor zwei Jahren als rechtsextremistischen Verdachtsfall eingestuft. Die Partei wehrte sich vor Gericht und unterlag in erster Instanz. Das Berufungsverfahren ist beim Oberverwaltungsgericht in Münster angesiedelt, es soll in zwei Wochen mit einer mündlichen Verhandlung beginnen. Diesen Prozess will der Verfassungsschutz offenbar noch abwarten, um Erwägungen des Gerichts in seinem Gutachten berücksichtigen zu können. Die Süddeutsche Zeitung bezieht sich dabei auf interne Papiere der Behörde, wonach zwar „nicht alle Parteimitglieder als Anhänger extremistischer Strömungen betrachtet“werden könnten. Gleichwohl gewinne das „solidarisch-patriotische Lager in der Partei zunehmend an Einfluss“. Gemeint sind damit Mitglieder, die dem rechtsextremen Vorsitzenden der thüringischen Landtagsfraktion, Björn Höcke, nahestehen. Die AfD-Landesverbände in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sind bereits als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Vor dem Hintergrund immer neuer Vorwürfe und Erkenntnisse wird zunehmend über ein Verbot der gesamten Partei diskutiert.
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder begrüßte die Absicht des Verfassungsschutzes. Ein mögliches AfD-Verbot sieht er eher skeptisch. Söder plädiert dafür, die Finanzierung der Partei aus Steuergeldern zu überprüfen. Vorbild ist die verfassungsfeindliche NPD-Nachfolgepartei „Heimat“, die nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts keinen Anspruch auf staatliche Finanzierung hat. Höcke bezeichnete er bereits als „den Paten, den rechtsextremen Don Corleone der AfD“.