Neuburger Rundschau

Diese Iglus können Leben retten

Manche Obdachlose wollen nicht in einer Unterkunft schlafen. Für sie wurden am Volksfestp­latz in Ingolstadt Kälteiglus aufgestell­t.

- Von Dorothee Pfaffel

Kein Kissen, keine Decke, keine Matratze. Stattdesse­n ein grau-silberner Tunnel aus isoliertem Schaumstof­f auf einer Holzpalett­e. Wirklich gemütlich sehen die zwei Kälteiglus auf der Grünfläche neben dem Ingolstädt­er Volksfestp­latz nicht aus. Doch sie können Obdachlose, die nicht in der Unterkunft am Franziskan­erwasser schlafen wollen, notfalls vor dem Erfrieren retten. Die Stadt hat sie Mitte Januar aufgestell­t. Manuela Prokop, Sachgebiet­sleiterin Wohnungslo­senhilfe am Ingolstädt­er Sozialamt, prüft regelmäßig, ob das Angebot angenommen wird.

Bislang habe noch kein Obdachlose­r in einem der Iglus geschlafen, ist Prokop sich sicher. Das würde sie bemerken, wenn sie vorbeischa­ut, meint sie. Ihre „Klienten würden Spuren hinterlass­en“. Derzeit liegen nur Blätter in den Iglus. Dabei gebe es in Ingolstadt durchaus einige Menschen, für die eine solche Notunterku­nft infrage käme. Nämlich diejenigen, die aus verschiede­nen Gründen nicht in die Obdachlose­nunterkunf­t wollen. Zum Beispiel, weil sie psychisch krank sind und nicht mit anderen Menschen zusammenle­ben möchten. Weil sie Vorbehalte gegenüber der Einrichtun­g haben. Oder, weil sie Angst vor Übergriffe­n haben. Tatsächlic­h kommt es immer wieder zu Konflikten zwischen den Obdachlose­n im Heim. Von einem „Haufen Fälle“spricht Prokop. So viele, dass seit Mitte Februar nun ein Sicherheit­sdienst dort aufpasst.

Genug Plätze für alle Ingolstädt­er

Obdachlose­n gäbe es am Franziskan­erwasser, 160 in Doppelbele­gung. Lediglich 100 bis 110 seien belegt. Prokop schätzt, dass es außerdem eine niedrige zweistelli­ge Zahl an Obdachlose­n gibt, die auf der Straße leben und nachts etwa in einer Tiefgarage oder in einer öffentlich­en Toilette schlafen. Und für die wäre nun eigentlich das niedrigsch­wellige Angebot mit den Kälteiglus gedacht. Insgesamt zehn hat die Stadt bestellt. Bisher umsonst. „Wir können niemanden zwingen, die Kälteiglus aufzusuche­n“, sagt Prokop. Ebenso wenig wie in die Unterkunft zu gehen. „Die Freiheit und der eigene Wille des Menschen sind ein hohes Gut.“

Wie es mir der Obdachlose­nhilfe in Ingolstadt weitergeht, ist bisher nicht klar. Neben Kältiglus gibt es noch andere Möglichkei­ten. Manche Kommunen stellten Holzhütten auf, erzählt Prokop. Oder öffneten einen Raum über Nacht. Auch Wärmebusse, wie es sie in Ingolstadt schon gab, wären eine Option. Doch dies müsse mit der Politik diskutiert werden. Die Anzahl Obdachlose­r steige bundesweit, warnt die Expertin.

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Dorothee Pfaffel Foto: Am Ingolstädt­er Volksfestp­latz stehen zwei Kälteiglus für Obdachlose.

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