Mann empfängt Polizei mit Axt in der Hand
Die Polizei will einem 29-Jährigen nur sagen, dass er die laute Musik ausschalten soll. Da tickt der halb nackte Mann komplett aus. Vor dem Amtsgericht will er davon aber nichts mehr wissen.
Am Ende dreht er dem Richter demonstrativ den Rücken zu. Während Christian Veh begründet, warum der 29-jährige Rumäne für dreieinhalb Jahre ins Gefängnis muss, fühlt sich dieser von der Justiz gegängelt. Alle vier Polizeibeamte, die am Mittwoch vor dem Neuburger Amtsgericht ausgesagt haben, hätten gelogen. Nichts von dem, was sie geschildert haben, sei wahr. Doch weder Richter Veh noch die Staatsanwältin zweifeln an den Zeugenaussagen, die Einblicke in das absurde und aggressive Verhalten des ungelernten Bauarbeiters geben.
Es ist Ende September 2023, als die Polizei ein Anruf aus der Berliner Straße in Neuburg erreicht. Aus der Nachbarwohnung würde schon den ganzen Abend laute Musik dröhnen. Nun sei es Mitternacht, und immer noch sei keine Ruhe eingekehrt. Also fahren vier Polizeibeamte dorthin, klingeln – und werden von einem halb nackten Mann mit einer Axt in der erhobenen Hand empfangen. Die Polizisten kommen gar nicht dazu, den Grund ihres nächtlichen Besuchs zu erklären, sondern versuchen erst mal, die Situation zu deeskalieren. Doch das war erst der Anfang.
Als es den Polizisten gelingt, dem Rumänen die Axt wegzunehmen, tickt dieser völlig aus. Vor Gericht schildern alle vier ein unkontrolliertes, jähzorniges und gewalttätiges Verhalten des Mannes. Mehrfach zieht er seine Shorts aus, steht nackt da und provoziert insbesondere die Polizistin mit vulgären Sätzen. Als er sich auch nach viel gutem Zureden nicht beruhigen lässt, entschließt sich die Polizei, ihn in die psychiatrische Abteilung des Klinikums Ingolstadt zu bringen. Freiwillig geht er allerdings nicht mit. Das Anlegen von Hand- und Fußfesseln gelingt nur unter größter Anstrengung der Polizei. Der Mann wehrt sich mit allem, was er hat: Füße, Hände, Zähne – und immer wieder obszöne Schimpfwörter. „Er hat geschrieben, geschlagen, gespukt, beleidigt – er war fast wie in einem Wahn“, beschreibt ihn einer der beteiligten Polizisten vor Gericht.
Erst mithilfe von Beruhigungsmedikamenten kann ihn der Rettungsdienst nach Ingolstadt bringen. Doch kaum dort angekommen, geht es wieder los. Er wehrt sich mit aller Kraft gegen die Fixierung, schreit und bedroht die Beamten. Die Fluchwörter steigern sich jetzt in übelste Gewaltfantasien gegenüber den Polizisten. Eine Blutentnahme gegen 3 Uhr morgens ergibt einen Alkoholwert von 1,3 Promille. Am nächsten Tag wird er dem Haftrichter vorgeführt. Seitdem sitzt er in der JVA Gablingen in U-Haft.
All das bestreitet der 29-Jährige. Er habe die Wohnungstüre geöffnet, mit den Polizisten geredet und erst auf die Frage hin, ob er gefährliche Gegenstände in seiner Wohnung habe, die Axt aus der Küche geholt. Daraufhin sei er gefesselt worden, ohne dass er wusste, warum. Seiner Aussage nach gab es weder Beleidigungen noch Bedrohungen und schon gar keine Axt in der Hand.
Es ist nicht der einzige Vorfall dieser Art. Einige Monate vor dem „Axtangriff“besucht der Rumäne nach dem Schloßfest die Fischerstecher-Bar. Er sagt: Ein Gast habe ihm den Weg versperrt und ihn provoziert. Daraufhin habe er ihm eine Ohrfeige serviert. Zeugen des Abends und der 58-jährige Geschädigte selbst schildern das Erlebte jedoch so: Der Angeklagte habe unvermittelt und ohne erkennbaren Grund auf den Gast eingeschlagen. Dabei sei der Neuburger von seinem Barhocker gefallen und habe für kurze Zeit das Bewusstsein verloren. 1,6 Promille werden in dieser Nacht bei dem Rumänen nachgewiesen.
Unter Alkohol ist der 29-Jährige bereits mehrfach straffällig geworden. 2019 kommt der Mann nach Deutschland, nachdem er in Rumänien in einfachen Verhältnissen aufgewachsen ist und nach nur sechs Jahren die Schule verlassen hat. Bereits 2020 wird er wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt, 2021 folgt eine Bewährungsstrafe wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte. 2023 wird er erneut wegen Körperverletzung für schuldig erklärt. Noch im selben Jahr leistet er sich weitere Entgleisungen. Seine Vorstrafen und weil er sich weder geständig noch einsichtig zeigte, bringen den Angeklagten
jetzt ins Gefängnis. „Man findet nichts, was zugunsten des Angeklagten wäre“, begründet die Staatsanwältin ihr Strafmaß von vier Jahren Freiheitsstrafe. Selbst der Verteidiger tut sich offenkundig schwer, das Verhalten seines Mandanten zu rechtfertigen. Durch sein Alkoholproblem sei er „nicht Herr seiner Sinne gewesen“. Er gibt aber auch zu, dass es ihm an Einsicht und Kooperationsbereitschaft fehle, dieses Problem anzugehen.
Richter Christian Veh verurteilte ihn am Ende zu drei Jahren und vier Monaten Freiheitsstrafe und rechnet zu seinen Gunsten, dass er zumindest zugegeben habe, den Neuburger im Fischerstecher geschlagen zu haben. Für den Vorfall rund um die Ruhestörung hat er jedoch kein Nachsehen. „In den USA wäre auf Sie geschossen worden“, führt ihm Veh die Brisanz des Vorfalls vor Augen. Doch selbst in diesem Moment zeigt sich der Angeklagte nicht schuldbewusst. Er fällt Veh wütend ins Wort, springt auf und setzt sich demonstrativ mit dem Rücken zu ihm wieder hin. Für den Richter ist das wie ein Beweis: „Sie zeigen uns doch, wie Sie drauf sind.“
Im Fischerstecher schlägt er einen Mann bewusstlos.