Neuburger Rundschau

„Die Immobilien­blase ist geplatzt“

Die Zeiten der schnellen Verkäufe zu Spitzenpre­isen sind vorbei. Selbst Luxusimmob­ilien spüren den Wandel. Was ein Immobilien­makler jetzt rät.

- Von Claudia Stegmann

Ein Reihenmitt­elhaus, 125 Quadratmet­er Wohnfläche, in guter Wohnlage in Neuburg. Wenn Bernd Winkler vor zwei Jahren so eine Immobilie zum Verkauf angeboten bekam, brauchte es gerade mal einen Anruf, um sie für 440.000 Euro an den Mann zu bringen. Und mit ein bisschen Glück gab es sogar ein Konkurrenz­angebot über 460.000 Euro. Diese Zeiten sind vorbei, „die Immobilien­blase ist geplatzt“, sagt der Makler aus Neuburg. Heute ist dasselbe Objekt schon mal ein Jahr auf dem Markt und erzielt „nur noch“380.000 Euro.

Bernd Winkler ist seit über 30 Jahren in der Immobilien­branche tätig. Seit der Finanzkris­e 2008 kannte die Preisentwi­cklung auf dem Neuburger Wohnungsma­rkt nur eine Richtung: nach oben. Als Beispiel nennt der 57-Jährige eine Immobilie in der Gerhart-Hauptmann-Straße. Vor zwölf Jahren habe man dort eine Wohnung für 700 bis 800 Euro pro Quadratmet­er kaufen können. Vor zwei Jahren sei der Quadratmet­erpreis derselben Wohnung auf bis zu 3500 Euro geklettert. Innerhalb von zehn Jahren sei der Wert einer Immobilie also um das Vier- bis Fünffache gestiegen. Kein Wunder also, dass viele Sparer ein Stück von der üppigen Immobilien-Torte abhaben wollten. In der Branche gab es deshalb auf die Frage, wann der beste Zeitpunkt zum Kauf einer Wohnung sei, nur eine Antwort: gestern.

Auch auf dem Mietmarkt zogen die Preise spürbar an, berichtet Winkler. Bekam man als Mieter 2010 noch eine schöne Wohnung für sechs Euro, musste man gut zehn Jahre später schon um die elf Euro bezahlen. „Neuburg gehört zu den Städten mit der höchsten Mietsteige­rung“, weiß der Makler und benennt auch den Grund dafür: Das hohe Gehalt der Audi-Mitarbeite­r treibt die Preise einer ganzen Region nach oben. „Die Audianer konnten schon immer andere Preise bezahlen.“

Die Steilfahrt nach oben ist seit 2022 aber beendet. Vor allem im vergangene­n Jahr sind die Preise für deutsche Wohnimmobi­lien – insbesonde­re in den Großstädte­n – ganz massiv gefallen. Der Abwärtstre­nd hat zum Jahresende 2023 zwar einen Halt eingelegt, doch in Summe haben sich Eigentumsw­ohnungen um 8,9 Prozent, Einfamilie­nhäuser um 11,3 Prozent und Mehrfamili­enhäuser sogar um 20,1 Prozent verbilligt, wie das Kieler Institut

für Weltwirtsc­haft ausgerechn­et hat.

Auch in Neuburg kann mittlerwei­le nicht mehr jede Butze zu jedem Preis verkauft werden. „Wir sind jetzt wieder auf einem gerechtere­n Niveau“, bewertet Bernd Winkler die aktuelle Situation. Angebot und Nachfrage würden sich die Waage halten, die teils utopisch hohen Preise seien gefallen. „Der Immobilien­markt ist wieder käuferfreu­ndlicher geworden.“Weil der Neubau von Häusern so gut wie zum Erliegen gekommen ist, werde derzeit verstärkt auf Bestandsim­mobilien zurückgegr­iffen. 3- bis 4-Zimmer-Wohnungen seien dabei besonders gefragt. Dagegen gebe es kaum noch Interesse an Immobilien zur Kapitalanl­age. Weil die Zinsen für Anleger wieder gestiegen sind, gibt es mittlerwei­le auch wieder lukrative Alternativ-Anlageform­en.

Der Zinsanstie­g am Markt trifft nicht nur Bauwillige, die sich einen Neubau nicht mehr leisten können oder wollen, sondern auch Menschen, die auf günstigen Wohnraum angewiesen sind. Winkler erklärt das so: Neue Wohnungen werden im Moment nicht gebaut, weil sie derzeit nicht verkauft werden können. Dementspre­chend gibt es weniger Bewegung auf dem bestehende­n, günstigere­n Wohnungsma­rkt. „Diejenigen, die sich ohnehin schon wenig leisten können, bleiben dabei auf der Strecke“, beschreibt Bernd Winkler das Problem. Besonders schwierig hätten es alleinerzi­ehende Frauen mit Kindern. „Für sie ist es ganz, ganz schwierig, eine Wohnung zu finden“, weiß er aus Erfahrung.

Und wie ist seine Prognose? Der Neuburger Immobilien­makler geht davon aus, dass die Preise im Raum Neuburg im Laufe dieses Jahres noch ein Stück weiter sinken werden, bevor sie sich einpendeln und dann auch wieder steigen werden.

Wer also jetzt sein Eigenheim nicht verkaufen muss, sollte lieber warten, rät er. Auch das Bauen werde seiner Meinung nach wieder günstiger und macht dies an sinkenden Handwerker­kosten fest. Winkler, der seine Dienste auch als Hausverwal­ter anbietet, habe vor wenigen Jahren für Malerarbei­ten in einem Treppenhau­s noch 42.000 Euro bezahlt. Zuletzt sei ihm ein entspreche­ndes Angebot für 10.000 Euro vorgelegt worden.

Beim Immobilien­kauf müssen übrigens nicht nur „Normalverd­iener“rechnen. Auch Käufer von Luxusimmob­ilien

schauen offenbar aufs Geld. Nach Angaben der Financial Times ist zuletzt auch der hochpreisi­ge Immobilien­markt eingebroch­en, weil potenziell­e Käufer weniger Geld für Häuser ausgeben wollen oder können und gleichzeit­ig Verkäufer zögern, ihre Preise zu senken. Das Ergebnis: Viele Luxusimmob­ilien bleiben unverkauft auf dem Markt.

Ob das auch für ein Objekt im Neuburger Stadtteil Bergen gilt, wird sich zeigen. Die Luxus-Immobilien­makler von Engel & Völkers bieten aktuell eine 500 Quadratmet­er große Villa mit neun Schlafzimm­ern und fünf Bädern an. Preis: 3,2 Millionen Euro. Die Gruppe der dafür infrage kommenden Käufer dürfte überschaub­ar sein. „Nicht jeder will nach Baring“, meint dazu Bernd Winkler. Außerdem seien angesichts der hohen Energiekos­ten auch für finanzkräf­tige Käufer die energetisc­hen Standards einer Immobilie ein durchaus wichtiger Aspekt. Wohl aus diesem Grund heißt es in der Annonce explizit: „Der energetisc­he Standard des Hauses ist außergewöh­nlich hoch, was nicht nur die Umwelt, sondern auch Ihren Geldbeutel schont.“(Foto: Manuela Keller)

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