„Die Immobilienblase ist geplatzt“
Die Zeiten der schnellen Verkäufe zu Spitzenpreisen sind vorbei. Selbst Luxusimmobilien spüren den Wandel. Was ein Immobilienmakler jetzt rät.
Ein Reihenmittelhaus, 125 Quadratmeter Wohnfläche, in guter Wohnlage in Neuburg. Wenn Bernd Winkler vor zwei Jahren so eine Immobilie zum Verkauf angeboten bekam, brauchte es gerade mal einen Anruf, um sie für 440.000 Euro an den Mann zu bringen. Und mit ein bisschen Glück gab es sogar ein Konkurrenzangebot über 460.000 Euro. Diese Zeiten sind vorbei, „die Immobilienblase ist geplatzt“, sagt der Makler aus Neuburg. Heute ist dasselbe Objekt schon mal ein Jahr auf dem Markt und erzielt „nur noch“380.000 Euro.
Bernd Winkler ist seit über 30 Jahren in der Immobilienbranche tätig. Seit der Finanzkrise 2008 kannte die Preisentwicklung auf dem Neuburger Wohnungsmarkt nur eine Richtung: nach oben. Als Beispiel nennt der 57-Jährige eine Immobilie in der Gerhart-Hauptmann-Straße. Vor zwölf Jahren habe man dort eine Wohnung für 700 bis 800 Euro pro Quadratmeter kaufen können. Vor zwei Jahren sei der Quadratmeterpreis derselben Wohnung auf bis zu 3500 Euro geklettert. Innerhalb von zehn Jahren sei der Wert einer Immobilie also um das Vier- bis Fünffache gestiegen. Kein Wunder also, dass viele Sparer ein Stück von der üppigen Immobilien-Torte abhaben wollten. In der Branche gab es deshalb auf die Frage, wann der beste Zeitpunkt zum Kauf einer Wohnung sei, nur eine Antwort: gestern.
Auch auf dem Mietmarkt zogen die Preise spürbar an, berichtet Winkler. Bekam man als Mieter 2010 noch eine schöne Wohnung für sechs Euro, musste man gut zehn Jahre später schon um die elf Euro bezahlen. „Neuburg gehört zu den Städten mit der höchsten Mietsteigerung“, weiß der Makler und benennt auch den Grund dafür: Das hohe Gehalt der Audi-Mitarbeiter treibt die Preise einer ganzen Region nach oben. „Die Audianer konnten schon immer andere Preise bezahlen.“
Die Steilfahrt nach oben ist seit 2022 aber beendet. Vor allem im vergangenen Jahr sind die Preise für deutsche Wohnimmobilien – insbesondere in den Großstädten – ganz massiv gefallen. Der Abwärtstrend hat zum Jahresende 2023 zwar einen Halt eingelegt, doch in Summe haben sich Eigentumswohnungen um 8,9 Prozent, Einfamilienhäuser um 11,3 Prozent und Mehrfamilienhäuser sogar um 20,1 Prozent verbilligt, wie das Kieler Institut
für Weltwirtschaft ausgerechnet hat.
Auch in Neuburg kann mittlerweile nicht mehr jede Butze zu jedem Preis verkauft werden. „Wir sind jetzt wieder auf einem gerechteren Niveau“, bewertet Bernd Winkler die aktuelle Situation. Angebot und Nachfrage würden sich die Waage halten, die teils utopisch hohen Preise seien gefallen. „Der Immobilienmarkt ist wieder käuferfreundlicher geworden.“Weil der Neubau von Häusern so gut wie zum Erliegen gekommen ist, werde derzeit verstärkt auf Bestandsimmobilien zurückgegriffen. 3- bis 4-Zimmer-Wohnungen seien dabei besonders gefragt. Dagegen gebe es kaum noch Interesse an Immobilien zur Kapitalanlage. Weil die Zinsen für Anleger wieder gestiegen sind, gibt es mittlerweile auch wieder lukrative Alternativ-Anlageformen.
Der Zinsanstieg am Markt trifft nicht nur Bauwillige, die sich einen Neubau nicht mehr leisten können oder wollen, sondern auch Menschen, die auf günstigen Wohnraum angewiesen sind. Winkler erklärt das so: Neue Wohnungen werden im Moment nicht gebaut, weil sie derzeit nicht verkauft werden können. Dementsprechend gibt es weniger Bewegung auf dem bestehenden, günstigeren Wohnungsmarkt. „Diejenigen, die sich ohnehin schon wenig leisten können, bleiben dabei auf der Strecke“, beschreibt Bernd Winkler das Problem. Besonders schwierig hätten es alleinerziehende Frauen mit Kindern. „Für sie ist es ganz, ganz schwierig, eine Wohnung zu finden“, weiß er aus Erfahrung.
Und wie ist seine Prognose? Der Neuburger Immobilienmakler geht davon aus, dass die Preise im Raum Neuburg im Laufe dieses Jahres noch ein Stück weiter sinken werden, bevor sie sich einpendeln und dann auch wieder steigen werden.
Wer also jetzt sein Eigenheim nicht verkaufen muss, sollte lieber warten, rät er. Auch das Bauen werde seiner Meinung nach wieder günstiger und macht dies an sinkenden Handwerkerkosten fest. Winkler, der seine Dienste auch als Hausverwalter anbietet, habe vor wenigen Jahren für Malerarbeiten in einem Treppenhaus noch 42.000 Euro bezahlt. Zuletzt sei ihm ein entsprechendes Angebot für 10.000 Euro vorgelegt worden.
Beim Immobilienkauf müssen übrigens nicht nur „Normalverdiener“rechnen. Auch Käufer von Luxusimmobilien
schauen offenbar aufs Geld. Nach Angaben der Financial Times ist zuletzt auch der hochpreisige Immobilienmarkt eingebrochen, weil potenzielle Käufer weniger Geld für Häuser ausgeben wollen oder können und gleichzeitig Verkäufer zögern, ihre Preise zu senken. Das Ergebnis: Viele Luxusimmobilien bleiben unverkauft auf dem Markt.
Ob das auch für ein Objekt im Neuburger Stadtteil Bergen gilt, wird sich zeigen. Die Luxus-Immobilienmakler von Engel & Völkers bieten aktuell eine 500 Quadratmeter große Villa mit neun Schlafzimmern und fünf Bädern an. Preis: 3,2 Millionen Euro. Die Gruppe der dafür infrage kommenden Käufer dürfte überschaubar sein. „Nicht jeder will nach Baring“, meint dazu Bernd Winkler. Außerdem seien angesichts der hohen Energiekosten auch für finanzkräftige Käufer die energetischen Standards einer Immobilie ein durchaus wichtiger Aspekt. Wohl aus diesem Grund heißt es in der Annonce explizit: „Der energetische Standard des Hauses ist außergewöhnlich hoch, was nicht nur die Umwelt, sondern auch Ihren Geldbeutel schont.“(Foto: Manuela Keller)