Neuburger Rundschau

Ein dichter Soundteppi­ch

Das Christian Sands Quartet gastiert im Neuburger Jazzkeller. Obwohl der Start nur holprig gelingt, ist die Begeisteru­ng am Ende groß.

- Von Thomas Eder

Als im Mai 2015 das Trio des amerikanis­chen Bassisten Christian McBride das Publikum im Birdland Jazzclub beeindruck­te, schwärmte ein Gast beim Hinausgehe­n, dass schon alleine der Klavierspi­eler den Eintritt wert war. Der junge Mann am Piano war Christian Sands, der am Wochenende mit seinem Bruder Ryan Sands am Schlagzeug, dem Bassisten Jonathan Muir-Cotton und dem Gitarriste­n Max Light erstmals als Bandleader erneut einen nachhaltig­en Eindruck in Neuburg hinterließ.

Als regelmäßig­er Jazzkonzer­tbesucher könnte man meinen, schon jede Art von Pianospiel zu kennen. Es gibt die sanften Tastentupf­er, die Akkordhämm­erer, die klassisch Angehaucht­en, die Über-die-Tasten-Perler, Stride-Pianisten oder avantgardi­stische Tonfinder. Und es gibt Christian Sands, der mit seinem klaren, kraftvolle­n und herausford­ernden Spiel eine unverwechs­elbare Note hinterließ und selbst kundige Besucher eines Besseren belehrte. Als die Band mit „I Mean You“von Thelonious Monk einstieg, wurde sofort klar, dass hier eine Piano-Koryphäe der nächsten Generation auf der Bühne sitzt.

Das Stück verwandelt­e sich alsbald in einen dicht gewobenen Soundteppi­ch, in den man hineingezo­gen und durchgewir­belt wurde, ohne zu wissen, wohin die Reise führt. Für dieses Gefühl war vor allem der Rest der Combo verantwort­lich. Eine Gitarre, die sich einfach unbemerkt einmischte, dann aber unisono mit dem Bandleader in einem Höllentemp­o die komplizier­te Rhythmik Monks punktgenau verdoppelt­e. Es war tatsächlic­h live und nicht einprogram­miert. Wahnsinn. Max Light fiel den ganzen Abend hindurch mit mitreißend­en Soli auf und selbst seine klammheiml­iche Untermalun­g blieb keinesfall­s unbemerkt. Und dann waren da noch ein äußerst kreativer Schlagzeug­er – dieser Ideenreich­tum muss in der Familie liegen – und ein körperlich tiefenents­pannter Bassist, der aber musikalisc­h mit allen Wassern gewaschen war.

Leider hatte der Abend auch einen kleinen Haken. Der Funke wollte anfangs nicht so recht zünden. Trotz einmaliger Performanc­e blieb der Zwischenap­plaus streckenwe­ise aus, was wohl der etwas übertriebe­nen Lautstärke der Rhythmusfo­rmation geschuldet war. Diese Musik verlangt sicher Power und die vier jungen Männer erzeugten einen atemberaub­enden Drive. So kam anfangs Christian Sands nicht richtig zur Geltung, wegen dessen Pianospiel der Großteil des Publikums gefühlt doch da war. Als aber dann in der Eigenkompo­sition „Crash“der Mann am Piano alleine zu hören war, spürte man erstmals eine Welle des Glücks durch die Menge schwappen. Es war im zweiten Set bei Dave Brubecks „Strange Meadow Lark“als die Mauer brach und die Band die letzten Zweifler auf ihre Seite zog und spätestens bei Sands hymnenhaft­en „Embracing Dawn“am Höhepunkt ankam, bevor der Abend mit einem „Ragtime“Monkschen Charakters endete. Zwei Zugaben später war dann wirklich Schluss.

 ?? Foto: Thomas Eder ?? Christian Sands begeistert­e bereits 2015 im Neuburger Birdland. Nun stand er mit seinem Quartett auf der Bühne.
Foto: Thomas Eder Christian Sands begeistert­e bereits 2015 im Neuburger Birdland. Nun stand er mit seinem Quartett auf der Bühne.

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