Von Umweltschutz bis Tampons
Kampf gegen Rechtsextreme und ÖPNV: Lukas Schorer und Felix Kirberg sind Sprecher des Jugendkreistages. Was das Gremium macht und was die beiden antreibt.
Es ist das, was Rechtsextreme zerstören wollen. Da ist sich Lukas Schorer sicher. Er spricht über den Jugendkreistag, der sei „gelebte Demokratie“. Der 20-Jährige ist Sprecher des Gremiums. Bei der letzten Sitzung sei die Stimmung wegen der Enthüllungen um das Geheimtreffen von Rechtsextremen in Potsdam schlecht gewesen. Jugendliche, die sich freiwillig treffen und über Lokalpolitik sprechen, obwohl viele von Ihnen noch nicht einmal wählen dürfen, das gefalle Demokratiefeinden nicht. Auf den Demonstrationen gegen Rechtsextremismus sei die Stimmung dann wieder besser gewesen, berichtet Schorer. In Neuburg kamen auch junge Menschen zu Wort: Eine Demonstration in dieser Größe mache Hoffnung. Erschreckend sei jedoch, dass aktuelle Ereignisse eins zu in Geschichtsbüchern nachzulesen seien.
Der Jugendkreistag, das ist die parlamentarische Vertretung der Jugendlichen im Landkreis. Er wurde 2020 unter anderem von Matthias Enghuber ins Leben gerufen. Die erste konstituierende Sitzung fand im Frühjahr 2022 statt. Aktuell sitzen rund 40 Jugendliche im Jugendkreistag. Sie treffen sich etwa viermal im Jahr. Die Delegierten werden über die Schulen organisiert. Manchmal werden die Schülersprecherinnen und Schülersprecher entsendet, an anderen Schulen werden Vertreterinnen und Vertreter gewählt. Dazu kommen Mitglieder aus den Jugendparlamenten und vom Kreisjugendring. Eine Amtsperiode des Jugendkreistags dauert zwei Schuljahre.
Sprecher ist derzeit neben Lukas Schorer auch Felix Kirberg. Beide sind auch in den Jugendvertretungen ihrer Heimatstadt aktiv. Schorer ist im Neuburger Jugendparlament, Kirberg ist Jugendstadtrat in Schrobenhausen. Der 20-jährige Neuburger studiert in Eichstätt Politikwissenschaft und Soziologie. Felix Kirberg aus Hohenwart macht in diesem Frühjahr sein Abitur. Beide sprechen überlegt, ruhig und wählen ihrer Worte genau aus. Als sie über kostenlose Periodenprodukte sprechen, macht Kirberg klar, er könne nicht für Betroffene sprechen, auch wenn er den Antrag im Jugendkreistag eingebracht habe.
Politisiert hat Kirberg und Schorer die Debatte um den Artikel 13 um das Jahr 2019. Durch die Urheberrechtsreform sorgten sich vor allem junge Menschen um ihre Freiheit im Internet. Sie fürchteten, dass die Meinungsfreiheit massiv eingeschränkt werde. „Weil ich früher ein Kellerkind war und viel Zeit im Internet verbracht habe, hat sich das schon beschäftigt“, sagt Kirberg. Heute engagiert er sich bei den Grünen in Schrobenhausen. Ganz ähnlich war es bei Lukas Schorer, auch er ging wegen des Artikels 13 auf seine erste Demo nach München, danach habe er sich schnell für Nachhaltigkeit und Umwelt interessiert. Heute ist er beim Bund Naturschutz und bei Fridays for Future aktiv. Mitglied in einer Partei ist der Neuburger nicht.
Im Jugendkreistag gibt es keine Fraktionen. Die Mitglieder müssen auch keinen Parteien angehören.
Das Gremium verstehe sich als unparteiisch, sagt Lukas Schorer. Die Einstellungen der aktuellen Mitglieder beschreiben die beiden Sprecher als liberal, umweltbewusst und größtenteils progressiv. „Jugendvertretungsgremien sind grundsätzlich einfach eher progressiv eingestellt, eher links und eher weltoffen“, erklärt der Neuburger mit Blick die 40 Delegierten.
Schorer und Kirberg entschieden sich bewusst für eine gemeinsame Kandidatur. Sie wollen den ganzen Landkreis vertreten. Felix Kirberg gibt zu: „Ich kenne Neuburg nicht und die Neuburger Schrobenhausen nicht, obwohl wir ein gemeinsamer Landkreis sind.“Und von Neuburg nach Schrobenhausen komme auch niemand ohne Auto. Dass es keine schnelle Zug- oder Busverbindung zwischen
den beiden Kreisstädten gebe, sei ein großes Thema.
Wenn der Jugendkreistag zusammenkommt, dann können die Mitglieder Anträge einbringen. Es geht beispielsweise um die Stärkung der Biodiversität im Landkreis, ÖPNV, kostenlose Periodenprodukte an Schulen und um die Herabsetzung des Wahlalters. Wie auch der Seniorenbeirat kann der Jugendkreistag Empfehlungen an Landrat und Kreistag aussprechen. Die Sprecher können zudem auch Beschlüsse in den Kreistag einbringen, diese werden dann dort weiterbearbeitet. Die Jugendlichen lernen aber auch, welche Themen wie politisch bearbeitet werden. Für die kostenlosen Periodenprodukte brauchte es beispielsweise keinen Beschluss im Kreistag, erklärt Kirberg. Schulen können die Produkte einfach wie
Klopapier kaufen. Der Jugendkreistag dient auch als Forum, wo junge Menschen zusammenkommen und sich austauschen können. Die Themen nehmen sie dann mit in ihre Schulen und in den Alltag.
Gleichzeitig kann der Jugendkreistag auch eigene Projekte umsetzen, dem Gremium steht ein eigener Etat zur Verfügung, über deren Verwendung er selbst und allein entscheidet. 2023 waren es 4000 Euro. Bei der jüngsten Sitzung im Januar entwickelten die Delegierten erste Pläne für ein neues Projekt: Sie wollen mit anderen Jugendlichen ins Gespräch kommen: politische Bildung von Jugendlichen für Jugendliche. Damit diese gelebte Demokratie, von der Lukas Schorer spricht, über die Grenzen des Gremiums im ganzen Landkreis ankommt.