130.000 Bilder von Alt-Neuburg
Das Stadtarchiv bewahrt einen wahren Bilderschatz. Der Aktenstapel würde locker über den Eiffelturm hinausragen. Die Neuburger zeigen großes Interesse an Archiv- und Stadtgeschichte.
Neuburg Der Stapel wäre zweieinhalbmal so hoch wie der Eiffelturm – so viele Akten und Schachteln schlummern im Neuburger Stadtarchiv. Zum „Tag der Archive“durften Interessierte einen Blick ins Innenleben werfen.
Obwohl das Sonntagswetter die Menschen eher ins Freie zog, schauten gut 50 Besucher im Loiblhaus in der Altstadt vorbei. „Eigentlich sind wir hier in einem Labyrinth“, erklärte Stadtarchivarin Monika Schierl die verwinkelten Gänge des früheren Klosters und Druckereihauses. Die Fachfrau öffnete diverse Behältnisse, zeigte den ersten Stadtplan von 1817, einen 400 Jahre alten Wappenbrief und die Urkunde von 1347, die Neuburg das Recht einräumte, den Schifffahrern auf der Donau eine Gebühr abzuverlangen.
Die Arbeit im Archiv sei viel abwechslungsreicher als manche meinen. „Bei uns ist immer etwas los“, versichern Monika Schierl und ihre Mitarbeiterin Melissa Aydiz, „das verstaubte Bild des Archivars gilt nicht mehr.“Das liegt zum einen an den zahlreichen Anfragen von Familienforschern, Heimatkundlern, Erbenermittlern und Behördenvertretern. Zum anderen bewegen sich die Archivspezialisten längst digital im Internet. Dazu gehörte ein Dokumentenmanagementsystem (DMS), das eine Arbeitsgruppe für die Stadt zum Einsatz bringen will.
Ohne Bilder läuft heute nichts mehr. „Bilder können Geschichte besser erklären“, findet Archivarin Monika Schierl und verweist auf den Fotoschatz der Stadt Neuburg. 20.000 Bilder seien digitalisiert, können rasch gefunden und abgerufen werden. Eine wertvolle Sammlung hat die Stadt mit den Arbeiten von Julius (1895-1979) und Max Sayle (1936-1914) von deren Nachkommen erwerben können. Diese Aufnahmen gleichen einem Neuburger Bildband des 20. Jahrhunderts.
Insgesamt 130.000 Aufnahmen und Pläne verwahrt das Archiv.
Darunter sind auch Bilder weiterer Fotografen wie Konrad Reßler, Werner Schlüter oder Otto Mohr. Ihre zeitlos gekonnten SchwarzWeiß-Bilder zeigen Menschen, Straßen und Häuser vergangener Jahrzehnte. Sie dokumentieren die Leistung früherer Generationen, erzeugen Respekt und Achtung vor dem historischen Erbe.
Das Archiv bekommt es mit der Bürokratie zu tun. Alle Vorgänge der Stadtverwaltung landen in der Registratur und später im Stadtarchiv. Der Großteil wird jahrzehntelang
aufgehoben, ein kleinerer Teil ausgesondert. Zur Klärung von Grenz- und Grundstücksfragen dienen die Kataster und Liegenschaftsbücher. Was die Neuburger Fluren betrifft, befindet sich das Gros davon in den Staatsarchiven München und Augsburg. Nutzer können sich dort informieren und die Dokumente einsehen. Das gilt natürlich auch für das Neuburger Archiv. Nach den bisherigen Erfahrungen von Monika Schierl und Melissa Aydin „wird es rege genutzt.“
Anfragen kommen über das Internet oder über persönliche Besuche rein. Um das generelle Interesse am Archiv zu vertiefen, denken die beiden Damen an einen weiteren Tag der offenen Tür. Die jüngste Resonanz sei ermutigend gewesen. Außerdem brachten die Besucher Briefe, Zeugnisse und Urkunden zum Entziffern mit. Die meisten haben Probleme mit der alten deutschen Schrift. „Auf jeden Fall haben viele Neuburger Interesse an ihrer Geschichte.“
Eine angenehme, aber durchaus
diffizile Arbeit läuft mit der Bewertung und Registrierung des Nachlasses von Josefine Meidinger (1899-1971).
Wie berichtet, hat der Freistaat Bayern die umfangreiche Sammlung der Scherenschnittkünstlerin der Stadt Neuburg zur wissenschaftlichen Bearbeitung mit regelmäßigen Ausstellungen überlassen. Das erledigen Stadtarchiv und Kulturamt gemeinsam. Heuer sind zwei weitere Meidinger-Ausstellungen im Frühjahr und zum Jahresende geplant.