B16-Ausbau: Wo sind die Alternativen?
Gegnern des geplanten B16-Ausbaus zwischen Neuburg und der A9 fehlt es an Vorschlägen abseits der Straße. Politische Befürworter sehen wenig Spielraum. Und ein Wirtschaftsvertreter bleibt Antworten schuldig.
Der Weg von Neuburg bis zur A9 könnte wie auf Schienen laufen. Keine Lastwagen, die den Verkehrsfluss bremsen, kein morgendlicher Stau. Mit Tempo 120 und schneller könnte man auf doppelten Spuren dahinbrausen, vorbei an Wänden aus Beton und Stein, die die Verkehrsgeräusche gegen die dahinterliegenden Orte abschirmen. 24 Kilometer freie Fahrt für Autos und Lastwagen, zu haben für eine Summe von geschätzt einer halben Milliarde Euro.
Braucht’s des? Diese Frage stellen sich seit vielen Jahren nicht nur Anwohner entlang der Strecke. Der Ausbau und seine Dimensionen erschrecken auch Umweltschützer und Menschen, die eine Verkehrswende fordern. Besonders aktiv bei diesem Thema ist der Verein „Lebenswertes Manching – Stopp B16-Ausbau“. Zum zweiten Mal hat er am Dienstag zusammen mit dem Bund Naturschutz zu einer Veranstaltung eingeladen, bei der ebendiese Frage im Raum stand. Dieses Mal hatte der Vereinsvorstand sowohl Gegner als auch Befürworter aufs Podium geholt. Die Bundestagsabgeordneten Reinhard Brandl und Erich Irlstorfer (beide CSU) sowie Korbinian Leitner von der IHK Oberbayern standen auf der Seite der Fürsprecher, Vereinsvorsitzende Margaretha Bauernfeind, Gernot Hartwig vom Bund Naturschutz und MdB Leon Eckert (Grüne) auf der Seite der Kritiker.
In der abermals vollen Sportgaststätte des SV Zuchering wurden über zwei Stunden hinweg die weitgehend bekannten Argumente ausgetauscht. Denn an der Faktenlage hat sich seit einem Jahr nichts geändert. Im Wesentlichen drehte sich die Diskussion um zwei Aspekte: Warum hat der Bund bei seiner Verkehrsplanung nur den Ausbau von Straßen auf dem Schirm und denkt über keine Alternativen nach? Und wie realistisch sind die Prognosen, wonach der Verkehr auf der B16 stetig zunehmen soll?
Befriedigende Antworten gab es auf keine der Fragen. Der Großraum Ingolstadt wachse im Vergleich zu anderen bayerischen Regionen überdurchschnittlich stark und mit ihr das Verkehrsaufkommen, so die Vorhersage des Bundesverkehrsministeriums. Die B16 zwischen Neuburg und der A9 werde deshalb in ihrer jetzigen Form absehbar an ihre Grenzen stoßen. Ein Ausbau sei notwendig und gerechtfertigt, „weil der wachsende Verkehr nicht vollständig über die Schiene abgewickelt werden kann“, begründet Reinhard Brandl. Er befürchtet, dass Autos und Lastwagen über die Dörfer ausweichen könnten, wenn die B16 zunehmend verstopft.
In dieselbe Kerbe schlug auch sein Parteikollege Erich Irlstorfer. „Ich bin der Meinung, dass wir diese Straße brauchen.“Man würde sehenden Auges auf einen Verkehrskollaps zusteuern, wenn der vierspurige Ausbau nicht umgesetzt würde. Unternehmen in der Region seien darauf angewiesen, dass die Lieferketten reibungslos funktionieren. „Der volkswirtschaftliche Schaden durch einen Nichtausbau ist deutlich höher als die Kosten“, ist seine Einschätzung. Für ihn und Brandl gehören Lärmschutzwände „möglichst auf der gesamten Strecke“(Brandl) zum Projekt dazu. Brandl verspricht darüber hinaus eine Geschwindigkeitsbeschränkung. „Daran werde ich mich auch messen lassen.“
Margaretha Bauernfeind schenkte weder dem TempolimitVersprechen noch den prognostizierten Verkehrszahlen des Bundes Vertrauen. Nach Recherchen des Vereins hat sich zwischen 2005 und 2022 der Schwerlastverkehr zwischen Weichering und der A9 kaum verändert bzw. ist in manchen Bereichen sogar zurückgegangen. Wie dagegen die steigenden Zahlen, die als Rechtfertigung für den Ausbau dienen, zustande kommen, konnte in der Versammlung nicht geklärt werden. Brandl versprach diesbezüglich Aufklärung in der nächsten Diskussionsrunde.
Ob der Verkehr wirklich zunimmt und wenn ja, in welchem Maße, wird am Ende wohl niemand sicher sagen können. Umso mehr stellt sich den Gegnern die Frage, ob der immense Eingriff das Geld und die Umweltauswirkungen wert ist. Gernot Hartwig vom Bund Naturschutz sieht durch einen Ausbau die Begehrlichkeiten erst geweckt: Größere Straßen würden automatisch mehr Verkehr anziehen. Für den Umweltschützer wird die Diskussion ohnehin falsch geführt. Man dürfe nicht darüber nachdenken, wie man zusätzlichen Verkehr bewältigt, sondern wie man Verkehr grundsätzlich reduziert.
Ein Umdenken fordert auch der Grünen-Abgeordnete Leon Eckert. Die geltende Gesetzesgrundlage für den Bundesverkehrswegeplan, wonach Verkehrsinfrastruktur nur über den Straßenbau definiert wird, sei nicht mehr zeitgemäß, ist seine Meinung. Es werde immer noch zu wenig darüber nachgedacht, wie (zusätzlicher) Verkehr auf die Schiene gebracht werden könne. Das ist auch die Richtung, die der Verein „Stopp B16-Ausbau“ansteuern möchte, wie Margaretha Bauernfeind klarmachte: Man verschließe sich nicht gegen Optimierungen im Straßenverkehr, „natürlich braucht die Wirtschaft Lkw“. Ihr und anderen Kritikern fehlt es jedoch an Alternativlösungen zum B16-Ausbau.
Als Vertreter der Wirtschaft hätte Korbinian Leitner von der IHK möglicherweise eine nachvollziehbare Antwort darauf geben können, warum ein Ausbau für Unternehmen in der Region wichtig ist. An diesem Abend konnte er jedoch für seine Lobby nicht punkten. Er sprach zwar davon, dass die Betriebe
gut erreichbar sein müssten, dass dabei Lkw die meiste Last tragen würden und der Schienenverkehr vor allem auf kurzer Strecke nicht rentabel sei. Doch ein handfestes Beispiel aus der Praxis nannte er nicht.
Im Gegenteil: Als ihn Moderator Johannes Langer mit den Ergebnissen der IHK-Standortumfrage konfrontierte, wonach ein Großteil der befragten Unternehmen „höchste Zufriedenheit“mit der Anbindung an das regionale Straßennetz attestierte, und er die Frage stellte, warum dann nach Meinung der IHK die B16 ausgebaut werden müsse, geriet er in Erklärungsnot. Auch die Unterstützerliste von 255 Wirtschaftsvertretern konnte er nicht begründen.
Am Ende stand für die Veranstalter der Podiumsdiskussion eine entscheidende Frage im Raum: Was muss passieren, damit der geplante B16-Ausbau gestoppt wird? Dazu müsste das Kosten-Nutzen-Verhältnis nicht mehr gegeben sein, erklärte Leon Eckert. Heißt: Wenn das Projekt zu teuer wird und gleichzeitig die zu erwartende Entlastung zu gering ist, dann wird das Vorhaben aufgegeben. Die Kosten und die Verkehrszahlen werden im Laufe des Planungsprozesses regelmäßig aktualisiert und die Verhältnismäßigkeit immer wieder überprüft. Aktuell, so hat Margaretha Bauernfeind recherchiert, liege der Wert unter 1 – und damit unter der akzeptablen Grenze.