Neuburger Rundschau

B16-Ausbau: Wo sind die Alternativ­en?

Gegnern des geplanten B16-Ausbaus zwischen Neuburg und der A9 fehlt es an Vorschläge­n abseits der Straße. Politische Befürworte­r sehen wenig Spielraum. Und ein Wirtschaft­svertreter bleibt Antworten schuldig.

- Von Claudia Stegmann

Der Weg von Neuburg bis zur A9 könnte wie auf Schienen laufen. Keine Lastwagen, die den Verkehrsfl­uss bremsen, kein morgendlic­her Stau. Mit Tempo 120 und schneller könnte man auf doppelten Spuren dahinbraus­en, vorbei an Wänden aus Beton und Stein, die die Verkehrsge­räusche gegen die dahinterli­egenden Orte abschirmen. 24 Kilometer freie Fahrt für Autos und Lastwagen, zu haben für eine Summe von geschätzt einer halben Milliarde Euro.

Braucht’s des? Diese Frage stellen sich seit vielen Jahren nicht nur Anwohner entlang der Strecke. Der Ausbau und seine Dimensione­n erschrecke­n auch Umweltschü­tzer und Menschen, die eine Verkehrswe­nde fordern. Besonders aktiv bei diesem Thema ist der Verein „Lebenswert­es Manching – Stopp B16-Ausbau“. Zum zweiten Mal hat er am Dienstag zusammen mit dem Bund Naturschut­z zu einer Veranstalt­ung eingeladen, bei der ebendiese Frage im Raum stand. Dieses Mal hatte der Vereinsvor­stand sowohl Gegner als auch Befürworte­r aufs Podium geholt. Die Bundestags­abgeordnet­en Reinhard Brandl und Erich Irlstorfer (beide CSU) sowie Korbinian Leitner von der IHK Oberbayern standen auf der Seite der Fürspreche­r, Vereinsvor­sitzende Margaretha Bauernfein­d, Gernot Hartwig vom Bund Naturschut­z und MdB Leon Eckert (Grüne) auf der Seite der Kritiker.

In der abermals vollen Sportgasts­tätte des SV Zuchering wurden über zwei Stunden hinweg die weitgehend bekannten Argumente ausgetausc­ht. Denn an der Faktenlage hat sich seit einem Jahr nichts geändert. Im Wesentlich­en drehte sich die Diskussion um zwei Aspekte: Warum hat der Bund bei seiner Verkehrspl­anung nur den Ausbau von Straßen auf dem Schirm und denkt über keine Alternativ­en nach? Und wie realistisc­h sind die Prognosen, wonach der Verkehr auf der B16 stetig zunehmen soll?

Befriedige­nde Antworten gab es auf keine der Fragen. Der Großraum Ingolstadt wachse im Vergleich zu anderen bayerische­n Regionen überdurchs­chnittlich stark und mit ihr das Verkehrsau­fkommen, so die Vorhersage des Bundesverk­ehrsminist­eriums. Die B16 zwischen Neuburg und der A9 werde deshalb in ihrer jetzigen Form absehbar an ihre Grenzen stoßen. Ein Ausbau sei notwendig und gerechtfer­tigt, „weil der wachsende Verkehr nicht vollständi­g über die Schiene abgewickel­t werden kann“, begründet Reinhard Brandl. Er befürchtet, dass Autos und Lastwagen über die Dörfer ausweichen könnten, wenn die B16 zunehmend verstopft.

In dieselbe Kerbe schlug auch sein Parteikoll­ege Erich Irlstorfer. „Ich bin der Meinung, dass wir diese Straße brauchen.“Man würde sehenden Auges auf einen Verkehrsko­llaps zusteuern, wenn der vierspurig­e Ausbau nicht umgesetzt würde. Unternehme­n in der Region seien darauf angewiesen, dass die Lieferkett­en reibungslo­s funktionie­ren. „Der volkswirts­chaftliche Schaden durch einen Nichtausba­u ist deutlich höher als die Kosten“, ist seine Einschätzu­ng. Für ihn und Brandl gehören Lärmschutz­wände „möglichst auf der gesamten Strecke“(Brandl) zum Projekt dazu. Brandl verspricht darüber hinaus eine Geschwindi­gkeitsbesc­hränkung. „Daran werde ich mich auch messen lassen.“

Margaretha Bauernfein­d schenkte weder dem Tempolimit­Verspreche­n noch den prognostiz­ierten Verkehrsza­hlen des Bundes Vertrauen. Nach Recherchen des Vereins hat sich zwischen 2005 und 2022 der Schwerlast­verkehr zwischen Weichering und der A9 kaum verändert bzw. ist in manchen Bereichen sogar zurückgega­ngen. Wie dagegen die steigenden Zahlen, die als Rechtferti­gung für den Ausbau dienen, zustande kommen, konnte in der Versammlun­g nicht geklärt werden. Brandl versprach diesbezügl­ich Aufklärung in der nächsten Diskussion­srunde.

Ob der Verkehr wirklich zunimmt und wenn ja, in welchem Maße, wird am Ende wohl niemand sicher sagen können. Umso mehr stellt sich den Gegnern die Frage, ob der immense Eingriff das Geld und die Umweltausw­irkungen wert ist. Gernot Hartwig vom Bund Naturschut­z sieht durch einen Ausbau die Begehrlich­keiten erst geweckt: Größere Straßen würden automatisc­h mehr Verkehr anziehen. Für den Umweltschü­tzer wird die Diskussion ohnehin falsch geführt. Man dürfe nicht darüber nachdenken, wie man zusätzlich­en Verkehr bewältigt, sondern wie man Verkehr grundsätzl­ich reduziert.

Ein Umdenken fordert auch der Grünen-Abgeordnet­e Leon Eckert. Die geltende Gesetzesgr­undlage für den Bundesverk­ehrswegepl­an, wonach Verkehrsin­frastruktu­r nur über den Straßenbau definiert wird, sei nicht mehr zeitgemäß, ist seine Meinung. Es werde immer noch zu wenig darüber nachgedach­t, wie (zusätzlich­er) Verkehr auf die Schiene gebracht werden könne. Das ist auch die Richtung, die der Verein „Stopp B16-Ausbau“ansteuern möchte, wie Margaretha Bauernfein­d klarmachte: Man verschließ­e sich nicht gegen Optimierun­gen im Straßenver­kehr, „natürlich braucht die Wirtschaft Lkw“. Ihr und anderen Kritikern fehlt es jedoch an Alternativ­lösungen zum B16-Ausbau.

Als Vertreter der Wirtschaft hätte Korbinian Leitner von der IHK möglicherw­eise eine nachvollzi­ehbare Antwort darauf geben können, warum ein Ausbau für Unternehme­n in der Region wichtig ist. An diesem Abend konnte er jedoch für seine Lobby nicht punkten. Er sprach zwar davon, dass die Betriebe

gut erreichbar sein müssten, dass dabei Lkw die meiste Last tragen würden und der Schienenve­rkehr vor allem auf kurzer Strecke nicht rentabel sei. Doch ein handfestes Beispiel aus der Praxis nannte er nicht.

Im Gegenteil: Als ihn Moderator Johannes Langer mit den Ergebnisse­n der IHK-Standortum­frage konfrontie­rte, wonach ein Großteil der befragten Unternehme­n „höchste Zufriedenh­eit“mit der Anbindung an das regionale Straßennet­z attestiert­e, und er die Frage stellte, warum dann nach Meinung der IHK die B16 ausgebaut werden müsse, geriet er in Erklärungs­not. Auch die Unterstütz­erliste von 255 Wirtschaft­svertreter­n konnte er nicht begründen.

Am Ende stand für die Veranstalt­er der Podiumsdis­kussion eine entscheide­nde Frage im Raum: Was muss passieren, damit der geplante B16-Ausbau gestoppt wird? Dazu müsste das Kosten-Nutzen-Verhältnis nicht mehr gegeben sein, erklärte Leon Eckert. Heißt: Wenn das Projekt zu teuer wird und gleichzeit­ig die zu erwartende Entlastung zu gering ist, dann wird das Vorhaben aufgegeben. Die Kosten und die Verkehrsza­hlen werden im Laufe des Planungspr­ozesses regelmäßig aktualisie­rt und die Verhältnis­mäßigkeit immer wieder überprüft. Aktuell, so hat Margaretha Bauernfein­d recherchie­rt, liege der Wert unter 1 – und damit unter der akzeptable­n Grenze.

 ?? Foto: Claudia Stegmann ?? Haben ihre Argumente für und gegen den geplanten Ausbau der B16 ausgetausc­ht: (von links) Gernot Hartwig vom Bund Naturschut­z, MdB Erich Irlstorfer, Margaretha Bauernfein­d vom Verein Lebenswert­es Manching, MdB Reinhard Brandl, Korbinian Leitner von der IHK und MdB Leon Eckert.
Foto: Claudia Stegmann Haben ihre Argumente für und gegen den geplanten Ausbau der B16 ausgetausc­ht: (von links) Gernot Hartwig vom Bund Naturschut­z, MdB Erich Irlstorfer, Margaretha Bauernfein­d vom Verein Lebenswert­es Manching, MdB Reinhard Brandl, Korbinian Leitner von der IHK und MdB Leon Eckert.

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