Kreativität trifft auf Nächstenliebe
Sechs Frauen aus Hütting verwandeln Wolle in liebevoller Handarbeit in kleine Botschafter, die Trost spenden sollen. Was genau dahintersteckt und warum es mehr davon braucht.
Stammtische gibt es viele. Mal sind es Handwerker, mal Seniorinnen, aber auch die Männeroder Mädelsclique, einfach nur, um bei einem Bierchen oder Aperol Spritz ungezwungen zu ratschen. Im Rennertshofener Ortsteil Hütting gibt es seit Anfang des Jahres einen neuen Stammtisch. Mit dabei sind sechs Frauen unterschiedlicher Generationen, die sich einmal in der Woche treffen und einem gemeinsamen Hobby nachgehen, das bei so mancher neu- oder auch wiederentdeckt wurde: Häkeln. Die Damen, die sich Hüttinger Häkelsextett nennen, fertigen allerlei Kreatives, vor allem kleine Würmchen und Engelchen aus bunter Wolle – und die haben eine ganz besondere Bedeutung.
Handarbeiten, von Basteln über Stricken und Häkeln war schon immer eine große Leidenschaft von Birgit Stricker. „Das sagt ja schon mein Nachname, oder?“, sagt die Hüttingerin und lacht. Viel Inspiration holt sie sich dabei auch im Internet und stieß beim Stöbern auf Facebook auf die Gruppe „Sorgenwürmchen-WorryWorms“. Und die Idee dahinter „fand ich klasse“, erzählt die Hüttingerin, „denn sie sind klein, frech, fröhlich und kunterbunt“. So wird aus Wollresten ein Körper gehäkelt, eine Holzperle mit einem aufgemalten lachenden Gesicht darauf. „Hinzu kommt noch ein wenig Schnickschnack und fertig ist das Sorgenwürmchen.“Damit das Würmchen auch „wirken“kann, wird ihm ein Zettel mit einer besonderen Botschaft beigelegt.
„Hast du Kummer oder Sorgen, will ich dir mein Lächeln borgen. Ich bin ein Sorgenwürmchen winzig klein, darf ich dein Begleiter sein? Pack mich ein und nimm mich mit, ich schenke dir Glück auf Schritt und Tritt.“Gemeinsam mit diesem aufmunternden Spruch wird das bunte Würmchen in ein Stoffsäckchen gepackt „und an unterschiedlichen Orten ausgesetzt, um gefunden zu werden und dem Finder schließlich eine Freude zu bereiten und auch Trost zu spenden“, so Stricker, die auch Menschen bei der Gassirunde mit Hund Gustl oder beim Einkaufen ganz spontan ein Würmchen in die Hand gedrückt hat. Es sei einfach
schön, zu sehen, wie sich die Leute über ihr spontanes Geschenk freuen, „das tut auch einem selbst gut“. Stricker will noch viel mehr Würmchen und damit Freude verteilen, doch alleine ist das gar nicht so leicht. Also hat sie sich Verstärkung geholt – und das Hüttinger Häkelsextett war geboren.
Zum Häkelstammtisch gehören seit Mitte Januar neben Birgit Stricker auch Angela Schabacker, Manuela Rehm, Birgit Schabacker, Renate Daferner und Monika Huber. Und seither waren die Damen mehr als fleißig: Stolze 155 Würmchen haben sie bereits gefertigt – doch das ist noch nicht alles. Zu den Sorgenwürmchen gesellen sich noch 87 bunte Schutzengel, die ebenfalls mit einem schönen, aufmunternden Spruch, verpackt in ein Säckchen verteilt werden und Freude bringen, aber auch Trost spenden sollen. Manche von ihnen sind auch außerhalb der
Treffen fleißig, wie etwa Monika Huber und Renate Daferner. „Ich stricke sehr viel, vor allem Socken, und die paar Würmchen sind da doch gleich gemacht“, sagt Daferner und lacht, und Huber ergänzt: „Zudem macht es auch einfach Freude.“
Die Kiste mit Würmchen und Engelchen wird immer voller und
da stellt sich natürlich die Frage: Was passiert mit ihnen? Die Antwort darauf war schnell gefunden: Sie werden gespendet, und zwar an den Hospizverein Neuburg-Schrobenhausen. „Der Gedanke ist, einen Engel mit auf den letzten Weg zu geben oder wieder Glück für die Hinterbliebenen ins Leben zu rufen“, erklärt Stricker und Birgit Schabacker ergänzt: „Und unterstützendes Helfen kostet nichts.“In den kommenden Tagen sollen die bunten Werke an den Verein übergeben werden. „Und vielleicht knacken wir bis dahin ja noch die 300“, sagt Angela Schabacker mit einem Augenzwinkern.
Und wie geht es weiter, wenn Engelchen und Würmchen in den Händen des Hospizvereins sind? „Dann finden wir ganz bestimmt etwas Neues“, meint Manuela Rehm. So finden sich auf dem Küchentisch von Birgit Stricker – bei ihr trifft sich das Sextett jede Woche
– neben all der bunten Wolle, bemalten Holzköpfen, Häkelnadeln und allerlei weiteren Bastelmaterialien auch gehäkelte Schneckchen, Osterhäschen oder auch Küken. Die beiden Letzteren haben die Damen für den Gartenbauverein gemacht. „Natürlich wollen wir auch andere Häkelbegeisterte dazu bewegen, diese Idee der Würmchen und Engel zu übernehmen und anderen eine Freude zu bereiten“, betont Stricker. Neben sozialen Einrichtungen wie etwa dem Hospizverein würden sich sicherlich auch Schulen oder Kindergärten darüber freuen. Das Hüttinger Häkelsextett ist übrigens kein geschlossener Kreis, „wer sich uns anschließen möchte, ist gerne willkommen“, sagt Stricker und Monika Huber ergänzt mit einem Schmunzeln: „Dann können wir gerne in meinen Partykeller ausweichen, da haben bestimmt 20 Leute Platz.“