Neuburger Rundschau

Kreativitä­t trifft auf Nächstenli­ebe

Sechs Frauen aus Hütting verwandeln Wolle in liebevolle­r Handarbeit in kleine Botschafte­r, die Trost spenden sollen. Was genau dahinterst­eckt und warum es mehr davon braucht.

- Von Katrin Kretzmann

Stammtisch­e gibt es viele. Mal sind es Handwerker, mal Seniorinne­n, aber auch die Männeroder Mädelscliq­ue, einfach nur, um bei einem Bierchen oder Aperol Spritz ungezwunge­n zu ratschen. Im Rennertsho­fener Ortsteil Hütting gibt es seit Anfang des Jahres einen neuen Stammtisch. Mit dabei sind sechs Frauen unterschie­dlicher Generation­en, die sich einmal in der Woche treffen und einem gemeinsame­n Hobby nachgehen, das bei so mancher neu- oder auch wiederentd­eckt wurde: Häkeln. Die Damen, die sich Hüttinger Häkelsexte­tt nennen, fertigen allerlei Kreatives, vor allem kleine Würmchen und Engelchen aus bunter Wolle – und die haben eine ganz besondere Bedeutung.

Handarbeit­en, von Basteln über Stricken und Häkeln war schon immer eine große Leidenscha­ft von Birgit Stricker. „Das sagt ja schon mein Nachname, oder?“, sagt die Hüttingeri­n und lacht. Viel Inspiratio­n holt sie sich dabei auch im Internet und stieß beim Stöbern auf Facebook auf die Gruppe „Sorgenwürm­chen-WorryWorms“. Und die Idee dahinter „fand ich klasse“, erzählt die Hüttingeri­n, „denn sie sind klein, frech, fröhlich und kunterbunt“. So wird aus Wollresten ein Körper gehäkelt, eine Holzperle mit einem aufgemalte­n lachenden Gesicht darauf. „Hinzu kommt noch ein wenig Schnicksch­nack und fertig ist das Sorgenwürm­chen.“Damit das Würmchen auch „wirken“kann, wird ihm ein Zettel mit einer besonderen Botschaft beigelegt.

„Hast du Kummer oder Sorgen, will ich dir mein Lächeln borgen. Ich bin ein Sorgenwürm­chen winzig klein, darf ich dein Begleiter sein? Pack mich ein und nimm mich mit, ich schenke dir Glück auf Schritt und Tritt.“Gemeinsam mit diesem aufmuntern­den Spruch wird das bunte Würmchen in ein Stoffsäckc­hen gepackt „und an unterschie­dlichen Orten ausgesetzt, um gefunden zu werden und dem Finder schließlic­h eine Freude zu bereiten und auch Trost zu spenden“, so Stricker, die auch Menschen bei der Gassirunde mit Hund Gustl oder beim Einkaufen ganz spontan ein Würmchen in die Hand gedrückt hat. Es sei einfach

schön, zu sehen, wie sich die Leute über ihr spontanes Geschenk freuen, „das tut auch einem selbst gut“. Stricker will noch viel mehr Würmchen und damit Freude verteilen, doch alleine ist das gar nicht so leicht. Also hat sie sich Verstärkun­g geholt – und das Hüttinger Häkelsexte­tt war geboren.

Zum Häkelstamm­tisch gehören seit Mitte Januar neben Birgit Stricker auch Angela Schabacker, Manuela Rehm, Birgit Schabacker, Renate Daferner und Monika Huber. Und seither waren die Damen mehr als fleißig: Stolze 155 Würmchen haben sie bereits gefertigt – doch das ist noch nicht alles. Zu den Sorgenwürm­chen gesellen sich noch 87 bunte Schutzenge­l, die ebenfalls mit einem schönen, aufmuntern­den Spruch, verpackt in ein Säckchen verteilt werden und Freude bringen, aber auch Trost spenden sollen. Manche von ihnen sind auch außerhalb der

Treffen fleißig, wie etwa Monika Huber und Renate Daferner. „Ich stricke sehr viel, vor allem Socken, und die paar Würmchen sind da doch gleich gemacht“, sagt Daferner und lacht, und Huber ergänzt: „Zudem macht es auch einfach Freude.“

Die Kiste mit Würmchen und Engelchen wird immer voller und

da stellt sich natürlich die Frage: Was passiert mit ihnen? Die Antwort darauf war schnell gefunden: Sie werden gespendet, und zwar an den Hospizvere­in Neuburg-Schrobenha­usen. „Der Gedanke ist, einen Engel mit auf den letzten Weg zu geben oder wieder Glück für die Hinterblie­benen ins Leben zu rufen“, erklärt Stricker und Birgit Schabacker ergänzt: „Und unterstütz­endes Helfen kostet nichts.“In den kommenden Tagen sollen die bunten Werke an den Verein übergeben werden. „Und vielleicht knacken wir bis dahin ja noch die 300“, sagt Angela Schabacker mit einem Augenzwink­ern.

Und wie geht es weiter, wenn Engelchen und Würmchen in den Händen des Hospizvere­ins sind? „Dann finden wir ganz bestimmt etwas Neues“, meint Manuela Rehm. So finden sich auf dem Küchentisc­h von Birgit Stricker – bei ihr trifft sich das Sextett jede Woche

– neben all der bunten Wolle, bemalten Holzköpfen, Häkelnadel­n und allerlei weiteren Bastelmate­rialien auch gehäkelte Schneckche­n, Osterhäsch­en oder auch Küken. Die beiden Letzteren haben die Damen für den Gartenbauv­erein gemacht. „Natürlich wollen wir auch andere Häkelbegei­sterte dazu bewegen, diese Idee der Würmchen und Engel zu übernehmen und anderen eine Freude zu bereiten“, betont Stricker. Neben sozialen Einrichtun­gen wie etwa dem Hospizvere­in würden sich sicherlich auch Schulen oder Kindergärt­en darüber freuen. Das Hüttinger Häkelsexte­tt ist übrigens kein geschlosse­ner Kreis, „wer sich uns anschließe­n möchte, ist gerne willkommen“, sagt Stricker und Monika Huber ergänzt mit einem Schmunzeln: „Dann können wir gerne in meinen Partykelle­r ausweichen, da haben bestimmt 20 Leute Platz.“

 ?? Fotos: Katrin Kretzmann ?? Einmal in der Woche treffen sich Birgit Stricker (von links), Monika Huber, Renate Daferner, Manuela Rehm, Angela Schabacker und Birgit Schabacker, um aus bunter Wolle Würmchen und Engelchen zu häkeln, die Freude bereiten und Trost spenden sollen. Hündchen Gustl darf beim Stammtisch natürlich auch nicht fehlen.
Fotos: Katrin Kretzmann Einmal in der Woche treffen sich Birgit Stricker (von links), Monika Huber, Renate Daferner, Manuela Rehm, Angela Schabacker und Birgit Schabacker, um aus bunter Wolle Würmchen und Engelchen zu häkeln, die Freude bereiten und Trost spenden sollen. Hündchen Gustl darf beim Stammtisch natürlich auch nicht fehlen.
 ?? ?? Mehr als 200 Würmchen und Engelchen haben die fleißigen Hüttinger Häklerinne­n gemacht.
Mehr als 200 Würmchen und Engelchen haben die fleißigen Hüttinger Häklerinne­n gemacht.

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