Neues Elektroauto für das Stammwerk
Erst Autogrammstunde mit den Rallye-Dakar-Siegern, dann Betriebsversammlung. Bei Audi in Ingolstadt ist viel los. Chef Gernot Döllner verkündet eine gute Nachricht.
Ungefähr sechs Wochen ist es her, dass ein Auto mit elektrischem Antrieb zum allerersten Mal die Rallye Dakar gewonnen hat. Es war der Audi RS Q e-tron, der in dem wohl härteste Wüstenrennen der Welt siegte. Im Cockpit saßen die Spanier Carlos Sainz und Lucas Cruz. Außerdem waren zwei weitere dieser E-Autos mit jeweils zwei Fahrern bei der Rallye dabei. Am Mittwoch drehten die erfolgreichen Rennfahrer mit ihren Fahrzeugen, an denen noch der Wüstensand klebte, eine kleine Runde auf dem Audi-Gelände, während Audianerinnen und Audianer Fähnchen schwenkten. Gleich danach ging es für die Mitarbeiter zur Betriebsversammlung, auf der Vorstandsvorsitzender Gernot Döllner Neuigkeiten verkündete.
Es war die erste mit Gernot Döllner, der seit sechs Monaten Vorstandsvorsitzender von Audi ist und mit seiner anpackenden Art bereits für Wirbel im Unternehmen
gesorgt hat. Die Stimmung war insgesamt gut und der 55-Jährige hatte eine gute Nachricht zu verkünden: den Bau eines weiteren E-Modells in Ingolstadt.
Das neue Modell ist nach dem Q4 e-tron und dem Q8 e-tron das bislang dritte Serienfahrzeug der Marke Audi mit vollelektrischem Antrieb. Es handelt sich um einen Kleinwagen, wie er schon länger gefordert und angekündigt war. Wörtlich sagte Döllner: „Mittelfristig werden wir darüber hinaus ein weiteres rein elektrisches Modell am Standort produzieren.“Das Kompaktmodell sei unterhalb des Q4 e-tron positioniert.
Betriebsratsvorsitzender Jörg Schlagbauer begrüßte die Ankündigung: „Wir haben als Betriebsrat für dieses Fahrzeug seit Jahren gekämpft und es für Audi und das Werk Ingolstadt gefordert. Die Kriterien für einen positiven Beschluss waren von Anfang an klar formuliert.
Wirtschaftlichkeit und technologische Wettbewerbsfähigkeit müssen gewährleistet sein.“Die
Audi Mannschaft habe beides hinbekommen.
Die Entscheidung helfe, die mittelfristige Auslastung in der Produktion zu verbessern und damit für mehr Planungssicherheit in den kommenden Jahren zu sorgen. Darüber hinaus sei es ein Modell, das bei Audi den Einstieg in die E-Mobilität ermöglichen soll. „Aber“, mahnt Schlagbauer, „es gibt noch weitere Herausforderungen.“Das politische und gesellschaftliche Ziel angesichts des Klimawandels sei eindeutig: emissionsfreie Mobilität. Dennoch habe die Fokussierung auf das Elektroauto aktuell einen massiven Dämpfer erhalten, die Nachfrage breche nach dem Entfall der Förderung weg.
Große Autovermieter reduzierten ihre E-Auto-Flotte. Und in der Politik, gerade in den USA und in der Europäischen Union, könnten die Weichen nach den Wahlen in diesem Jahr wieder für eine längere Laufzeit der Verbrenner-Technologie gestellt werden. US-Präsident Joe Biden habe bereits in diese
Richtung eingelenkt und führende EU-Politiker dächten ebenfalls in solchen Szenarien. „Folglich müssen wir mit Veränderungen der Laufzeiten oder gar mit einem teilweisen Rollback beim Antriebsstrang in zwei der wichtigsten und größten Automärkte rechnen“, erläutert Jörg Schlagbauer.
„Wir werden wohl in allen Märkten länger als Stand heute geplant entsprechend der aktuellen gesetzlichen Emissionsvorgaben in verschiedenen Antriebsformen gleichzeitig präsent sein müssen: von vollelektrisch über HybridModelle bis hin zu effizienter EU7-konformer Verbrenner-Technologie. Das heißt: Wir müssen Ziele überprüfen. Wir müssen womöglich aktuelle Modelle weiterentwickeln, um die Standorte wetterfest zu machen.“
Nach dem Rekordgewinn im Jahr 2022 – ein operatives Ergebnis von 7,6 Milliarden Euro bei 1,6 Millionen verkauften Autos – hat der Automobilhersteller Audi im Januar erste Zahlen für das Jahr 2023 bekannt gegeben. Demnach hat das Ingolstädter Unternehmen im vergangenen Jahr rund 1,9 Millionen Autos ausgeliefert, also knapp 300.000 (+ 17,4 Prozent) mehr als im Jahr zuvor.
Vollelektrische Modelle waren es allerdings nur gut 178.000, was zwar einem Plus in diesem Segment von 51 Prozent gegenüber 2022 entspricht, aber lediglich einem Anteil von 9,4 Prozent des gesamten Absatzes. 2022 wurden 118.196 vollelektrische Fahrzeuge verkauft, was 7,3 Prozent des Absatzes bedeutete. Die VW-Tochter bewegt sich damit langsam, aber stetig auf dem Weg hin zur Elektromobilität. Um den Wandel weiter voranzutreiben, plant das Unternehmen zahlreiche neue Modelle 2024 und 2025.
Die Finanzzahlen für 2023 will der Audi-Vorstand am 19. März veröffentlichen. Zum Ziel gesetzt hat sich das Unternehmen einen Absatz von 1,8 Millionen bis 1,9 Millionen Autos, einen Umsatzanstieg auf 69 Milliarden bis 72 Milliarden Euro und gut neun Prozent Umsatzrendite.