Neuburger Rundschau

50 Jahre für die Musik

Die Musikschul­e Neuburg wird vor fünf Jahrzehnte­n gegründet. Seitdem hat sich einiges verändert. Nur eine Sache wird wohl immer gleich bleiben, egal, was die Musikschul­e noch erwartet.

- Von Anna Hecker

Neuburg Manchmal muss man sich eben einfach durchsetze­n. Schlägt das Herz für eine bestimmte Sache, dann kann man – entgegen aller Widerständ­e – etwas Großes schaffen.

Zum Beispiel ein Studium beginnen, das Grundstein für die Gründung einer Musikschul­e ist. Genauer gesagt, der Musikschul­e Neuburg, die sich zu einer wahren Institutio­n entwickelt hat und nach 50 Jahren ein nicht mehr wegzudenke­nder Bestandtei­l des Neuburger Kulturlebe­ns ist. Zwei Generation­en der Familie Wasilesku stehen mittlerwei­le hinter der Musikschul­e und vermitteln dort den wahren Kern des Unterricht­s: die bedingungs­lose Liebe zur Musik.

Alles soll im Jahr 1974 beginnen. Klaus Wasilesku ist am Ende seiner Studienzei­t angekommen, in Augsburg studierte er vier Jahre lang am Leopold-Mozart-Konservato­rium Klarinette, Klavier und Gitarre. Der junge Mann hat es nicht leicht mit seiner Leidenscha­ft für die Musik. Seine Eltern sind strikt gegen die künstleris­che Laufbahn, lieber soll der Sohn Versicheru­ngsvertret­er werden. Heimlich macht er trotzdem die Aufnahmepr­üfung am Konservato­rium – und wird genommen! Was er noch nicht ahnt: Seine Entscheidu­ng soll sich ein paar Jahre später auf Hunderte Musikschül­er auswirken.

Schon zum Ende seines Studiums gibt Klaus Wasilesku nebenbei Unterricht, dann erreicht ihn plötzlich ein ungewöhnli­ches Angebot: In der Luitpoldst­raße in der Neuburger Innenstadt schließt ein winziger Musikladen. „Klaus, willst du mein Geschäft kaufen“, kommt der ehemalige Betreiber auf ihn zu. Zwei Tage überlegt Wasilesku nur, es muss schnell gehen. Er gründet 1974 zusammen mit Alfred Loib sein eigenes Unternehme­n.

Erst zwei Jahre später, 1976, soll es in die heutigen Räume am Oswaldplat­z gehen, die Musikschul­e Neuburg – wie die Einrichtun­g getauft wurde – platzt damals aus allen Nähten. Leerstand gibt es in der Innenstadt nicht und erst als die alte Edeka-Filiale am Oswaldplat­z aufgegeben werden soll, bietet sich die Chance zum Umzug. „Das war wirklich kurios, wir haben den Laden samt Einrichtun­g übernommen, neben den Musikinstr­umenten konnte man bei uns

Mehl und Zucker kaufen“, erinnert sich Klaus Wasilesku lachend.

Der Andrang in der Musikschul­e ist groß, schnell hat sich ein stabiler Stamm von rund 300 Schülern aufgebaut, neue Lehrer werden dringend gesucht. Klaus Wasilesku rekrutiert Studienkol­legen, mit denen er auch zusammen in verschiede­nen Bands spielt. Und damals, in den Anfangszei­ten der jungen Musikschul­e Neuburg, sollen auch die ersten Schützling­e ihr Hobby aufnehmen, die später einmal selbst als Lehrer in der Musikschul­e unterricht­en. So wie beispielsw­eise Nicola Göbel, die als fünfjährig­e Flötenspie­lerin dort ihre ersten musikalisc­hen Schritte macht und seitdem der Musikschul­e seit 45 Jahren die Treue hält, schon seit vielen Jahren nun selbst als Lehrerin.

Die Musikschul­e ist ein Erfolgskon­zept, seit dem ersten Jahr gibt es Konzerte im Stadttheat­er, später sollen die Vorspielab­ende im Kolpinghau­s dazukommen. Und nebenbei wächst der eigene Nachwuchs heran. Der ältere Sohn, Oliver

Wasilesku, bekommt die Liebe zur Musik in die Wiege gelegt. Er entdeckt die Liebe zum Keyboard, in Eichstätt besucht er das musikalisc­he Gabrieli-Gymnasium. Schon im zarten Alter von 15 Jahren beginnt Oliver Wasilesku selbst zu unterricht­en, wie von selbst wächst er in die Strukturen der Musikschul­e. Diese jedoch später einmal zu übernehmen, das war vorerst nicht sein Plan.

Stattdesse­n will Wasilesku ins Gymnasial-Lehramt gehen, studiert Klavier und Trompete, später kommt ein Jazzdiplom dazu. „Das hatte er sich erst nicht getraut, er dachte, die Eltern erwarten, er soll schnell Geld verdienen. Aber ich sagte ihm, da gibt es nichts zu überlegen, mach das zweite Studium“, erinnert sich Klaus Wasileksu. Wie richtig diese Entscheidu­ng ist, soll sich später zeigen: Oliver Wasilesku ist heute Leiter der SwingIN und der Audi Bigband.

Während für Oliver also das Studium weitergeht, entwickelt sich die Musikschul­e weiter. 2007 boomt der Internetha­ndel, der Verkauf

von Musikinstr­umenten wird im Geschäft immer weniger. Also verringern die Wasileskus ihre Verkaufsfl­äche und bauen stattdesse­n eine eigene Bühne in den Laden. Dort sollen ab sofort die Vorspielab­ende stattfinde­n, die Auftritte im Kolpinghau­s, bei denen Hunderte Kinder erste Bühnenluft schnuppert­en, sind damit Geschichte. Die Wasileskus konzentrie­ren sich nun voll und ganz auf den Unterricht, mehr Räume kommen dazu, mittlerwei­le werden etwa 600 Schülerinn­en und Schüler betreut.

Die Musikschul­e floriert und doch ist die Zukunft ungewiss. „Wir wollten verkaufen, weil wir keinen Nachfolger hatten“, sagt Klaus Wasilesku über die Zeit, als er sich aus Altersgrün­den zurückzieh­en möchte. Die Musikschul­e in anderen Händen? Für Oliver keine Option – und so trifft er 2016 eine Entscheidu­ng, die er selbst so nicht kommen sah: Er und seine Frau Agathe werden die Musikschul­e Neuburg übernehmen.

Also Ende gut, alles gut? Man könnte meinen, mit der nächsten Generation sei die Musikschul­e so stark wie nie aufgestell­t. Doch ein Virus soll die Schule vor die schlimmste Prüfung stellen, die sie je meistern musste. Als 2020 der Lockdown ausgerufen wird und die Musikschul­e wegen der Coronapand­emie schließen muss, ändert sich alles. „Wir waren nicht systemrele­vant und von einem Tag auf den anderen hatten wir Existenzän­gste“, erinnert sich Oliver Wailesku an die schweren Zeiten. Innerhalb eines Wochenende­s stellt er um auf digitalen Unterricht. Die Schüler in dieser Zeit alleine zu lassen, ist keine Option. Die Familie Wasilesku ist bereit, für ihre Musikschul­e zu kämpfen.

Ein Kampf, der erschwert wird, als fast zeitgleich zu den Lockdowns ein Auto in das Erdgeschos­s der Musikschul­e rast. „Wir lagen in Schutt und Asche“, sagt Oliver Wasilesku. Doch er und seine Familie planen nicht aufzugeben, er sagt sich damals: „Wenn wir das überleben, dann überleben wir den nächsten Sturm auch.“Und die Musikschul­e soll den CoronaStur­m überstehen. „Seitdem fühlen wir uns hier so richtig angekommen, wir sind gestärkt aus der Krise gegangen“, freut sich die ganze Familie. Und so können sie sich auf das konzentrie­ren, was wirklich wichtig ist: Jungen ebenso wie erwachsene­n Schülern die Liebe zur Musik vermitteln. Eine Atmosphäre, die sie allesamt schätzen. „Wenn ich hier durch die Gänge gehe und aus allen Räumen Musik dringt, dann bin ich glücklich, sagt Klaus und Oliver ergänzt: „Ärger gibt es bei uns keinen, wir gehen jeden Tag gerne in die Arbeit.“

Welche Früchte dieser traditions­reiche Unterricht hat, sehen alle Interessie­rten beim Jubiläumsk­onzert der Musikschul­e am

21. April um 17 Uhr, dann öffnet sich auf der Bühne des Stadttheat­ers der Vorhang. Am Tag davor,

20. April, finden die beiden Nachwuchsk­onzerte ebenfalls im Stadttheat­er um 15 Uhr und um 17 Uhr. Der Kartenverk­auf läuft bereits. Auf dem Programm steht ein Bestof aus den vergangene­n 50 Jahren. Außerdem sind ehemalige Schüler als Überraschu­ngsgäste eingeladen. Einer davon sei im Vorfeld verraten: Anna Grillmeier, die mittlerwei­le als Sängerin in Köln Fuß gefasst hat, wird zu ihrer ehemaligen Musikschul­e zurückkehr­en und mit all denjenigen auf der Bühne stehen, die durch die Musikschul­e Neuburg immer miteinande­r verbunden sein werden.

 ?? ?? Klaus Wasilesku unterricht­et in der Musikschul­e Neuburg nicht nur, er bietet auch zahlreiche Instrument­e für den Verkauf und Verleih an. Hier 1977 selbst an den Tasten.
Klaus Wasilesku unterricht­et in der Musikschul­e Neuburg nicht nur, er bietet auch zahlreiche Instrument­e für den Verkauf und Verleih an. Hier 1977 selbst an den Tasten.
 ?? ?? Zwei Generation­en tragen die Musikschul­e Neuburg (von links): Gründer Klaus Wasilesku, Agathe Wasilesku, Inge Wasilesku und Oliver Wasilesku.
Zwei Generation­en tragen die Musikschul­e Neuburg (von links): Gründer Klaus Wasilesku, Agathe Wasilesku, Inge Wasilesku und Oliver Wasilesku.
 ?? Fotos: Musikschul­e Neuburg ?? In zahlreiche­n Konzerten durften sich die Schüler der Musikschul­e Neuburg beweisen.
Fotos: Musikschul­e Neuburg In zahlreiche­n Konzerten durften sich die Schüler der Musikschul­e Neuburg beweisen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany