Landwirte und Unternehmer protestieren
Auf einer Strecke von 90 Kilometern machten Landwirte und Mittelständler ihrem Unmut über die Politik Luft. Die Route führte nach Neuburg, Schrobenhausen und durchs Donaumoos.
Landkreis Neuburg-Schrobenhausen Die Proteste der Landwirte, Handwerker, Unternehmer und Bürger gehen weiter. Sie fordern Bürokratieabbau, die Abschaffung der CO2-Steuer sowie Meinungsfreiheit und sie wollen, dass sich Arbeit wieder lohnt.
Viel Zustimmung vom Straßenrand haben die Teilnehmer der 90 Kilometer langen Rundfahrt des Bündnisses Bayerischer Mittelstand am Samstag erhalten. Rund 100 Bulldogs, Lastwagen, Sprinter und Autos sind am frühen Vormittag am Wald bei Manching gestartet, unterwegs ist die Kolonne auf zwei Kilometer Länge und mehr als 200 Fahrzeuge angewachsen. Knapp neun Stunden später endete die Tour „Von Stadt zu Stadt“über Neuburg, Schrobenhausen, das Donaumoos und Ingolstadt unfallfrei wieder in Manching.
Vielstimmiges Hupen begleitete die immer länger werdende Kolonne. Doch es ist kein schrilles, aggressives Protestgehupe, sondern es klingt eher fröhlich, nach
Aufbruch und Zuversicht. Tatsächlich ist die Stimmung gut unter den Teilnehmern, die ihren Unmut mit der Politik der Ampelregierung, mit Bürokratie und Auflagen über Schilder, teilweise sogar mit Aufdrucken an ihren Fahrzeugen, kundtun. Gleichzeitig aber hat sich ein Gemeinschaftsgefühl entwickelt, das ebenso motiviert wie das Klatschen, Winken, Daumen-hoch oder Fahnenschwenken der Menschen in den Ortschaften unterwegs.
„Teilweise sind die Leute sogar gehüpft, haben geklatscht“, erzählt Alexandra Hartmann am Abend, „ich bin ganz überwältigt“. Die Friseurmeisterin aus Karlshuld hat sich der Rundfahrt unter dem Motto „Für unsere Zukunft“angeschlossen, weil sie sich um diese sorgt – wie so viele ihrer Kunden. „Letztens hat sich eine Frau bei mir bedankt, dass sie bei mir über alles reden kann, ohne sofort in eine Ecke gestellt zu werden“, erzählt Hartmann, „eine andere Kundin ist in Tränen ausgebrochen und sagte, sie sei froh, schon so alt zu sein, sodass sie das alles nicht mehr lange erleben müsse.“Viele Menschen hätten Zukunftsangst, auch junge Leute. „Ich will mir keine Sorgen mehr machen, will nicht gezwungen sein, mich politisch zu engagieren“, sagt sie, „denn es ist nicht mein Job, sondern der unserer demokratisch gewählten Staatsoberhäupter.“Die ihrem Job aus ihrer Sicht allerdings ungenügend nachkommen.
Am schlimmsten ist für die Mittelständlerin die überbordende Bürokratie, die selbst Steuerberater an ihre Grenzen bringt und immer mehr ihrer Arbeitszeit beansprucht. „Auf einen Handwerker kommen inzwischen gefühlt fünf Kontrolleure“, meint sie. Am Beispiel des Lieferkettengesetzes fordert sie, Gesetze und Vorschriften müssten „komprimiert und verständlich“sein.
Landwirt Werner Gottschall würde Lieferkettengesetz und die neuen Tierwohlbestimmungen ganz abschaffen, die Agrardieselförderung wie früher lassen und Bürokratie und Auflagen abbauen. Klaus Dähnert fordert, die Herkunft der Lebensmittel müsste deklariert werden. Lebensmittel, die mit Spritzmitteln behandelt wurden, die in Deutschland nicht mehr zugelassen sind, dürften auch nicht eingeführt werden. Darunter falle auch das Getreide aus der Ukraine, dass derzeit den europäischen Markt überschwemme und dazu die heimische Produktion unverkäuflich mache. Das Geld müsse im eigenen Land bleiben, ist anderen ein wichtiges Anliegen. „Wir zahlen ohne Ende an die Ukraine, und unsere Infrastruktur wird zunehmend marode“, klagt
Willibald Felber vom gleichnamigen Baggerbetrieb aus Königsmoos.
„Arbeit muss sich wieder lohnen, und Nichtarbeit darf sich nicht lohnen“, kritisiert Torsten Hartmann die Höhe des Bürgergelds, das die Personalnot im Handwerk und Einzelhandel verstärke, weil es vor allem für Familien höher sei als Arbeitslohn. „Weg mit CO2 und Maut, sonst keiner mehr baut“, postuliert Bauunternehmer Jürgen Nowak, denn beides hätte den Sack Zement um 50 Euro teurer gemacht. „Wer soll das noch bezahlen?“, fragt er.
„Es hat super Spaß gemacht, jeden hat es gefreut, dass wir das gemacht haben“, bilanziert Klaus Dähnert, Mitbegründer des Bündnisses Bayerischer Mittelstand und einer der Organisatoren der laut eigener Aussage „größten Rundfahrt Bayerns“. Es sei optimal gelaufen, findet er. Mitorganisator Sebastian Engel ist von den Reaktionen in Ingolstadt und Schrobenhausen positiv überrascht. „Taxis und Rollerfahrer haben sich bei uns eingereiht, in den Fenstern hingen Transparente ,Hoit ma zam’, und die Leute riefen uns aus ihren Gärten zu ‚Macht weiter so‘“, berichtet er, „wir haben unser Ziel erreicht.“
Nach Auskunft der Polizei Neuburg ist die Veranstaltung störungsfrei verlaufen. Allerdings haben sich einige Verkehrsteilnehmer bei der Polizei über die Behinderungen auf den Straßen beschwert.
Klaus Dähnert zieht eine positive Bilanz des Protestzugs.