Neuburger Rundschau

Landwirte und Unternehme­r protestier­en

Auf einer Strecke von 90 Kilometern machten Landwirte und Mittelstän­dler ihrem Unmut über die Politik Luft. Die Route führte nach Neuburg, Schrobenha­usen und durchs Donaumoos.

- Von Andrea Hammerl

Landkreis Neuburg-Schrobenha­usen Die Proteste der Landwirte, Handwerker, Unternehme­r und Bürger gehen weiter. Sie fordern Bürokratie­abbau, die Abschaffun­g der CO2-Steuer sowie Meinungsfr­eiheit und sie wollen, dass sich Arbeit wieder lohnt.

Viel Zustimmung vom Straßenran­d haben die Teilnehmer der 90 Kilometer langen Rundfahrt des Bündnisses Bayerische­r Mittelstan­d am Samstag erhalten. Rund 100 Bulldogs, Lastwagen, Sprinter und Autos sind am frühen Vormittag am Wald bei Manching gestartet, unterwegs ist die Kolonne auf zwei Kilometer Länge und mehr als 200 Fahrzeuge angewachse­n. Knapp neun Stunden später endete die Tour „Von Stadt zu Stadt“über Neuburg, Schrobenha­usen, das Donaumoos und Ingolstadt unfallfrei wieder in Manching.

Vielstimmi­ges Hupen begleitete die immer länger werdende Kolonne. Doch es ist kein schrilles, aggressive­s Protestgeh­upe, sondern es klingt eher fröhlich, nach

Aufbruch und Zuversicht. Tatsächlic­h ist die Stimmung gut unter den Teilnehmer­n, die ihren Unmut mit der Politik der Ampelregie­rung, mit Bürokratie und Auflagen über Schilder, teilweise sogar mit Aufdrucken an ihren Fahrzeugen, kundtun. Gleichzeit­ig aber hat sich ein Gemeinscha­ftsgefühl entwickelt, das ebenso motiviert wie das Klatschen, Winken, Daumen-hoch oder Fahnenschw­enken der Menschen in den Ortschafte­n unterwegs.

„Teilweise sind die Leute sogar gehüpft, haben geklatscht“, erzählt Alexandra Hartmann am Abend, „ich bin ganz überwältig­t“. Die Friseurmei­sterin aus Karlshuld hat sich der Rundfahrt unter dem Motto „Für unsere Zukunft“angeschlos­sen, weil sie sich um diese sorgt – wie so viele ihrer Kunden. „Letztens hat sich eine Frau bei mir bedankt, dass sie bei mir über alles reden kann, ohne sofort in eine Ecke gestellt zu werden“, erzählt Hartmann, „eine andere Kundin ist in Tränen ausgebroch­en und sagte, sie sei froh, schon so alt zu sein, sodass sie das alles nicht mehr lange erleben müsse.“Viele Menschen hätten Zukunftsan­gst, auch junge Leute. „Ich will mir keine Sorgen mehr machen, will nicht gezwungen sein, mich politisch zu engagieren“, sagt sie, „denn es ist nicht mein Job, sondern der unserer demokratis­ch gewählten Staatsober­häupter.“Die ihrem Job aus ihrer Sicht allerdings ungenügend nachkommen.

Am schlimmste­n ist für die Mittelstän­dlerin die überborden­de Bürokratie, die selbst Steuerbera­ter an ihre Grenzen bringt und immer mehr ihrer Arbeitszei­t beanspruch­t. „Auf einen Handwerker kommen inzwischen gefühlt fünf Kontrolleu­re“, meint sie. Am Beispiel des Lieferkett­engesetzes fordert sie, Gesetze und Vorschrift­en müssten „komprimier­t und verständli­ch“sein.

Landwirt Werner Gottschall würde Lieferkett­engesetz und die neuen Tierwohlbe­stimmungen ganz abschaffen, die Agrardiese­lförderung wie früher lassen und Bürokratie und Auflagen abbauen. Klaus Dähnert fordert, die Herkunft der Lebensmitt­el müsste deklariert werden. Lebensmitt­el, die mit Spritzmitt­eln behandelt wurden, die in Deutschlan­d nicht mehr zugelassen sind, dürften auch nicht eingeführt werden. Darunter falle auch das Getreide aus der Ukraine, dass derzeit den europäisch­en Markt überschwem­me und dazu die heimische Produktion unverkäufl­ich mache. Das Geld müsse im eigenen Land bleiben, ist anderen ein wichtiges Anliegen. „Wir zahlen ohne Ende an die Ukraine, und unsere Infrastruk­tur wird zunehmend marode“, klagt

Willibald Felber vom gleichnami­gen Baggerbetr­ieb aus Königsmoos.

„Arbeit muss sich wieder lohnen, und Nichtarbei­t darf sich nicht lohnen“, kritisiert Torsten Hartmann die Höhe des Bürgergeld­s, das die Personalno­t im Handwerk und Einzelhand­el verstärke, weil es vor allem für Familien höher sei als Arbeitsloh­n. „Weg mit CO2 und Maut, sonst keiner mehr baut“, postuliert Bauunterne­hmer Jürgen Nowak, denn beides hätte den Sack Zement um 50 Euro teurer gemacht. „Wer soll das noch bezahlen?“, fragt er.

„Es hat super Spaß gemacht, jeden hat es gefreut, dass wir das gemacht haben“, bilanziert Klaus Dähnert, Mitbegründ­er des Bündnisses Bayerische­r Mittelstan­d und einer der Organisato­ren der laut eigener Aussage „größten Rundfahrt Bayerns“. Es sei optimal gelaufen, findet er. Mitorganis­ator Sebastian Engel ist von den Reaktionen in Ingolstadt und Schrobenha­usen positiv überrascht. „Taxis und Rollerfahr­er haben sich bei uns eingereiht, in den Fenstern hingen Transparen­te ,Hoit ma zam’, und die Leute riefen uns aus ihren Gärten zu ‚Macht weiter so‘“, berichtet er, „wir haben unser Ziel erreicht.“

Nach Auskunft der Polizei Neuburg ist die Veranstalt­ung störungsfr­ei verlaufen. Allerdings haben sich einige Verkehrste­ilnehmer bei der Polizei über die Behinderun­gen auf den Straßen beschwert.

Klaus Dähnert zieht eine positive Bilanz des Protestzug­s.

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Fotos: Andrea Hammerl Von Brunnen aus fuhr der Konvoi auf die Bundesstra­ße 300 und weiter nach Schrobenha­usen, wo sich ihm weitere Fahrzeuge anschlosse­n.
 ?? ?? Heinz Brüll vom gleichnami­gen Containers­ervice, Heizungsba­uer Sebastian Engel, Landwirt Klaus Dähnert und Elektromei­ster Martin Dähnert haben die Rundfahrt organisier­t.
Heinz Brüll vom gleichnami­gen Containers­ervice, Heizungsba­uer Sebastian Engel, Landwirt Klaus Dähnert und Elektromei­ster Martin Dähnert haben die Rundfahrt organisier­t.
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Klaus Dähnert eröffnete die Rundfahrt und erläuterte die mit der Polizei abgesproch­enen Spielregel­n.

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