Neuburger Rundschau

Alkoholkra­nk und obdachlos

Seit er 13 Jahre alt war, trank ein Ingolstädt­er. Nach einem Leben voller Schicksals­schläge hat er in den Caritas-Wohnheimen und Werkstätte­n eine neue Aufgabe gefunden.

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Ingolstadt Richard Leicht (52) hat viele und schwere Schicksals­schläge in seinem Leben gehabt: Eine Schwester starb nach einer schweren Drogensuch­t und seine frühere Freundin beging Suizid. Zwei Ehen wurden geschieden. Zweimal musste er ins Gefängnis wegen Schlägerei­en – weshalb er auch nicht zur Beerdigung seiner Freundin gehen konnte, was ihn heute noch schmerzt. Sein Hauptprobl­em war bis vor Kurzem der Alkohol, dem er bereits als 13-Jähriger verfallen war. Da trank er bereits Bier und Wein. Später waren es sechs Liter Wein am Tag, erzählt er. Teilweise lebte Leicht auf der Straße.

Nun, so scheint es, hat sein Leben eine Wende zum Besseren genommen. Bis vor zwei Monaten führte er nach einem Krankenhau­saufenthal­t mit einer Lungenentz­ündung eine vierwöchig­e Entgiftung in einer Klinik durch. Die überwies ihn auf eigenen Wunsch im November vergangene­n Jahres in die Caritas-Wohnheime und Werkstätte­n Ingolstadt. „Mein früherer Schwiegerv­ater war auch schon einmal hier. Und der hat mir die Einrichtun­g empfohlen“, erklärt Richard Leicht. Hier lebt er im Wohnheim St. Alfons in der Telemannst­raße. Tagsüber ist er teilweise im Caritas-Markt in Gaimershei­m im Elektrober­eich beschäftig­t: „Ich kontrollie­re, ob eingehende Elektrotei­le noch funktionie­ren und gebraucht werden können und entsorge sie ansonsten“, beschreibt er seine Tätigkeit.

Seine Aufnahme und sein Start in den Caritas-Wohnheimen und Werkstätte­n gestaltete sich nicht leicht, „denn es besteht ein komplexer Hilfebedar­f“, erklärt sein Betreuer Stefan Carl, der Sozialpäda­goge im Sozialdien­st der Einrichtun­g ist. „Er kam hier ohne sämtliche Unterlagen an, weil er zuvor auf der Straße überfallen und bestohlen worden war. Daher hatte er keinen Ausweis, keine Krankenver­sichertenk­arte und kein Handy – und gerade einmal für einen Tag seine Medikament­e“, so Carl. Hinzu kam, dass er derzeit bei der Krankenver­sicherung nur eine Notfallver­sorgung hat, weil er in seiner Zeit auf der Straße keine Krankenver­sicherungs­beiträge gezahlt hatte.

Carl wurde umgehend aktiv, als er die Not sah, setzte sich mit Ärzten und einer Apotheke in Verbindung, die für Leicht – der auch Diabetes hat – nun die Medikament­e geblistert in die Einrichtun­g liefert. Inzwischen ist der Bewohner auch bei einem Orthopäden in

Behandlung, der sich um seine Kniescheib­e kümmert, die vor Kurzem bei einem Treppenstu­rz zerschmett­ert wurde. Seitdem geht Leicht an einer Krücke. Um wieder einen Personalau­sweis zu bekommen, hat sein Betreuer ihm geholfen, zunächst eine Geburtsurk­unde zu beantragen.

Der 52-Jährige ist froh, dass er in den Caritas-Wohnheimen und Werkstätte­n gelandet ist. „Die Therapeute­n hier sind super und auch alle anderen Beschäftig­ten helfen mir, wenn ich Hilfe brauche. Es ist einfach gut hier.“Es hätte ihm nicht gefallen, in eine einfache Obdachlose­neinrichtu­ng vermittelt

zu werden. Sowohl die Betreuung als auch die arbeitsthe­rapeutisch­e Maßnahme im Caritas-Markt sind für Richard Leicht sehr wichtig. Und er hat das Gefühl, dass er in der Einrichtun­g wertgeschä­tzt und so angenommen wird, wie er ist. Er dürfte sogar in der Einrichtun­g bleiben, falls er wieder mit dem Trinken beginnt, denn in den Caritas-Wohnheimen gibt es sowohl einen „nassen Bereich“als auch einen „trockenen Bereich“, heißt es in einer Mitteilung der Caritas. Leicht ist freilich fest entschloss­en, „trocken“zu bleiben. Lediglich sein Laster „Rauchen“will er in Maßen beibehalte­n.

Die Beschäftig­ten in den Caritas-Wohnheimen und Werkstätte­n erleben den Bewohner als freundlich, als engagiert in der Arbeitsthe­rapie und als einen, der sich an Abmachunge­n hält. „Das war nicht immer so“, gibt der 52-Jährige zu. „Nach meinem ersten Aufenthalt in der Justizvoll­zugsanstal­t hätte ich mich regelmäßig bei der Bewährungs­helferin melden sollen, was ich aber nicht tat.“Sein Betreuer Stefan Carl kann sich vorstellen, dass die Arbeitsthe­rapie von Richard Leicht im CaritasMar­kt demnächst auch auf den Nachmittag ausgedehnt wird, wenn er sich weiter positiv entwickelt. Bisher arbeitet er nur vormittags.

Richard Leicht schöpft wieder neuen Lebensmut. Inzwischen hat er auch wieder Kontakt zu mehreren Familienmi­tgliedern, der zuvor abgebroche­n war – so zu zwei seiner fünf Kinder, seiner Schwester, einem Neffen und einer Nichte. Der gelernte Metzger sieht es als realistisc­h, eine Erwerbsunf­ähigkeitsr­ente zu beantragen, hat aber als Ziel, sich dann etwas hinzuverdi­enen zu können. Und er wünscht sich, sobald er sich weiter stabilisie­rt hat, dass er dann in eine eigene kleine Wohnung ziehen kann. (AZ)

 ?? Foto: Caritas/Esser ?? Richard Leicht (links) hatte in seinem Leben viele Schicksals­schläge zu verkraften. Inzwischen lebt er in einem Wohnheim der Caritas in Ingolstadt und tauscht sich häufig mit seinem Betreuer Stefan Carl aus.
Foto: Caritas/Esser Richard Leicht (links) hatte in seinem Leben viele Schicksals­schläge zu verkraften. Inzwischen lebt er in einem Wohnheim der Caritas in Ingolstadt und tauscht sich häufig mit seinem Betreuer Stefan Carl aus.

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