Neuburger Rundschau

Grüezi: Spatenstic­h für das Holztheate­r!

Ingolstadt hat ein Theater aus der Schweiz geschenkt bekommen. Jetzt war Spatenstic­h. Und man war sich einig: Die Sache ist ganz schön verrückt.

- Von Luzia Grasser

Oberbürger­meister Christian Scharpf lag gerade am Strand in Kroatien, es waren Sommerferi­en. Da bekam er einen Anruf aus dem Rathaus. Was seine Mitarbeite­r aus dem fernen Ingolstadt ihm dann sagten, hörte sich ziemlich verrückt an. In St. Gallen würden sie ein Holztheate­r verschenke­n. Wenn die Stadt Ingolstadt es wolle – kein Problem. Sie müssten es nur abholen. Ansonsten würden die Bretter und Balken vermutlich verheizt werden.

Doch so weit kam es nicht, stattdesse­n ging alles ganz schnell. Bereits Ende September fuhr Scharpf mit Experten in die Schweiz, schaute sich das Gebäude vor Ort an und fand: „Das Angebot ist bestechend.“Das Theater kostete nichts, es war in einem Topzustand und hatte genau die Größe, die sich die Ingolstädt­er für eine Ersatzspie­lstätte für das Stadttheat­er vorgestell­t hatten. Und nicht zuletzt erwiesen sich die Ansprechpa­rtner als absolut verlässlic­h. In den vergangene­n Monaten war das Gebäude noch an die deutschen Normen angepasst worden, es ging um die Statik und den Brandschut­z. Dann, ein halbes Jahr nach dem ersten Kontakt mit den Verantwort­lichen aus St. Gallen, war am Dienstag Spatenstic­h in Ingolstadt.

Dort, wo einst das alte Hallenbad stand, ist jetzt eine große Baugrube, in der die Technik untergebra­cht werden wird. Darüber soll schon bald das Theater wieder aufgebaut werden, 50 Meter lang, 26 Meter breit. Die ersten Balken sind im Februar angeliefer­t worden. Mit 50 Tiefladern wird das Holz aus dem 300 Kilometer entfernten St. Gallen herangesch­afft. Alles in allem seien 350 Kubikmeter Holz verbaut worden, rechnete InkoBau-Chef Nicolai Fall vor. Das entspricht mehr als 100 mächtigen Tannen und Fichten.

Der weitere Zeitplan für das Holztheate­r ist ebenso ambitionie­rt, wie es die vergangene­n sechs Monate waren. Bis Ende August solle die äußere Hülle stehen, hofft Christian Scharpf. Und vielleicht noch in diesem Jahr könnte es dann zum ersten Mal „Vorhang auf!“heißen.

Es wäre das überrasche­nd schnelle Ende einer langen Odyssee auf der Suche nach einer Interimssp­ielspielst­ätte. Bekanntlic­h muss das Stadttheat­er saniert werden, mit der Folge, dass für viele Jahre lang andernorts Theater gespielt werden muss. Nur wo? Mit dieser Frage beschäftig­ten sich die Stadträte viele Jahre, und die Suche gipfelte schließlic­h in einem Ratsbegehr­en im Juli 2022. Es endete mit einer Klatsche für die Stadtspitz­e.

Denn die hatte sich – wie eine Mehrheit des Stadtrats – für den Bau der Kammerspie­le direkt neben dem Stadttheat­er ausgesproc­hen. Der 50-Millionen-Bau sollte nicht nur eine Ausweichsp­ielstätte sein, sondern dauerhaft als neues „Kleines Haus“erhalten bleiben.

Doch die Wähler sagten „Nein“zu den Plänen. Die Suche ging weiter: Kaufhof-Gebäude, Turm Baur – all diese Alternativ­en waren im Gespräch. Bis wie aus dem Nichts das „Geschenk des Himmels“(OB Christian Scharpf) kam.

Ganz umsonst ist dieses Geschenk jedoch nicht. Denn für den Transport, den Aufbau und alles, was drumherum anfällt, muss die Stadt Ingolstadt aufkommen. Die Kosten summieren sich auf rund sechs Millionen Euro. Hinzu kommt der Bau von Werkstätte­n und Probebühne­n. Hier tut sich nun auch eine Lösung auf dem Bauhofgelä­nde an der Hindemiths­traße auf.

Auf dem Hallenbadg­elände soll das Theater so lange stehen bleiben, bis die Sanierung des Stadttheat­ers abgeschlos­sen ist. Und das wird noch einige Jahre dauern. Wenn alles gut läuft, sagt Fall, könnte mit den Arbeiten am denkmalges­chützten Hämer-Bau aus den 1960er-Jahren im Jahr 2027 begonnen werden.

 ?? Foto: Luzia Grasser ?? Spatenstic­h für das Holztheate­r aus St. Gallen: (von links) Marc Grandmonta­gne (neuer Kulturrefe­rent), Kulturrefe­rent Gabriel Engert, Oberbürger­meister Christian Scharpf, Bürgermeis­terin Dorothea Deneke-Stoll, Inko-Bau-Chef Nicolai Fall und Theaterint­endant Knut Weber.
Foto: Luzia Grasser Spatenstic­h für das Holztheate­r aus St. Gallen: (von links) Marc Grandmonta­gne (neuer Kulturrefe­rent), Kulturrefe­rent Gabriel Engert, Oberbürger­meister Christian Scharpf, Bürgermeis­terin Dorothea Deneke-Stoll, Inko-Bau-Chef Nicolai Fall und Theaterint­endant Knut Weber.

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